Die Gewürzhändlerin
nicht aus Cahors, sondern haben selbst lombardische Vorfahren.»
«Noch schlimmer», knurrte Martin. «Dann sind sie doppelte Schlitzohren.»
«Das hat dich früher auch nicht abgehalten, mit ihnen Geschäfte zu machen. Dieser Rigo de Beerte stammt übrigens gar nicht aus dem Frankenland, sondern aus Flandern, soweit ich weiß. Er scheint ein recht angenehmer Mensch zu sein.»
«Ach ja?» Martin setzte sich an sein Pult und blätterte erneut in dem Rechnungsbuch. «Ich denke, ich werde zunächst einen Besuch in der Judengasse machen und sehen, ob Muskin oder Gottschalk bereit sind, mir die notwendige Summe vorzustrecken.» Er machte jedoch keine Anstalten, sein Kontor zu verlassen, sondern starrte nur schweigend auf das Buch und die Geschäftskorrespondenz.
Augusta trat neben ihn und legte ihm nun doch eine Hand auf die Schulter. «Ich bin so froh, dass du wieder hier bist», sagte sie leise. «Konrad sind die Dinge aus dem Ruder gelaufen. Du weißt, dass er nicht wie du das Talent eures Vaters geerbt hat. Er macht sich große Vorwürfe, weißt du?»
«Vorwürfe helfen uns nicht weiter, Mutter.»
«Da hast du recht, mein Junge. Also hör auf, Konrad welche zu machen. Ich kenne dich – du wirst den Kampf gegen Ulrich Thal aufnehmen. Konrad war ihm nicht gewachsen; das ist alles.» Sie drückte kurz seine Schulter und wandte sich zum Gehen. In der Tür drehte sie sich noch einmal um. «Hast du schon bei Johann von Manten vorgesprochen? Ich würde ihn und seine Frau gerne zu uns einladen, wenn es dir nichts ausmacht.»
Endlich entspannten sich Martins Gesichtszüge, und ein feines Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab. «Was sollte es mir ausmachen? Ich gehe auf dem Rückweg von der Judengasse bei ihm vorbei und überbringe ihm die Einladung.» Er hielt inne, und sein Lächeln vertiefte sich ein wenig, als er an die Ereignisse dachte, die vor über zwei Jahren dazu geführt hatten, dass sein Freund Johann endlich sein Glück in Gestalt von Frau Elisabeth gefunden hatte.
Martin stand auf und verließ hinter seiner Mutter das Kontor. «Sag, weißt du zufällig, ob Elisabeth noch immer die Magd Luzia beschäftigt? Ihre Leibmagd?»
Augusta blieb stehen und runzelte die Stirn. «Luzia Bongert meinst du? Dieses rothaarige Mädchen? Ja, sie lebt dort mit im Haushalt. Warum fragst du?» In ihrer Stimme schwang Argwohn mit. «Was hast du mit ihr zu schaffen?»
Martin sah seine Mutter überrascht an, dann lachte er amüsiert auf. «Gar nichts, Mutter. Ich habe mich nur gerade an sie erinnert. Ein freches und vorlautes Geschöpf, viel mehr weiß ich auch nicht über sie.»
«Vielleicht ist das auch besser so», sagte Augusta mit einem merkwürdigen Unterton, der Martin aufhorchen ließ.
«Warum sagst du das? Kennst du sie näher?»
«Nein, ich kenne sie nicht. Ich bin ihr nur einmal in der Liebfrauenkirche begegnet.»
Martin lächelte wieder. «Hat sie dir einen Grund gegeben, dich über sie zu ärgern?»
«Das nicht.» Augusta dachte an die Begegnung mit der jungen Frau zurück.
«Was dann?» Nun war Martins Neugier geweckt, und er trat einen Schritt auf seine Mutter zu.
Augusta hob jedoch nur die Schultern und schüttelte gleichzeitig den Kopf. «Nichts, Martin. Gar nichts.»
* * *
Luzia stand an dem großen Tisch in der Küche und sortierte alte, abgetragene Kleider in zwei große Körbe. Gerade kam Elisabeth mit einem weiteren Stapel Wäsche herein und legte ihn neben ihr ab.
«Das ist alles», sagte sie aufatmend. «Hör zu, Luzia, ich möchte, dass Godewin dich begleitet. Wilbert ist im Stall beschäftigt, und Johann hat deinen Bruder vorhin mitgenommen. Bring beide Körbe ins Hospital in der Leir und nimm auch diesen Beutel Münzen mit. Beides musst du beim Hospitalmeister abgeben. Sag ihm, die Geldspende ist für die Renovierung der Lukaskapelle bestimmt. Und dann geh bitte auf dem Rückweg beim Fleischscharren vorbei und schau, ob es noch fetten Speck und Kapaune zu kaufen gibt. Josefa will Pasteten backen.»
Luzia nickte und beeilte sich, auch die restlichen Wäschestücke auf die Körbe zu verteilen. Der kurze Spaziergang zum Hospital kam ihr gerade recht, denn sie hoffte, durch ihn auf erfreulichere Gedanken zu kommen. Seit sie heute Morgen aufgestanden war, hatte die Erinnerung an ihren Traum ihre Stimmung getrübt. Da jedoch nach den letzten Regentagen endlich wieder die Sonne zwischen den Wolken hervorgekommen war, hatte sie den Entschluss gefasst, sich nicht mehr länger die Laune
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