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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Verkaufstalent eingebracht hatte.
    Sein Lächeln vertiefte sich, als er an seine hübsche und gleichermaßen störrische Gehilfin dachte. Er hatte sie vermisst und freute sich bereits auf den ersten Schlagabtausch, den sie einander gewiss bald liefern würden. Bisher hatte er noch nie etwas Ähnliches für eine Frau empfunden – sie schmerzlich begehrt und gleichzeitig das Bedürfnis verspürt, sie zu behüten und alles für sie zu tun. Doch auch wenn diese Gefühle neu für ihn waren, wusste er gleichwohl, was sie zu bedeuten hatten. Ein wenig erschreckten sie ihn, aber da sie sich nun einmal nicht vertreiben ließen, würde er wohl oder übel alles daransetzen müssen, die Frau, die er liebte, für sich zu gewinnen.
    Als er und Anton die Weißerpforte erreichten, zügelte er sein Pferd und stieg ab. Mit der Faust pochte er dreimal fest gegen das dicke Eichenholz der kleinen Mannpforte und wartete. Es dauerte nicht lange, bis sich die Sichtluke öffnete. In der hereinbrechenden Dunkelheit erkannte er nur undeutlich das Augenpaar, das ihm entgegenblickte.
    «Wer da?»
    «Martin Wied, Kaufmann zu Koblenz, und mein Lehrling Anton Bongert», antwortete er. «Ich bitte um Einlass.»
    «Wied?» Die Stimme des Wächters klang merkwürdig alarmiert. «Augenblick.» Die Sichtluke schloss sich geräuschvoll, und Martin vermeinte hinter dem Tor erregte Stimmen zu vernehmen. Einen Moment später öffnete sich die kleine Pforte wieder.
    Martin winkte Anton, ihm zu folgen, nahm sein Reittier beim Zügel und betrat die Stadt. Kaum hatte er die Pforte durchquert, tauchten zwei Männer links und rechts neben ihm auf und packten ihn an den Armen.
    «He, he, was soll das denn?» Mehr verblüfft als verärgert setzte er sich zur Wehr, doch die beiden Wächter hielten ihn eisern fest.
    Ein dritter Wachmann – wohl der, mit dem er eben gesprochen hatte – trat auf ihn zu. «Martin Wied, Ihr seid festgenommen und werdet umgehend zu Turme gebracht.»
    «Zu Turme?» Verständnislos starrte Martin den Wächter an. «Weshalb in aller Welt?»
    Der Mann antwortete ihm nicht, sondern gab den beiden anderen mit einem Handzeichen einen Wink, woraufhin sie Martin grob mit sich fortzerrten.
    Mit Entsetzen verfolgte Anton das Geschehen, das sich vor seinen Augen abspielte. «Was tut Ihr denn da?», rief er empört. «Das geht doch nicht. Herr Wied ist ein angesehener Kaufmann. Warum wollt Ihr ihn einsperren?»
    «Halt dich da raus, Junge», knurrte der Wächter nicht allzu unfreundlich. «Wir haben die Anordnung erhalten, Wied in den Ochsenturm zu sperren, sobald er die Stadt zu betreten versucht. Hier.» Er drückte Anton die Zügel von Martins Pferd in die Hand. «Geh nach Hause.»
    «Aber …» Anton starrte dem Wächter sprachlos hinterher, als dieser ohne ein weiteres Wort im Inneren des Torturms verschwand. Unschlüssig blickte er auf die Zügel. Weshalb hatte man seinen Lehrherrn festgenommen? Er hatte doch nichts Unrechtes getan. Oder doch?
    Antons Herz begann zu rasen. Er musste Hilfe holen – sofort.

[zur Inhaltsübersicht]
21. Kapitel
    U ngeduldig ging Luzia vor dem Eingang des Ochsenturms auf und ab. Da der Turm gleich neben der Koixpforte stand, musste sie immer wieder Karren und Wagen ausweichen, die dieses Stadttor benutzten. Es war bereits später Vormittag. Nachdem Anton sie am Abend zuvor alarmiert hatte, war sie mit ihm gemeinsam sofort zu Martins Haus gelaufen, um seiner Familie die schlimme Nachricht zu überbringen. Zu der späten Stunde hatten sie selbstverständlich niemanden mehr erreicht, der ihnen eine Erklärung hätte geben können, weshalb man Martin festgenommen hatte. Luzia hatte jedoch das ungute Gefühl, dass es irgendetwas mit den Vorfällen in Mainz zu tun hatte. Schon vor Antons Ankunft am alten Graben hatte das Kruzifix immer lauter gesummt und Luzia in Angst und Schrecken versetzt.
    Am Morgen war sie in aller Frühe zusammen mit Augusta zum Rathaus gegangen, wo sie um eine Erklärung gebeten hatten. Einer der Ratsschreiber hatte sie zum Ochsenturm geschickt, dort war jedoch nur Augusta eingelassen worden. Seither wartete Luzia.
    Es hatte vor einer Weile leicht zu nieseln begonnen. Allmählich fühlte sich nicht nur ihr wollener Mantel klamm an, sondern auch das Kleid, welches sie darunter trug. Sie fröstelte und rieb sich über die Arme.
    Als sich endlich die Eingangstür des Ochsenturms wieder öffnete, drehte sie sich um.
    «Luzia Bongert?» Fragend blickte sie der Wächter an. Er war ein vierschrötiger

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