Die Gewürzhändlerin
beweisen. Ebenso wenig, dass die Briefe gefälscht wurden oder überhaupt eine Vertauschung der beiden Kassetten stattgefunden hat.» Luzia ließ den Kopf hängen. «Wer auch immer dahintersteckt, er hat die ganze Sache sehr geschickt geplant. Wohin wir auch schauen, alle Beweise deuten auf Martin.» Sie verkrampfte die Hände ineinander. «Ich weiß nicht weiter, Frau Elisabeth. Ich kann doch niemandem sagen, meine Überzeugung, dass Martin unschuldig ist und die Briefe gefälscht wurden, würde auf dem Summen einer Reliquie beruhen! Man hält mich ja so schon für eine merkwürdige Laune der Natur. Die Kräfte des Kruzifixes auch nur zu erwähnen würde mich wahrscheinlich in größte Schwierigkeiten bringen. Ich …»
«Luzia, hör zu …», versuchte Elisabeth sie zu unterbrechen, doch ohne Erfolg.
«Ich würde ja alles tun, um die Sache aufzuklären, aber mir sind die Hände gebunden. Frau Augusta hat mich gestern des Hauses verwiesen. Allein kann ich nicht mehr tun, als mich umzuhören. Und was bringt mir das? Selbst wenn Boos dahintersteckt, wird mir doch niemand glauben. Schließlich handelt er schon länger mit Farben als ich. Wenn ich …»
«Moment mal!», fiel Elisabeth ihr erstaunt ins Wort. «Weshalb hat Frau Augusta dich hinausgeworfen?»
Luzia rieb sich müde die Augen und hielt ihren Blick weiterhin gesenkt. «Sie traut mir nicht. Von Anfang an. Verübeln kann ich es ihr nicht einmal. Was würdet Ihr von mir denken, wenn Ihr nur wenig über mich wüsstet? Eine Bauernmagd, die es auf seltsamen Wegen in eine Gesellschaft geschafft hat, die weit über ihrem Stand ist. Die sich anmaßt, mit wertvollen Gewürzen zu handeln, und damit auch noch einen gewissen Erfolg hat und zudem noch ein mystisches Kreuz mit sich herumträgt.» Luzia schluckte hart. «Sie glaubt, ich hätte Martin verführt und mit Heimtücke dazu gebracht, sich in mich zu vergaffen und mir in allem zu Willen zu sein.»
«Zu vergaffen?», echote Bruder Georg und hob eine Augenbraue.
«Das waren Augustas Worte», bestätigte Luzia und presste kurz die Lippen zusammen. Mit Macht bemühte sie sich, gegen die aufsteigenden Tränen anzukämpfen.
«Und hast du es getan?», fragte Elisabeth sanft.
«Was?»
«Martin verführt.»
«Nein!» Luzias Kopf schoss in die Höhe. Entsetzt starrte sie ihre Freundin an. «Das habe ich nicht getan. Ich habe nicht … wollte nie …» Sie verhaspelte sich und schwieg für einen Moment. Schließlich sammelte sie sich. «Ich würde so etwas nicht tun, Frau Elisabeth. Ihr wisst, dass ich nicht … nicht …»
«Du hättest es nicht über dich gebracht? Wegen seiner Narben?»
Verblüfft hob Luzia erneut den Kopf. «Nein, Frau Elisabeth. Ich wollte sagen, dass ich … dass ich niemals das Recht hätte … Ich habe Frau Augusta gesagt, ich würde Martin nicht im Wege stehen. Er wird sich bald mit Therese Leyen verloben, was gut ist, weil er dann alleiniger Eigentümer der
Ludwina
wird und darüber hinaus sein Geschäft erweitern kann.»
«Tatsächlich.» Elisabeth tauschte einen vielsagenden Blick mit Bruder Georg aus.
«Ja, aber Frau Augusta scheint mir nicht zu glauben. Sie denkt, ich hätte Martin verhext oder so etwas. Deshalb hat sie mich hinausgeworfen. Und nun …»
«Martin liebt dich.»
Elisabeths ruhige Worte ließen Luzia innehalten. Nervös knetete sie an ihrem Rock herum.
Es entstand eine kurze Pause, in der nichts zu hören war als das Knistern des kleinen Feuers im Kamin. Elisabeth betrachtete ihre Freundin eingehend, die sichtlich um Fassung kämpfte, und stieß schließlich einen Laut aus, der irgendwo zwischen Seufzen und Lachen lag. «Ach du liebe Zeit, Luzia!» Energisch zog Elisabeth sie in die Arme und drückte sie an sich. «Wie konntest du mich nur so lange zum Narren halten?»
«Was meint Ihr damit?», fragte Luzia unsicher und versuchte sich aus Elisabeths Umarmung zu lösen.
Doch ihre Freundin hielt sie fest an sich gedrückt. «Ich hätte es längst erkennen müssen!»
«Was erkennen?» Nun gelang es Luzia doch, sich ein wenig zurückzuziehen. Verwirrt blickte sie in Elisabeths funkelnde Augen.
«Dass du Martin ebenfalls liebst», antwortete Bruder Georg an Elisabeths Stelle.
Luzias entsetzter Blick reizte Elisabeth zum Lachen. Rasch zog sie die Freundin erneut an sich, obwohl diese sich vollkommen versteift hatte. «O Luzia.» Sanft streichelte sie ihr über den Rücken. «Du weißt es nicht einmal, nicht wahr? Oder willst es nicht wissen?»
«Ich …» Luzia
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