Die Gewürzhändlerin
möchte mich nun verabschieden.» Luzia warf Siegfried einen auffordernden Blick zu. «Es wäre nett, wenn Ihr mich begleiten würdet.»
«Ja, mein Sohn, geleite die edle Jungfer nach Hause», keuchte Thal und rang nach Atem. Noch immer erheitert, wischte er sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln. Luzia fing seinen anerkennenden Blick auf. «Wenn Ihr Martin trefft, richtet ihm aus, dass ich ihm Glück wünsche. Er wird es brauchen können.»
Luzia nickte ihm huldvoll zu, so wie sie es oft bei Elisabeth gesehen hatte, und verließ die Stube. Hinter sich hörte sie, wie Siegfried sich eilig erhob und ihr folgte. An der Haustür hatte er sie eingeholt.
«Luzia …», begann er. Seiner Stimme konnte man deutlich anmerken, dass er noch immer sehr irritiert war. «Ihr müsst schon verzeihen, aber …»
«Nein», unterbrach sie ihn. «Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen. Es schmeichelt mir wirklich, dass Ihr Euch habt überreden lassen, um meine Hand anzuhalten.»
«Äh …» Verblüfft starrte er sie an.
Sie lächelte ihm zu. «Hört zu, Siegfried, ich habe Augen und Ohren im Kopf. Die Spatzen haben es bereits von den Dächern gepfiffen, dass Euer Vater Euch gedrängt hat, mich zu heiraten.»
«Die Spatzen?»
«Klarissa.»
«Oh.» Siegfrieds Gesicht färbte sich rot.
Luzia lächelte wieder leicht. «Glaubt mir, es wäre weder für Euch noch für mich eine angenehme Verbindung geworden. Belassen wir es einfach dabei, ja?»
«Wie Ihr wünscht.»
Den Weg bis zum alten Graben legten sie schweigend zurück. Vor dem Tor zu Graf Johanns Anwesen wandte sich Luzia noch einmal Siegfried zu. «Ich möchte Euch eine Frage stellen, wenn Ihr erlaubt.»
«Fragt.» Neugierig blickte er sie an.
«Warum weigert sich Euer Vater, Irmhild mit Konrad zu verheiraten?»
Siegfried hob überrascht die Schultern. «Konrad ist nicht der Erbe des Vermögens.»
«Aber er ist ein guter Mann. Vielleicht nicht der beste Kaufmann, aber er leistet seinen Beitrag in Martins Geschäft. Er wäre durchaus in der Lage, Eurer Schwester ein angemessenes Heim zu bieten.»
«Ihr haltet das für eine gute Idee, ja?»
«Es würde die Familien Thal und Wied miteinander verbinden. Euer Vater und Martin müssten nicht mehr ständig gegeneinanderarbeiten.»
Siegfried lachte. «Das wäre aber schade, Luzia. Die beiden genießen ihre Feindschaft nicht wenig.»
«Was einer der Gründe ist, weshalb Euer Vater mich für Euch gewinnen wollte», stellte Luzia trocken fest. «Nur dass ich mich nicht verschachern lasse.»
«Also …» Empört schüttelte Siegfried den Kopf. «Das klingt denn doch ein wenig …»
«Hart? Das ist es ja auch. Ich weiß, dass eine Heirat ein Geschäft ist. Ein Handel, von dem im besten Falle beide Seiten profitieren.»
«Was bei uns nicht der Fall gewesen wäre?»
«Nein. Um die Wahrheit zu sagen – ich glaube nicht, dass auch nur einer von uns einen Vorteil daraus gezogen hätte.»
Wieder lachte Siegfried. «Nun weiß ich nicht, ob ich Wied gratulieren oder ihm mein Beileid wünschen soll.»
Bei seinen Worten schnürte sich Luzias Kehle unvermittelt zu. Sie schluckte krampfhaft und kämpfte gegen die Angst an, die sich wieder einmal wie eine Kralle um ihr Herz schließen wollte.
Obwohl es bereits dunkelte, schien Siegfried wahrzunehmen, dass Luzias Gesicht ganz blass geworden war. Rasch nahm er ihre Hände und drückte sie. «Verzeiht, Luzia. Ich wollte nicht … Wenn Ihr unsere Hilfe benötigt, zögert nicht, zu uns zu kommen.»
Sie nickte nur stumm.
Er hob ihre rechte Hand an seine Lippen und drückte einen flüchtigen Kuss auf ihre Fingerspitzen. Dann lächelte er aufmunternd. «Wisst Ihr, Luzia, so ganz sicher bin ich mir nicht, ob es nicht doch lohnenswert wäre zu versuchen, Euch zu einem Sinneswandel zu bewegen.» Als sie ihn überrascht ansah, zwinkerte er ihr zu. «Auf der anderen Seite ist mir mein Seelenfrieden vielleicht auch zu lieb. Mögen sich andere der Plage Eurer spitzen Zunge annehmen.» Mit einer übertriebenen Verbeugung verabschiedete er sich und ging beschwingt davon.
* * *
«Luzia, da bist du ja endlich! Wir haben uns schon gefragt, wo du so lange steckst.» Elisabeth kam mit großen Schritten auf Luzia zu, als diese am späten Nachmittag des folgenden Tages Johanns Haus betrat. Bevor Luzia etwas antworten konnte, fand sie sich bereits in einer festen Umarmung ihrer Freundin wieder. «Wir sind vor zwei Stunden hier angekommen», berichtete Elisabeth. «Als uns deine Nachricht erreichte,
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