Die Gewürzhändlerin
ins Gesicht. «Ihr wisst Euch zu behaupten.»
Luzia wurde rot. «Ich war vorlaut.»
«Er hatte es nicht anders verdient. Boos ist für seinen Jähzorn bekannt.» Konrad legte ihr beruhigend eine Hand auf den Arm, zog ihn dann aber verlegen wieder zurück. «Ich frage mich, weshalb Eure Anwesenheit hier ihn so aufgebracht hat. Weibliche Gehilfen sind keine so große Seltenheit.»
«Vielleicht weil ich fremd in Koblenz bin?»
«Möglich.» Er sah sich suchend um. «Wo steckt eigentlich Euer Bruder?»
«Ich habe ihn vorhin auf eine Runde über den Marktplatz geschickt», antwortete Luzia. «Er hat schon den ganzen Tag hier ausgeharrt und Alban geholfen. Aber eine rechte Beschäftigung habe ich hier nicht für ihn.»
«Herr Johann wollte, dass er Euch begleitet?»
«Er hielt es für notwendig.»
Konrad lächelte. «Ich glaube nicht, dass Ihr so dringend einen Aufpasser braucht, Jungfer Luzia.»
Verlegen senkte sie den Kopf. «Ich weiß, dass meine Zunge oft mit mir durchgeht.»
«Wie gesagt, Boos hatte es nicht anders verdient. Martin würde Euch dies sicher bestätigen, wenn er hier wäre. Er lässt Euch übrigens ausrichten, dass Ihr morgen früh nicht hierher, sondern zum Kontor kommen sollt.»
Überrascht hob Luzia den Kopf wieder. «Warum?»
«Soweit ich ihn verstanden habe, sollt Ihr helfen, im Lager für Ordnung zu sorgen. Das macht Euch doch nichts aus?»
«Nein, bestimmt nicht», beeilte sich Luzia zu antworten. Ein wenig war sie enttäuscht, den nächsten Tag nicht wieder auf dem quirligen und von Stimmen und Lachen erfüllten Florinshof verbringen zu dürfen. Sie fand Gefallen an dem Lärm, den vielen Menschen, der Musik der verschiedenen Gauklergruppen und den Gerüchen.
Konrad wechselte das Thema. «Ich muss gleich noch einmal fort. Deshalb sollt Ihr zu Marktende den Stand schließen und die Geldkassette zum Kontor bringen.»
«Ich?»
«Alban und Euer Bruder sind ja da, um Euch zu helfen und falls nötig zu beschützen. Aber ich glaube nicht, dass das nötig sein wird. Es ist dieses Jahr sehr ruhig auf dem Jahrmarkt.»
«Wenn Ihr meint.» Sehr überzeugt klang Luzia nicht, doch andererseits war der Weg zum Kornmarkt ja nicht weit. Und mit etwas Glück würde sie vorher sogar noch ein paar Gewürze verkaufen und Martin damit zeigen, dass sie tatsächlich fähig war, den Gewürzstand alleine zu führen.
* * *
«Ich sage dir, sie hat ihn mit wenigen Worten in seine Schranken gewiesen. Ich dachte, ich höre nicht recht», erzählte Konrad wenig später seinem Bruder, der mit geschäftlicher Korrespondenz beschäftigt war.
«Das wundert mich nicht», antwortete Martin, ohne von dem Brief aufzublicken, an dem er schrieb. «Mit ihrem vorlauten Mundwerk durfte ich ebenfalls schon Bekanntschaft machen.» Als er Schritte hörte, hob er den Kopf und blickte überrascht an seinem Bruder vorbei. «Ja, Mutter, gibt es etwas?»
Augusta blieb in der Tür stehen und musterte ihre beiden Söhne eingehend. Dann blickte sie Martin ins Gesicht. «Du lässt das Mädchen allein auf dem Florinshof? Mutest du ihr da nicht ein bisschen zu viel zu?»
«Nein, das glaube ich nicht», brummte er.
Augusta kräuselte die Lippen. «Du weißt doch fast nichts über sie. Wie kannst du ihr einfach so vertrauen? Was, wenn sie dein Geld stiehlt oder …»
«Das ist lächerlich», konterte Martin ruppiger als beabsichtigt. Er atmete tief durch, um ruhig zu bleiben. «Sie ist eine vertrauenswürdige Person, Mutter. Und sie hat mehr Talent in ihrem kleinen Finger als so manch einer …» Er brach ab und schüttelte den Kopf. «Ich habe zu tun. Konrad, bring diese Wechsel zu Muskin.» Vage deutete er auf zwei gesiegelte Schriftstücke.
Augusta warf ihrem jüngeren Sohn einen fragenden Blick zu, woraufhin er nur ratlos die Schultern hob.
Sie seufzte. «Also gut, Martin, du musst wissen, was du tust. Aber eine unverheiratete Magd als Gehilfin …»
«Mutter, wäre sie verheiratet, könnte sie wohl nicht meine Gehilfin sein», erwiderte Martin genervt. «Nun lasst mich bitte allein, ihr beiden.»
Augusta und Konrad zogen sich zurück. Kaum waren sie außer Sicht- und Hörweite, fuhr sich Martin mit gespreizten Fingern durchs Haar und stützte dann den Kopf in seinen Händen ab. Missmutig starrte er auf den Brief vor sich. Er war ein Feigling, und das war eine vollkommen neue Erfahrung für ihn. Wohl fühlte er sich ganz und gar nicht dabei.
* * *
«Natürlich, wenn Ihr die doppelte Menge nehmt, verringert sich der Preis um
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