Die Gewürzhändlerin
Kempenich mit Kleidern und Haarschmuck herausgeputzt hat», erinnerte Martin sich. «Was bezweckt sie damit?»
«Wenn ich das wüsste. Sie und Luzia sind sehr enge Freundinnen. Unter den gegebenen Umständen hat es Luzia leichter, in der Gesellschaft anerkannt zu werden.»
«Bis der Schwindel eines Tages auffliegt.»
Johann verschränkte die Arme vor der Brust. «Weshalb sollte er?»
Martin nickte. «Stimmt, weshalb sollte er.»
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4. Kapitel
N a, das wurde aber auch Zeit, Mädchen», grummelte Josefa, als Luzia und Godewin die Küche betraten und die gutgefüllten Körbe auf dem Tisch abstellten. Godewin verdrückte sich sogleich wieder, wohl um zu vermeiden, dass die resolute Köchin noch eine weitere Aufgabe für ihn fand. «Mein Pastetenteig ist schon lange fertig und ruht nun.» Mit geübtem Griff hob sie die Kapaune aus dem größeren Korb und wog sie prüfend mit den Händen. «Bisschen mager», stellte sie fest. «Ich hoffe, du hast genügend Speck mitgebracht, damit ich ordentlich Geschmack an das Fleisch bringe. Geh doch bitte und bring mir frische Petersilie aus dem Garten. Und schau, ob du Hilla auftreibst, dass sie mir die Vögel rupft.»
Luzia nickte. «Gern, Josefa. Aber Hilla wird nicht begeistert sein, wenn sie schon wieder Geflügel rupfen soll.»
«Soll sie meckern», erwiderte Josefa lapidar. «Eier benötige ich auch noch.»
«Ich kann welche aus dem Hühnerstall holen», erbot sich Luzia. «Wenn ich ja sowieso hinausgehen muss, kann ich …»
«Luzia, bist du zurück?» Elisabeth erschien in der Küchentür. «Gut, ich brauche dich gleich oben in meiner Kammer. Du musst mir beim Säumen der neuen Bettlaken helfen.»
«Ich habe Josefa versprochen, ihr Eier und Kräuter hereinzuholen.»
Elisabeth nickte. «Gut, dann komm gleich danach herauf.» Sie hob den Kopf, als es an der Haustür pochte. Augenblicke später streckte Godewin den Kopf durch die Küchentür. «Verzeiht, Herrin, ist Graf Johann im Haus? Da sind zwei Männer vom Stadtrat, die ihn sprechen wollen.»
Elisabeth drehte sich zu ihrem Knecht um. «Er ist, glaube ich, hinaus in den Hof oder zum Stall gegangen.»
«Danke, Herrin; ich geh ihn mal suchen.» Rasch eilte Godewin hinaus.
Elisabeth wandte sich ebenfalls zur Tür. «Besser, ich sehe nach, wer da gekommen ist. Josefa, stell einen Krug Wein bereit, falls die Männer bewirtet werden müssen.» Seufzend blickte sie sich um, bevor sie die Küche verließ und vor sich hin murmelte: «Wir brauchen wirklich noch eine weitere Magd.»
Kaum hatte Luzia die letzten Worte ihrer Herrin vernommen, sah sie bereits Johann durch das Haus in Richtung Stube eilen und vernahm gleich darauf die Stimmen der Männer, die einander freundlich begrüßten.
«Ich hol dir mal die Eier und die Petersilie», sagte sie zu Josefa, die bereits dabei war, eine der beiden Speckseiten in dünne Streifen zu schneiden.
«Vergiss nicht, Hilla hereinzuschicken», schärfte die Köchin ihr ein, bevor sie aus der Küche ging.
Luzia trat hinaus in den Hof und schauderte leicht. Ein kühler Wind war aufgekommen, doch das war nicht der Grund für die Gänsehaut, die sie unvermittelt an den Armen und am Rücken verspürte. Das Kruzifix machte sich einmal mehr deutlich bemerkbar. Fast fühlte es sich jetzt an, als habe es einen schnellen, aufgeregten Herzschlag. Irritiert legte sie eine Hand darauf, doch diesmal beruhigte es sich nicht. Ganz warm wurde es auf ihrer Haut. Zum Glück dämpften der Stoff ihres Kleides und des Umhangs, den sie noch immer trug, das leise Sirren, dennoch war es für Luzia deutlich vernehmbar.
Ratlos blickte sie sich um. Hier im Hof war nichts Ungewöhnliches zu sehen. Sie sah einen frischen Haufen Pferdeäpfel; dort hatte vermutlich bis eben noch eines der Pferde gestanden. Ein winziges Häuflein Erde verriet, dass jemand, Anton wahrscheinlich, einem der Tiere die Hufe aufgekratzt hatte. Suchend blickte sie sich um und hörte Hillas Stimme aus dem Hühnerstall dringen. Zielstrebig ging sie auf das kleine Gebäude zu und streckte den Kopf zur Tür hinein. «Hilla? Josefa braucht dich drinnen.»
«Was will sie denn jetzt schon wieder?» An dem missmutigen Ton der Magd erkannte Luzia, dass es um deren Stimmung noch immer nicht besser bestellt war.
«Du sollst ihr die Kapaune rupfen. Und bring ihr ein paar frische Eier mit hinein.»
«Rupfen, rupfen! Was soll ich nicht noch alles?», beklagte Hilla sich. «Ich bin doch kein Küchentrampel. Warum kannst du das
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