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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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helfe hier nur für die Zeit des Jahrmarktes aus. Danach kehre ich wieder in meine alte Stellung zurück.»
    «Ist das so? Na, warten wir es ab. Ich habe dich eben eine Weile beobachtet. Du wirst es mir hoffentlich verzeihen, aber ich musste dem Laster der Neugier einfach nachgeben.» Der Mönch verschränkte die Hände in den Ärmeln seiner Kutte und ließ seinen Blick über den Verkaufsstand wandern, ehe er weitersprach. «Wenn man nicht weiß, dass du aus … anderen Verhältnissen stammst, könnte man meinen, du habest dein Leben lang nichts anderes getan, als Gewürze zu verkaufen. Wie hast du das nur so schnell gelernt?»
    Luzia hob den Kopf wieder und zuckte gleichzeitig die Achseln. «Es macht mir Freude. Ich beobachte, wie Herr Wied mit seinen Kunden umgeht, und bemühe mich, es ihm gleichzutun.»
    «Wo ist er?», fragte Bruder Georg und sah sich erneut um. «Ich dachte, ihn hier anzutreffen.»
    «Er ist mit Anton zu seinem Kontor gegangen, weil er heute eine Weinlieferung erwartet.»
    «Er hat deinen Bruder mitgenommen?»
    Luzia nickte. «Das tut er oft. Anton hilft ihm auch hin und wieder bei der Auslieferung von Waren.»
    «So nimmt er sich also die Sache mit dem Schwur zu Herzen?» Bruder Georg senkte die Stimme ein wenig. «Elisabeth hat mir bereits von der Kette erzählt. Zu gerne würde ich sie mir sogleich ansehen, aber hier auf dem Marktplatz ist das wohl nicht angebracht. Du trägst sie bei dir, nicht wahr?»
    «Ja, ich trage sie unter dem Kleid.» Luzia legte kurz ihre Hand auf die Stelle, an der sie das Kruzifix verbarg. «Es ist merkwürdig, Bruder Georg. Seit wir die drei Teile zusammengefügt haben, verhält das Kreuz sich ganz ruhig. Ich habe es auch schon einmal unter mein Kopfkissen gelegt, aber Träume hat es diesmal nicht heraufbeschworen.»
    «Das ist in der Tat seltsam», bestätigte der Benediktiner. «Lass es mich heute Abend einmal genau untersuchen. Nun will ich dich aber nicht weiter aufhalten. Dieser Knecht an deinem Stand schaut schon recht neugierig zu uns herüber. Ich denke, es ist besser, wenn ich mich jetzt wieder auf den Rückweg mache.»
    «Alban?» Luzia drehte sich kurz zu dem Knecht um. «Er passt auf die Waren auf – und wohl auch auf mich. Ich kann ja nicht gut allein hier stehen, nicht wahr?»
    Der Mönch lächelte. «Könntest du wohl. Aber du hast recht, für eine brave Jungfer geziemt es sich nicht. Sehr vorausschauend von Wied, dir einen Knecht zur Seite zu stellen. Richte ihm einen Gruß von mir aus, wenn du ihn siehst.»
    «Das werde ich gerne tun.»
    Bruder Georg nickte ihr noch einmal freundlich zu, dann wandte er sich ab und verschwand in der Menschenmenge.
    Rasch ging Luzia an ihren Platz hinter dem Schragen zurück. «Verzeih, Alban. Das war Bruder Georg, der Beichtvater meiner Herrin.»
    Alban hob die Schultern. «Schon gut, ich hab ja gar nichts gesagt.»
    «Aber du warst neugierig.» Luzia lächelte. «Ich habe Bruder Georg schon eine Weile nicht mehr gesehen. Er ist ein wenig brummig, aber ich habe ihn sehr gern.»
    «Für einen Pfaffen scheint er ganz in Ordnung zu sein.»
    «Für einen Pfaffen?» Mit leichter Empörung schüttelte Luzia den Kopf. «Bruder Georg ist ein herzensguter Mann, Alban. Er war immer sehr gütig zu mir. Auf ihn lasse ich nichts kommen.»
    «Hm, ich hab’s einfach nicht so mit den Pfaffen. Aber wenn Ihr sagt, er ist ein guter Mann, dann wird’s schon stimmen.» Damit schien für Alban das Thema erledigt zu sein. Er stellte sich wieder gut sichtbar neben dem Stand auf und stützte sich auf seinen langen Stecken, den er stets benutzte, um vorwitzige Gassenjungen oder mögliche Diebe von den Gewürzen fernzuhalten.
    Einmal mehr fragte Luzia sich, was es mit dem Knecht auf sich haben mochte. Er war ein kluger Mann und weit gebildeter, als es bei jemandem seines Standes gemeinhin üblich war. Er kannte sich im Kaufmannsgewerbe aus und wusste über die einzelnen Gewürze fast ebenso gut Bescheid wie sein Herr. Sie hatte schon erlebt, dass Martin den Knecht nach seiner Meinung fragte. Dennoch hatte er nicht Alban, sondern sie zu seiner Gehilfin gemacht und ihr in seiner Abwesenheit die Leitung über den Stand anvertraut. Einen guten Grund dafür musste es geben. An mangelndem Vertrauen konnte es nicht liegen; es stand außer Frage, dass Alban seinem Herrn treu ergeben war.
    Vielleicht würde sie dieses Rätsel eines Tages lösen, überlegte sie. Prüfend blickte sie sich auf dem Florinshof um. Weit sehen konnte sie nicht. Wie

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