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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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entschuldigt mich, ich habe noch einiges zu erledigen.» Damit verließ sie die Stube in Richtung Küche.
    Martin blickte ihr bewundernd hinterher. «Johann, ich hoffe, du gibst inzwischen zu, dass diese Frau das Beste ist, was dir passieren konnte.»
    «Das habe ich nie abgestritten.»
    «Ach nein?» Martin grinste. «Lass sehen. Ich erinnere mich an einen Mann, der sich in seiner Sturheit und Selbstverleugnung blindlings in eine Ehe mit einer gewissen Maria Grosse stürzen wollte. Einen Mann, den sein Freund und sein zukünftiger Schwiegervater beinahe mit Gewalt zu seinem Glück zwingen mussten. Und weiter erinnere ich mich, dass dieser Mann derart trotzig in seinem Selbstmitleid verharrte, dass er …»
    «Trotzig?»
    «Jawohl, trotzig.» Martin klopfte seinem Freund auf die Schulter. «Nimm es mir nicht krumm, Johann, aber im Grunde hast du dein Glück gar nicht verdient.»
    Johann starrte Martin einen Moment lang an, dann stieß er die Luft aus und fuhr sich verlegen durch das kragenlange blonde Haar. «Ich hab es ihr nicht leichtgemacht, wie?»
    Martin grinste. «Sie scheint es ganz gut verkraftet zu haben. Aber ich will dich nicht länger mit alten Geschichten quälen. Wie wäre es, wenn du mir stattdessen einen kleinen Rundgang über deinen Hof gewährst. Das Haus sieht mir sehr komfortabel aus. Gewiss gibt es nach hinten hinaus noch einige Nebengebäude, nicht wahr?»
    «Natürlich gibt es die. Ställe, eine große Remise, einen Obst- und einen Gemüsegarten», zählte er auf. «Der Brunnen muss neu aufgemauert werden, aber ansonsten sind die Gebäude alle sehr gepflegt …» Johann ging Martin voraus durch die Tür, die zu den rückwärtigen Räumen und zur Hintertür führte. Im Hof war Anton gerade dabei, Johanns Reitpferd, einem kräftigen Falben, die Hufe auszukratzen. Als er die beiden Männer bemerkte, richtete er sich kurz auf und deutete eine Verbeugung an. Dann erkannte er Martin, und für einen Moment weiteten sich seine Augen vor Schreck. Rasch blickte er woandershin und griff erneut nach dem Bein des Pferdes.
    Anton war dem Weinhändler vor zwei Jahren auf der Küneburg und später noch einmal bei den Hochzeitsfeierlichkeiten auf der Mantenburg begegnet. Er erinnerte sich noch lebhaft an seinen Schrecken, als er zum ersten Mal die schlimmen Brandnarben und die teilweise verstümmelte Hand des Kaufmanns gesehen hatte. Martin Wied war ihm unheimlich: Wie hatte ein Mensch mit solch schrecklichen Verletzungen überleben können? Als Anton später mit Luzia darüber gesprochen hatte, hatte sie ihm sehr streng ins Gewissen geredet und ihn gescholten, einen Menschen nicht nach seinem Aussehen zu beurteilen. Doch Anton war sich ganz sicher, dass auch seine Schwester sich von Wieds Aussehen abgestoßen fühlte. Warum sonst war sie ihm damals so offensichtlich aus dem Weg gegangen? Mehrmals hatte Anton beobachtet, dass sie Wied ausgewichen war oder kehrtgemacht hatte, wenn er in ihrer Nähe aufgetaucht war. Froh, dass die beiden Männer ihn nicht weiter beachteten, konzentrierte Anton sich wieder auf seine Arbeit.
    «Ein neuer Knecht?», fragte Martin, der vor dem Eingang des Pferdestalls stehen blieb, nachdem er neben Johann den Hof überquert hatte. Er deutete mit dem Kinn in Antons Richtung und überlegte gleichzeitig, wo er das Gesicht des Jungen schon einmal gesehen hatte. Den Schrecken auf dessen Gesicht hatte er natürlich wahrgenommen. Er war jedoch daran gewöhnt, dass die meisten Menschen so auf ihn reagierten, und hatte inzwischen gelernt, den leisen Schmerz zu ignorieren, den dies verursachte.
    «Der Junge?» Johann blickte ebenfalls kurz in Antons Richtung und betrat dann den Stall. «Das ist der Bruder von Elisabeths Leibmagd. Vielleicht erinnerst du dich an sie – Luzia Bongert.»
    Martin, auf dessen Lippen ein feines Lächeln erschien, folgte ihm. «Die Bauernmagd.»
    «Ahem.» Johann räusperte sich und blieb neben der mannshohen Holzwand stehen, die den Stall von der Sattelkammer trennte. «Elisabeth möchte nicht, dass bekannt wird, woher Luzia und ihr Bruder stammen.»
    Martin hob verblüfft die Brauen. «Warum nicht?»
    Johann zuckte mit den Schultern. «Sie gefällt sich darin, die beiden als Pestwaisen einer bürgerlichen Familie auszugeben.»
    «Und das erlaubst du ihr?»
    «Wie sollte ich es ihr verbieten?» Wieder zuckte Johann mit den Schultern. «Du kennst Elisabeth. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat …»
    «Ich erinnere mich, dass sie das Mädchen schon damals in

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