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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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findet.»
    «Ich habe davon gehört», antwortete Luzia. «Frau Elisabeth hat einmal eine Zitrone von einem Markt mitgebracht. Sie war ganz schwarz und hart.»
    «Dann war sie schon zu alt», folgerte Konrad. «Zitronen sind normalerweise gelb und enthalten einen sehr sauren Saft …» Er erläuterte ihr, wie das Zitronenöl aus den Schalen der Früchte gewonnen wurde, und träufelte eine winzige Menge auf Luzias Handrücken. «Verreibt es», forderte er sie auf. «Spürt Ihr die Konsistenz? Ein echtes ätherisches Öl verteilt sich wie Samt auf der Haut. Verfälschte Öle fühlen sich schmierig an. Schaut her!» Er holte einen der hölzernen Trinkbecher und füllte etwas Wasser hinein, dann gab er einen Tropfen des Öles dazu. «Seht Ihr, wie das Öl an der Oberfläche schwimmt? Ein weiteres sicheres Indiz, dass es sich um echtes, ungepanschtes Öl handelt. Manch ein Händler streckt seine Öle mit den wunderlichsten Mitteln, aber wenn man sie in Wasser gibt, zerlaufen sie und bilden Schlieren. Oder lösen sich ganz auf.»
    Neugierig betrachtete Luzia den Öltropfen auf dem Wasser und nickte dann. «Frau Elisabeth benutzt immer Rosenöl.»
    «Das bieten wir natürlich ebenfalls an.» Konrad deutete auf ein weiteres Fläschchen. «Ebenso wie Muskat- und Salbeiöl. Meistens werden diese Öle von Apothekern hergestellt, die daraus Duftessenzen und Arzneien mischen. Essenzen und Duftmischungen zum Parfümieren verkaufen wir freilich ebenfalls.» Geduldig zeigte er ihr alles. Luzia begann sich allmählich wohl zu fühlen. Konrad schien seine anfängliche Skepsis vergessen zu haben, da sie ihm so aufmerksam zuhörte. Es schien ihm Spaß zu machen, ihr die vielfältigen Spezereien zu erklären.
    Zwischendurch bediente er immer wieder Kunden; insgesamt war der Vormittag aber sehr ruhig. Die meisten Marktbesucher entstammten, wie schon am Vortag, weniger wohlhabenden Ständen und konnten sich teure Gewürze nicht leisten.
    Auch Anton lauschte Konrads Ausführungen mit Interesse und half ansonsten Alban dabei, allzu dreiste und aufdringliche Gassenjungen und das Gesindel vom Stand fernzuhalten.
    Am frühen Nachmittag kam schließlich ein Knecht an den Stand. Er richtete Konrad aus, dass der von Martin bestellte Wein aus Burgund eingetroffen sei und der Lieferant auf Bezahlung warte.
    Besorgt blickte Konrad Luzia an. «Kann ich Euch hier mit Alban alleine lassen? Es ist sehr wichtig, dass ich mich um die Weinlieferung kümmere, aber …»
    «Ich habe auch gestern schon auf den Stand achtgegeben», erinnerte Luzia ihn. Nach all seinen Erklärungen fühlte sie sich nun schon wesentlich sicherer und ruhiger.
    «Dennoch habt Ihr keinerlei Erfahrung. Ich verstehe nicht, warum Martin Euch … Verzeiht, ich will Euch nicht zu nahe treten, Jungfer Luzia. In meinen Augen ziemt es sich einfach nicht …» Er schüttelte den Kopf. «Seid Ihr ganz sicher, dass Ihr hier zurechtkommt?»
    Luzia zögerte. Ganz sicher war sie bestimmt nicht, und Konrad besaß zumindest den Anstand, sie danach zu fragen. Dennoch nickte sie. «Es wird schon nichts Schlimmes geschehen, solange Ihr fort seid», sagte sie. «Alban ist ja bei mir. Er kennt sich doch auch ein wenig aus, nicht wahr?»
    Rasch warf Konrad dem Knecht einen Blick zu. «Ja, er wird Euch helfen. Also gut. Ich werde versuchen, mich zu beeilen.» Er trat hinter dem Stand hervor. «Eine Stunde vielleicht, nicht länger», versprach er.
    Luzia blickte ihm nach, wie er zusammen mit dem Knecht zwischen den Marktbesuchern verschwand. Dann drehte sie sich zu Alban um. «Nun, damit wären wir wieder einmal alleine, nicht wahr?» Sie winkte ihren Bruder näher und gab ihm eine Münze. «Wie wäre es, wenn du uns ein paar Krapfen besorgst? Ich habe einen Bärenhunger.»
    * * *
    Konrad hielt Wort. Kaum eine Stunde war vergangen, seitdem er den Stand verlassen hatte, als er bereits zurückkehrte. Seine Miene verriet ein deutliches Unbehagen; er sagte aber nichts darüber, sondern tat, als sei alles in Ordnung. «Waren Kunden hier?», wollte er wissen.
    Luzia schüttelte den Kopf. «Nur ein Knecht, der nach Eurem Bruder gefragt hat. Er sagte, ein Heinrich Boos wolle ihn sprechen.»
    «Boos?» Konrad runzelte die Stirn. «Hat er gesagt, warum?»
    «Nein. Er hat nur …», begann sie, aber eine laute Stimme fiel ihr ins Wort.
    «Also da soll mich doch …! Hat Bert also doch die Wahrheit gesagt.» Vor dem Schragen war die korpulente Gestalt des Heinrich Boos aufgetaucht; sein Blick wanderte aufgebracht und

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