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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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einfach den Platz nicht akzeptieren, den der Allmächtige ihnen zugedacht hat.» Sie tätschelte kurz Luzias Schulter und setzte sich dann ihr gegenüber an den Tisch. «Du hast schon ganz schönes Glück, Mädchen. Nicht viele Frauen haben solche Möglichkeiten wie du.» Sie schmunzelte. «Kannst du wirklich so gut rechnen, wie man hört? Dann ist es ja kein Wunder, dass der Kaufmann seinen Vorteil daraus zu ziehen versucht.» Rasch hob sie die Hand, bevor Luzia protestieren konnte. «Nichts für ungut, Mädchen, aber was wahr ist, bleibt wahr. Du hast doch von dieser Gehilfinnen-Sache weit weniger als er. Ganz unrecht hat Hilla übrigens nicht. Du solltest dich schon in acht nehmen. Wer weiß, was den Männern so alles in den Sinn kommt. Nicht dass er am Ende doch versucht, dich noch zu anderen Gefälligkeiten zu überreden.»
    Luzia kaute an ihrem Bissen Brot und schluckte ihn etwas zu hastig hinunter. «Ich kann auf mich aufpassen, Josefa.»
    «Das glaube ich gern. Ein scharfes Mundwerk hast du ja. Aber …»
    «Wie kommt Ihr nur alle darauf, dass Wied mir gegenüber …» – sie suchte nach Worten – «… unkeusche Gedanken hat?»
    Josefa lachte leise. «Mädchen, hast du dich schon einmal in einem Spiegel gesehen? Glaub mir, Wied dürfte nicht der einzige Mann sein, der bei deinem Anblick auf unkeusche Ideen kommt.»
    «Dazu gehören aber immer noch zwei.»
    «Da magst du recht haben.» Josefa schmunzelte. «Seine Brandnarben schrecken ab, nicht wahr?» Sie stand wieder auf und rückte ein paar Krüge im Küchenregal zurecht. «Fragt sich nur, ob diese abschreckende Wirkung lange anhält», murmelte sie gerade so laut, dass Luzia sie noch verstehen konnte.
    * * *
    «Was bin ich froh, dass alles so gut läuft», sagte Elisabeth später am Abend, nachdem Luzia sich zu ihr in die Stube gesetzt und eine Handarbeit aus dem stets gutgefüllten Korb genommen hatte. «Johann war ein bisschen besorgt um dich, aber das ist sicher unbegründet, nicht wahr? Sag, hast du schon selbst Gewürze verkauft? Wir sind ja noch gar nicht dazu gekommen, miteinander zu reden. Ständig diese Verpflichtungen. Morgen sind wir schon wieder bei der Familie von der Arken eingeladen. Natürlich müssen wir hingehen. Nichts ist wichtiger als gute Verbindungen zu den alteingesessenen Adelsfamilien. Jutta und Adele werden uns begleiten. Wir wollten heute schon bei dir am Stand vorbeischauen, haben es dann aber doch nicht geschafft.»
    «Ich habe gestern einige Gewürze verkauft und heute Nachmittag Mandeln und Rosenöl», berichtete Luzia. «Die meiste Zeit stehe ich mir die Beine in den Bauch. Es gibt nicht viele Leute, die sich teure Gewürze kaufen können. Ich frage mich schon, warum Herr Wied diesen Stand überhaupt aufstellt. Er hat doch seine Stammkunden, die er beliefert.»
    «Ich denke, das hat etwas damit zu tun, dass auch seine Konkurrenten Verkaufsschragen besitzen. Er muss sein Geschäft präsentieren und verhandelt auch gewiss mit den Fernhändlern, die zum Jahrmarkt kommen.»
    «Ja, wahrscheinlich.» Luzia blickte konzentriert auf die Stickerei in ihren Händen. «So recht klug werde ich nicht aus ihm.»
    Elisabeth hob den Kopf und ließ ihre Handarbeit sinken. «Wie meinst du das?»
    Luzia zögerte. Zu gut erinnerte sie sich noch an die Ereignisse des Vorabends, die sie mehr aufgewühlt hatten, als sie sich eingestehen wollte. Sie schämte sich, dass sie ihre Abscheu vor Martins Brandnarben nicht besser hatte verbergen können. Ganz fest hatte sie sich vorgenommen, dass sie sich von nun an besser zusammennehmen würde. Es hatte sie nicht wenig erstaunt, aber eben auch beschämt, als ihr klargeworden war, dass ihr Verhalten ihn verletzte. Nie wäre sie auf den Gedanken gekommen, dass dieser selbstbewusste und aalglatte Kaufmann sich ihre Abneigung zu Herzen nehmen könnte. Offenbar hatte sie ihn falsch eingeschätzt.
    Wenn sie einmal gerade nicht an seine Narben dachte, sondern sich auf das konzentrierte, was er sagte, genoss sie seine Gesellschaft sogar fast. Er war nicht nur klug, sondern hatte auch eine angenehme Art zu sprechen. Auch schien er sie gerne zu einem Disput zu provozieren. Sich mit ihm zu streiten machte ihr tatsächlich Spaß. Er durfte ihr nur nicht zu nahe kommen – oder sie ihm.
    «Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll», antwortete sie schließlich, denn Elisabeth erwartete eine Erwiderung von ihr. «Es ist schwer vorauszusehen, wie Herr Wied sich im nächsten Moment verhalten wird. Heute hat er

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