Die Gewürzhändlerin
schluckte mehrmals und begann leicht zu zittern. «Ich kann nicht … Das ist … Ihr irrt Euch.»
«Wirklich?» Nun war es an Elisabeth, sich ein wenig von ihr zu lösen. Prüfend musterte sie Luzias bleiches Gesicht, ihre weit aufgerissenen Augen, ihre sich heftig hebende und senkende Brust.
«Du liebst ihn also nicht.»
Luzia starrte sie nur an. Ihre Gesichtsfarbe wandelte sich von Weiß zu einem dunklen Rot.
«Mhm.» Elisabeth nickte wissend.
«Es ist nicht so, wie Ihr denkt», brachte Luzia schließlich krächzend heraus.
«Nicht?» Elisabeth schmunzelte. «Wie ist es denn dann?»
Luzia sackte in sich zusammen. «Ich weiß es nicht.»
Elisabeth und ihr Beichtvater tauschten noch einmal vielsagende Blicke. «Nun», befand Elisabeth. «Das ist immerhin ein Anfang.»
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23. Kapitel
V an Thelen konnte nicht mit Sicherheit klären, ob es sich bei den beiden Briefen um Fälschungen handelt», berichtete Johann zwei Tage später, als ihm ein kurzer Besuch bei Martin gestattet wurde. Besorgt musterte er seinen Freund, der zwar aufrecht am Fenster stand, dem man jedoch die schlaflosen Nächte und die Unannehmlichkeiten der Turmhaft deutlich ansah.
«Ich hatte Luzia gesagt, sie soll sich nicht an van Thelen wenden», knurrte Martin.
«Das hat sie auch nicht.» Johann hob auf Martins fragenden Blick hin die Schultern. «Die Schöffen haben ihn hergeholt. Offenbar pflegen sie gute Verbindungen zur Kölner Ratskanzlei.» Forschend blickte Johann seinem Freund ins Gesicht. «Falls es sich um Fälschungen handelt, dann sind sie erstklassig.»
«Falls?»
«Mein Freund, dir eilt ein Ruf voraus.»
«Offenbar.» Martin ballte die Hände zu Fäusten und hob den Kopf. «Wer kann davon erfahren haben?»
«Eine gute Frage. Falls es sich nicht um einen Zufall handelt.»
«Noch ein Falls?»
Johann seufzte ungeduldig. «Der Punkt ist, dass wir mit van Thelen nicht weiterkommen. Der Vogt kommt zum Gerichtstag in die Stadt; der Prozess soll am kommenden Donnerstag stattfinden.»
Martin nickte nur stumm.
Verärgert kniff Johann die Augen zusammen. «Komm schon, Mann, was ist los mit dir?»
Martins Kopf ruckte hoch. «Was glaubst du denn? Denkst du, ich genieße meinen Aufenthalt in dieser schäbigen Zelle? Irgendjemand versucht, mich aus dem Weg zu räumen, Johann, und ich habe nicht die leiseste Ahnung, wer oder warum.»
«Also gut. Erzähl mir noch einmal genau, was in den letzten Tagen vor deiner Verhaftung geschehen ist», forderte Johann ihn auf. «Irgendwo müssen wir doch einen Anhaltspunkt finden.»
«Wie geht es Luzia und meiner Familie?»
Johann hob eine Augenbraue und grinste. «Den Umständen entsprechend. Allerdings scheint deine Mutter Luzia an die Luft gesetzt zu haben.»
«Bitte was?» Entgeistert starrte Martin ihn an.
Johanns Grinsen verwandelte sich in ein wissendes Lächeln. «Daran dürftest du nicht ganz unschuldig sein, mein Freund.»
«Was redest du da für einen Unsinn? Luzia soll meine Geschäfte weiterführen. Weshalb sollte meine Mutter sie hinauswerfen? Und was, verdammt noch mal, habe ich damit zu tun?»
«Alles, wie es scheint. Wenn du klug gewesen wärest, hättest du Luzia besser gleich vor die Kirchenpforte geschleppt, bevor es so weit kommen konnte.»
Martin starrte ihn mit offenem Mund an. Schließlich riss er sich zusammen. «Das hätte ich vielleicht tun sollen, Johann. Aber versuch einmal, einen dornigen Strauch mit bloßen Händen umzupflanzen.»
Johann lachte. «Geflügelte Worte, mein Freund. Ich dachte mir schon, dass du mit Luzias Temperament hinreichend Bekanntschaft gemacht hast. Und mit ihrem Dickschädel. Dennoch scheinst du nicht abgeneigt zu sein, wie ich sehe.»
«Sie würde ablehnen.»
«Was? Einen Heiratsantrag? Wie kommst du darauf?»
Martin kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, während er seinem Freund demonstrativ seine verkrüppelte Hand vor die Nase hielt. «Wie kommst
du
darauf, dass sie ihn annehmen könnte?»
«Das alte Lied, ja?» Johann schüttelte verärgert den Kopf. «Mir scheint, ihr gehört beide einmal ordentlich durchgeschüttelt. Aber bitte, ich mische mich da nicht ein.»
«Nicht?»
«Nein, zumindest jetzt nicht. Im Augenblick gibt es wohl weit wichtigere Dinge, als eure Sturköpfe zurechtzurücken.»
Martin ließ die Hand wieder sinken und betrachtete sie nachdenklich. «Mutter hat Luzia also hinausgeworfen.»
«Mir scheint, hier wäre ein Machtwort deinerseits angebracht», befand Johann.
Martin
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