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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Du sagst ja gar nichts.»
    Beim besorgten Klang von Antons Stimme riss sich Luzia von ihren trübseligen Gedanken los. Überrascht blickte sie sich um. Sie hatten den Florinshof bereits erreicht. Es war sehr früh; erst wenige Stände hatten geöffnet. Die meisten Bauern und Kaufleute waren noch dabei, ihre Schragen und Buden für den Tag vorzubereiten. Marktbesucher waren erst wenige unterwegs; so früh am Tag war es in der Stadt noch ruhig.
    Am Abzweig zur Danne sah sie die Gauklertruppe vom Vortag. Der kleinwüchsige Mann mit den feuerroten Haaren hüpfte auf und ab und schien sich für eine erste Aufführung aufzuwärmen. Die beiden Sängerinnen und ein dürrer grauhaariger Mann unterhielten sich wild gestikulierend in einem unverständlichen Dialekt.
    «Luzia?» Anton rüttelte sie am Arm.
    «Schon gut, Tünn, ich war nur in Gedanken.» Luzia sah ihrem Bruder in das besorgte Gesicht und beschloss, ein unverfängliches Thema anzusprechen, um ihre Nerven zu beruhigen. «Heute wird wieder ein sonniger Tag.»
    Anton schaute sie jedoch bloß skeptisch an. «Warum machst du das?»
    «Was?»
    «Warum hilfst du dem Kaufmann? Wegen dieses Versprechens und des Kreuzes?»
    «Ja, auch.»
    «Auch? Warum denn noch?»
    Luzia seufzte. «Das ist schwer zu sagen, Tünn.»
    «Ist es, weil du so gut rechnen kannst?»
    «Vielleicht.»
    «Ich kann auch rechnen.»
    «Ich weiß.»
    «Herr Johann hat gesagt, dass ich heute bei dir bleiben soll, falls Herr Wied auch meine Hilfe braucht.»
    Luzia blieb stehen und blickte ihren Bruder verblüfft an. «Das hat er gesagt?»
    «Er will, dass ich auf dich aufpasse.» Anton straffte die Schultern und reckte sich, um noch größer zu wirken.
    «Aha.» Luzia schmunzelte, spürte aber zugleich wieder dieses flaue Gefühl in ihrer Magengrube. Warum glaubte Graf Johann, jemand müsse sie beschützen? Vor Martin gar? Waren die beiden nicht beste Freunde?
    Als sie den Verkaufsstand erreichten, erblickten sie statt Martin dessen Bruder Konrad hinter dem Schragen. Er war gerade dabei, die Krüge und Schalen mit den Gewürzen von einem Karren abzuladen, den wohl Alban soeben gebracht hatte.
    Nachdem sie einander begrüßt hatten, musterte Konrad sie skeptisch. «Martin sagt, ich soll Euch das hier geben.» Er reichte ihr ein Pergament, welches wohl schon mehrfach abgeschabt und neu beschrieben worden war. An einigen Stellen war es bereits ziemlich dünn.
    Überrascht blickte Luzia darauf und erkannte, dass es sich um die Preisliste von der Wachstafel handelte, ergänzt um weitere Posten wie den Safran, einige heimische Kräuter sowie ätherische Duftöle und -essenzen.
    Konrad räusperte sich. «Er sagt, Ihr sollt die Mengen und Preise bis spätestens morgen im Kopf haben, weil es vor den Kunden keinen guten Eindruck macht, jedes Mal in der Liste nachzusehen.»
    «Ach, sagt er das?», fragte Luzia spitz und verdrehte innerlich die Augen. Das fing ja schon gut an.
    Konrad hob die Schultern. «Er war heute Morgen recht … ungehalten. Eigentlich wäre es meine Aufgabe gewesen, heute einige Kunden zu beliefern, aber stattdessen hat er mich hierhergeschickt und sich selbst auf den Weg gemacht.»
    Luzia nickte und sah sich am Stand um. Sie war sich nicht ganz sicher, ob das, was sie fühlte, Erleichterung oder Enttäuschung war. Sie entschied sich für Erleichterung. Konrad schien zwar ganz offensichtlich nicht zu wissen, was er davon halten sollte, dass Martin sie zur Gehilfin gemacht hatte, aber seine Gegenwart schlug ihr zumindest nicht auf den Magen. Entschlossen setzte sie ein freundliches Lächeln auf. «Also gut, Herr Wied. Was soll ich tun?»
    * * *
    Der Vormittag verging schnell. Konrad erklärte ihr noch einmal ausführlich die vorrätigen Gewürze und auch die Verwendung des Rechenbretts, welches er aus dem Kontor mitgebracht hatte. Verblüfft musste er jedoch feststellen, dass Luzia dieses Hilfsmittel kaum benötigte. Später zeigte er ihr noch die gläsernen, mit Wachs verschlossenen Fläschchen, welche die wertvollen Duftessenzen und -öle enthielten. Entzückt schnupperte sie an einem der Gefäße. «Das ist ja wunderbar! Es riecht ein wenig wie Mutterkraut.»
    Konrad sah sie verwundert an. «Mutterkraut?»
    Luzia nickte. «Ja, man sagt auch Melisse dazu. So nennt Frau Elisabeth das Kraut. Bruder Georg hat uns letztes Jahr eine Staude aus dem Klostergarten in Prüm mitgebracht.»
    «Dies ist reines Zitronenöl», erklärte Konrad. «Es kommt aus dem Süden Italiens, wo man viele Zitronenbäume

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