Die Gewürzhändlerin
nickte, und er fuhr fort: «Die Waren, die darauf transportiert werden, besitzen nicht selten einen ebenso großen oder gar noch größeren Wert. Um im Falle eines Schadens oder – wie jetzt – eines Überfalls den Verlust möglichst niedrig zu halten und einzugrenzen, hat Martin Wied bei mir die Sicherheit für das Schiff und die Ladung erkauft.»
«Wie das?» Ratlos folgte Luzia seinen Ausführungen.
De Beerte lächelte. «Seht Ihr, er zahlt mir pro Jahr eine gewisse Summe, die ich zum Teil hinterlege, mit der ich zum Teil aber auch meinen Geldwechsel betreibe. Kommt es zu einem größeren Schaden oder einem Verlust der Waren auf dem Schiff durch Raub oder andere Unwägbarkeiten, erhält er von mir eine Geldsumme, die den Verlust abdeckt. Dies nennt man eine Sicherheit, Jungfer Luzia.»
«Sicherheit.» Luzia runzelte die Stirn. «Die
Ludwina
hatte eine sehr wertvolle Fracht geladen. Ihr behauptet also, Ihr könnt deren Gegenwert ersetzen?»
«Ich muss es, andernfalls würde ich unseren Vertrag brechen», bestätigte er.
«Und Martin hat Euch im Voraus dafür bezahlt?»
«Er kam kurz vor Weihnachten zu mir, nachdem ich ihm diesen Vorschlag unterbreitet hatte. Bisher hatte er, soweit ich weiß, seine Sicherheiten anderweitig hinterlegt. In Koblenz gibt es nicht viele Männer, die meinem Gewerbe nachgehen und gleichzeitig Sicherheiten anbieten. Die Juden tun es zuweilen, doch soweit ich weiß, nicht hier in der Stadt.» Er zögerte. «Jedenfalls nicht nach der blutigen Verfolgung vor drei Jahren. Nur wenige Juden sind damals hiergeblieben.»
Luzia nickte langsam. Sie hatte verstanden, was der Kauwerziner ihr zu verdeutlichen versuchte, und konnte sich nun auch noch besser erklären, dass dieser ein Interesse hatte, Martins Schwester zu heiraten. Bei den Summen, um die es hier offensichtlich ging, war eine verwandtschaftliche Verbindung gewiss von Vorteil – für beide Seiten.
«Was wollt Ihr jetzt aber von mir?», verlangte sie zu wissen. «Ich habe schließlich keine Sicherheiten bei Euch hinterlegt.»
«Das nicht, aber Herr Wied veranlasste mich, auch diejenigen Waren in unseren Vertrag mit einzubeziehen, die für Euch auf der Frachtliste stehen.»
«Oh.» Luzia spürte, wie eine unnatürliche Hitze in ihr Gesicht stieg. «Das tat er also.»
«Ich werde natürlich auch noch Willem Leyen verständigen», fuhr de Beerte fort, «denn als einziger weiterer Eigner hat er ebenfalls ein Anrecht auf Erstattung seines Verlustes.»
«Er hat ebenfalls Sicherheiten bei Euch gekauft?»
«So ist es.»
Luzia knabberte an ihrer Unterlippe. Sie hatte nicht gewusst, dass Martin in dieser Weise Vorkehrungen für sie getroffen hatte. Warum hatte er es ihr nicht gesagt?
«Herr Wied hat mir, wie bereits erwähnt, eine Liste der bestellten Fracht zukommen lassen, nachdem die
Ludwina
vor einigen Wochen den Koblenzer Hafen verlassen hatte. Ich möchte Euch nun bitten, diese noch einmal zu überprüfen. Zwar gehe ich davon aus, dass die Angaben, die er mir gegeben hat, korrekt sind, aber dennoch solltet Ihr sie Euch ansehen. Sobald dies getan ist, werde ich eine Auszahlung in Wechseln veranlassen.»
«Also gut.» Luzia erhob sich. «Ihr habt diese Liste bei Euch?»
«Das habe ich.»
«Dann folgt mir ins Kontor.»
* * *
«Sobald wir zu Hause sind, bringst du die Listen mit den Bestellungen ins Kontor, damit Luzia sie morgen ins Reine schreiben kann. Morgen früh gehst du als Erstes ins Lager und bereitest dort den Platz für die neuen Waren vor. Es wird nicht mehr lange dauern, bis Krutscherer mit seinen Männern in Koblenz eintrifft.» Während Martin die Aufgaben aufzählte, die Anton zu verrichten hatte, kramte er in seiner Börse nach ein paar Münzen. Es war bereits nach Torschluss, deshalb würde er den Wächtern an der Weißerpforte wieder einmal einen kleinen Obolus zahlen müssen, damit sie ihn und seinen Lehrjungen einließen.
Anton nickte zu allem, was Martin ihm auftrug, und unterdrückte dabei ein Gähnen. Martin sah es und lächelte. Der Junge war ihm eine große Hilfe, doch der lange Ritt am heutigen Tag hatte ihm viel abverlangt. Martin hatte nur wenige Pausen eingelegt, denn er wollte so rasch wie möglich die Bestellungen seiner Kunden nach Koblenz bringen. Das Blatt schien sich für ihn und sein Geschäft allmählich wieder zum Guten zu wenden. Die Verbindlichkeiten, die sich durch Konrads Fehlwirtschaft angehäuft hatten, waren mittlerweile abgetragen, nicht zuletzt durch den Vorteil, den ihm Luzias
Weitere Kostenlose Bücher