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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Fragen zu stellen. Hin und wieder gerieten sie in hitzige Diskussionen, meist wenn sie seine Preise oder Verkaufspraktiken kritisierte.
    Früher hätte sie es nie und nimmer für möglich gehalten, dass sie sich überhaupt einmal trauen würde, an einem Mann, noch dazu jemandem wie Martin Wied, Kritik zu üben. Es stand ihr nicht zu, das wusste sie. Doch Martin fragte sie häufig nach ihrer Meinung – weshalb sollte sie da lügen? Anfangs schien er überrascht gewesen zu sein, dass sie ihm auf seine Fragen tatsächlich eine Antwort gab, die mehr enthielt als ein devotes Nicken und Lob seiner Fähigkeiten. Luzia argwöhnte, dass er Reaktionen dieser Art wohl überdrüssig war, denn inzwischen machte er sich beinahe einen Sport daraus, sie zu einem kritischen Urteil zu provozieren.
    Lächelnd füllte sie nun den Krug mit den Alantwurzeln auf und rückte ihn auf dem Verkaufsschragen zurecht. Es war, wie sie bereits länger vermutet hatte – Martin stritt sich gern. Mit ihr. Seinen Geschäftspartnern, Kunden oder Konkurrenten gegenüber schlug er gewöhnlich diplomatischere Töne an und war zumeist erfolgreich damit. Sie hingegen gehörte keiner dieser Personengruppen an, war auch keine Verwandte, für die es zu sorgen galt, vor allem keine zartbesaitete Schwester. Marcella und Arietta waren liebenswerte, kluge Mädchen, doch einem Disput mit ihrem älteren Bruder wären sie nicht gewachsen. Nicht weil es ihnen an Witz gefehlt hätte, sondern weil sie sich grundsätzlich nicht mit Männern stritten. Sie waren einfach zu wohlerzogen.
    Luzias Lächeln vertiefte sich, als sie über ihre Herrin nachdachte, die selbst die Wohlerzogenheit in Person war. Allerdings übertrat sie regelmäßig das Gebot, sich niemals mit einem Mann zu streiten, wenn auch nur ihrem Ehegatten gegenüber, der es ihr nicht übelnahm. Im Gegenteil, Johann schien Elisabeths Meinung sehr zu schätzen, selbst wenn sie ihm nicht immer gefiel.
    Sinnierend blickte Luzia über den von Menschen und Lärm erfüllten Florinshof. Was also war sie in Wirklichkeit für Martin? Eine Gehilfin, gewiss. Vor einigen Tagen hatte er ihr sogar einen kleinen Beutel Münzen übergeben – ihr Anteil an den bisher verkauften Spezereien. Der Lohn, über den sie bis dahin nie gesprochen hatten. Sie dachte an Hillas gehässige Andeutungen und war froh, dass die Magd unrecht gehabt hatte. Martin war ein Ehrenmann. Sie begann ihn mehr und mehr zu schätzen – etwas, das sie noch vor kurzem nicht für möglich gehalten hätte. Vielleicht lag es einfach daran, dass sie ihn nun jeden Tag sah, manchmal mehrere Stunden neben ihm an dem Schragen stand, mit ihm sprach und ihm zusah. Sie begann, sich an ihn zu gewöhnen.
    «Ei der Daus, als Elisabeth mir erzählte, dass du jetzt Gewürze verkaufst, dachte ich, sie will sich einen Scherz erlauben. Und nun sieh sich einer das an!»
    Erschrocken fuhr Luzia herum, als sie die dunkle Stimme neben sich vernahm; doch sogleich ging ein Strahlen über ihr Gesicht. «Bruder Georg, Ihr seid es!» Sie kam hinter dem Schragen hervor und ging auf den großen, hageren Benediktiner zu. Unschlüssig blieb sie vor ihm stehen. Als er die Arme ausbreitete, umarmte sie ihn kurz, aber herzlich. «Ich wusste nicht, dass Ihr heute ankommen würdet.»
    Der Mönch lachte gutmütig. «Wer weiß schon, wie lange eine Reise dauert? Wir hatten gutes Wetter, aber ich musste ja diesen unverhofften Umweg über Münstermaifeld machen, um Jungfer Enneleyn abzuholen.»
    «Graf Johanns Tochter.»
    Rasch legte der Benediktiner einen Finger an die Lippen. «Noch ist es nicht offiziell, also sollten wir darüber Stillschweigen bewahren.» Er lächelte. «Das arme Dingelchen ist noch ganz verschreckt. Da wird Frau Elisabeth eine Weile beschäftigt sein, bis sie aus der Kleinen etwas gemacht hat. Nun, ist ja auch kein Wunder; Enneleyn ist schließlich die Tochter einer Schankmagd. An Schliff fehlt es ihr wie an allem anderen auch.» Er neigte den Kopf zur Seite und musterte Luzia wohlwollend. «Dir nicht ganz unähnlich, mein Kind. Nun, zumindest früher einmal. Man erkennt dich kaum wieder. Wenn Frau Elisabeth bei Enneleyn nur halb so erfolgreich ist, wird dem Mädchen einmal eine erfreuliche Zukunft winken.»
    Luzia wurde rot. «Ich wusste gar nicht, dass Ihr auch schmeicheln könnt, Bruder Georg.»
    «Schmeicheln, ich? Nichts liegt mir ferner. Ich sehe lediglich, dass du offenbar deinen Platz im Leben gefunden hast, mein Kind.»
    Luzia senkte den Kopf ein wenig. «Ich

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