Die Gewürzhändlerin
macht. Und eine gute Hausherrin kümmert sich, wie du weißt, gerne selbst um alles.» Sie gab Johann noch einen schnellen Kuss und verließ dann rasch die kleine Schreibstube, bevor sie es sich noch einmal anders überlegen konnte. Sie stieg die Stufen ins Erdgeschoss hinab und hörte die erregten Stimmen bereits, noch bevor sie die Küche betrat.
«So geht das nicht, Hilla. Du kannst nicht einfach die toten Hühner hier mitten auf dem Tisch ablegen. Und was ist mit dem Sack Hirse? Soll ein jeder, der in die Küche kommt, gleich darüberfallen? Bring ihn in die Speisekammer und dann nimm die Hühner wieder mit hinaus. Ich will sie erst wieder hier drinnen sehen, wenn sie ordentlich gerupft sind.»
«Was bildest du dir eigentlich ein, du hochmütige Schnepfe? Glaubst du, ich hätte meine Zeit gestohlen? Ich habe auch noch etwas anderes zu tun. Rupf dir doch deine Hühner selbst. Ich kann nicht … Oh, Herrin!» Hilla verstummte erschrocken, als Elisabeth mit strenger, fragender Miene in die Küche trat.
«Was geht hier vor?», wollte sie wissen. Sie wandte sich an die neue Köchin, eine kleine, rundliche Frau, deren weizenblondes Haar unter einem adretten Kopftuch steckte und deren Wangen vor Empörung leicht gerötet waren. «Nun, Josefa? Kannst du mir sagen, weshalb es an deinem ersten Arbeitstag in meinem Haus bereits solch heftigen Streit gibt?»
«Verzeiht, Herrin, wir wollten Euch nicht stören.» Josefas entschlossene Miene strafte ihre Worte Lügen. Es sah nicht so aus, als bedauere sie den Zusammenstoß mit Hilla. «Es ist nur so, dass ich meine Arbeit hier nicht ordentlich verrichten kann, wenn ein Trampel wie die da …», sie wies mit dem Kinn auf Hilla, «… nicht einsieht, dass in einer Küche Ordnung zu herrschen hat.»
«Trampel? Also das ist ja wohl …» Hilla schnappte empört nach Luft. «Muss ich mir das bieten lassen?»
«Schweig, Hilla!» Elisabeth warf ihr einen kurzen Blick zu. «Und du, Josefa, nimm bitte zur Kenntnis, dass ich solche Zankereien nicht dulde.» Prüfend blickte Elisabeth sich in der geräumigen Küche um. Über der großen Feuerstelle brodelte bereits etwas, das wie Eintopf roch. Die Regale waren aufgeräumt und ihr Inhalt offenbar neu angeordnet worden. Mitten auf dem großen Arbeitstisch lagen zwischen mehreren großen Tonkrügen vier frischgeschlachtete Hühner. Das Blut, das aus ihren Hälsen sickerte, hatte auf der polierten Tischplatte eine hässliche Pfütze gebildet. Mit der Fußspitze berührte Elisabeth den kleinen Sack Hirse, der mitten im Weg lag. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. «Dies ist von nun an dein Reich, Josefa. Ich gebe dir recht, dass die Unordnung hier beseitigt werden muss.» Sie wandte sich wieder Hilla zu. «Trag die Hühner hinaus und rupfe sie ordentlich, dann wird Josefa sicherlich bereit sein, die Hirse in die Speisekammer zu tragen.»
Hilla zog den Kopf ein und griff nach den toten Vögeln. «Ja, Herrin, ich geh schon. Aber ich schaff die ganze Arbeit nicht allein. Das bisschen, was die Luzia macht, ist doch nicht der Rede wert. Eine zweite Magd muss her, Herrin.»
Elisabeth neigte den Kopf ein wenig. «Luzia hat andere Aufgaben in diesem Haushalt, Hilla. Das weißt du. Aber wenn es dich beruhigt, werde ich mit Herrn Johann darüber sprechen, wie wir dir am besten eine Hilfe zur Seite stellen können.»
Elisabeth wartete, bis Hilla die Küche verlassen hatte, dann besprach sie mit Josefa noch einmal die Speisenfolge für das geplante Abendessen, zu dem nicht nur der Ratsherr Hole geladen war, sondern auch dessen betagter Vater, Hermann Hole von Weis, der das Amt des Koblenzer Schultheißen bekleidete.
* * *
Luzia schloss die Tür ihrer Kammer und lehnte sich aufatmend dagegen. Das gemeinsame Abendessen mit den anderen Knechten und Mägden war laut und anstrengend gewesen. Während Wilbert und Godewin einander schlüpfrige Witze erzählt hatten, waren Hilla und die neue Köchin in einen Streit geraten, der offenbar schon am Nachmittag wegen nicht gerupfter Hühner und eines Hirsesacks seinen Anfang genommen hatte. Luzia hatte zu schlichten versucht, doch den beiden Frauen schien dies nur ein Grund zu sein, ihren Ärger gegen sie zu richten, deshalb hatte sie sich schließlich herausgehalten. Anton war wie so oft eher schweigsam gewesen und hatte vor sich hin geträumt.
Seufzend ließ sich Luzia auf die Kante ihres Bettes sinken und begann, die Verschnürung ihrer Schuhe zu lösen. Sie würde heute früh zu Bett gehen.
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