Die Gewürzhändlerin
Kopf zur Seite. «Stimmt etwas nicht? Du wirkst mit einem Mal betrübt.»
«Nein, Frau Elisabeth, es ist nichts. Oder doch, vielleicht. Ich bedauere es ein wenig, dass ich Euch bei Enneleyn nicht zur Hand gehen kann. Dabei wäre es doch eigentlich meine Aufgabe.»
«Deine Aufgabe ist es derzeit, Martin zur Hand zu gehen. Er benötigt deine Hilfe weit mehr als ich, Luzia. Wer weiß, wie lange es noch dauern wird, bis Konrad wieder im Kontor arbeiten kann. Wie man hört, erledigst du deine Arbeit ganz hervorragend. Neulich war Carissima hier und erzählte mir, dass du sogar mit dieser Klarissa aus dem Hurenhaus Geschäfte machst. Ich habe mich noch immer nicht entschieden, ob ich dich bewundern oder schelten soll.»
Luzia errötete. «Sie stand plötzlich vor mir und wollte Wein und Gewürze bestellen. Was hätte ich tun sollen? Aber inzwischen hat Martin sich ihrer wieder angenommen.»
«Das kann ich mir vorstellen.» Elisabeth verdrehte die Augen, denn nur zu gut erinnerte sie sich an jenen Tag, da sie den Kaufmann zum ersten Male gesehen hatte – als er gerade sturzbetrunken Klarissas Haus verlassen hatte. «Ist er wieder aus Lahnstein zurück?»
«Noch nicht, aber vermutlich hat er seine Reise mit Besuchen bei einigen Kunden verbunden – zumindest sprach er davon, dass er dies vorhabe.»
«Und du hältst weiterhin die Stellung. Das ist beeindruckend.»
Skeptisch schüttelte Luzia den Kopf. «Allmählich beginne ich mich unwohl zu fühlen. Ich habe schon mehrere Anfragen zu Wein entgegengenommen, was ich eigentlich gar nicht dürfte. Die Zunft verbietet es einer Frau, mit Wein zu handeln, es sei denn, sie ist die Gemahlin eines Weinhändlers.»
«Was du nicht bist.» Elisabeth nickte verständnisvoll. «Zumindest bisher nicht.»
Luzias Augen verengten sich. «Das werde ich auch niemals sein.»
«Man sollte im Leben niemals nie sagen», mahnte Elisabeth. «Du kannst doch gar nicht wissen, was der Allmächtige noch alles mit dir vorhat.» Da sie Luzias wachsenden Unmut spürte, fuhr sie rasch fort: «Carissima erzählte mir übrigens auch, dass sie vorgestern Siegfried Thal begegnet sei, der sich voll des Lobes und der Bewunderung über dich geäußert habe. Irmhild hatte wirklich Glück, dass du ihr geholfen hast. Das arme Mädchen. Aber es scheint, als sei alles gutgegangen. Der alte Thal hat sie jedenfalls nicht gescholten, sagt Carissima. Nun müssen wir aber achtgeben, Luzia, denn ich fürchte, Carissima hat einen Verdacht geschöpft, was Irmhild angeht. Sie tat zwar so, als glaube sie der Geschichte, dass Irmhild zu dir wollte und möglicherweise hoffte, dabei Martin zu begegnen, aber sie ist nicht dumm. Und sie schwatzt gerne. Sollte sie das Gerücht herumtratschen, dass Irmhild an Konrad Gefallen gefunden hat, wird es dem Mädchen schlecht ergehen.»
Luzia nickte. «Ich wünschte, ich könnte den beiden helfen.»
«Martin will sie nicht heiraten, sagtest du?»
«Um seines Bruders willen, ja.»
Nachdenklich ließ Elisabeth ihre Finger über die Wasseroberfläche gleiten. «Bedrängt Willem Leyen ihn noch immer wegen seiner Tochter Therese?»
«Ich glaube, ja.» Luzia griff nach einem der kleinen Leinentücher, die auf dem Rand des Zubers lagen, tauchte es ins Wasser und rieb dann damit über ihre Schultern und die Arme.
«Alleiniger Eigentümer dieses Handelsschiffes zu werden scheint ihm sehr wichtig zu sein, nicht wahr?», fragte Elisabeth. «Und Therese zu heiraten wäre der einfachste Weg, dieses Ziel zu erreichen. Ich frage mich, warum er es nicht tut. Therese ist recht ansehnlich, tüchtig, erhält eine schöne Mitgift …»
Luzia zuckte mit den Schultern. «Er hat nie gesagt, dass er Therese nicht heiraten will.»
«Und doch zögert er.»
«Er hat vor Jahren schon einmal abgelehnt, weil Therese sich damals gesträubt hat. Vielleicht will er sich ihr auch jetzt nicht aufdrängen.»
«Das ist natürlich möglich», gab Elisabeth zu. «Aber andererseits hat Carissima mir erzählt, dass Therese mittlerweile gar nicht mehr so abgeneigt wäre. Sie ist älter und reifer geworden; vermutlich hat sie eingesehen, dass ihre kindliche Angst vor Martins Narben dumm war.»
Luzia nickte zwar schweigend, blickte Elisabeth jedoch nicht in die Augen.
Elisabeth lächelte. «Ich weiß, was du denkst, aber auch, dass du weißt, dass ich recht habe.» Rasch wechselte sie das Thema. «Du wirst übrigens nicht glauben, was Johann auf der Mantenburg erfahren hat.»
Neugierig hob Luzia den Kopf, denn
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