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Die Giftköchin

Die Giftköchin

Titel: Die Giftköchin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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rotem Lippenglanz.
    All dies nahm reichlich Zeit in Anspruch, zumal die Toilette unter ungewöhnlichen Bedingungen, nämlich mitten im Wald, gemacht wurde. Linnea mußte gefäh r lich nahe am Wasser hocken, um ihr Spiegelbild an der Oberfläche sehen zu können, doch am Ende war das Ergebnis zufriedenstellend, wenn nicht sogar ausg e zeichnet. Niemand hätte geglaubt, daß dies dieselbe Frau war, die man morgens gezwungen hatte, im dun k len Kuhstall ihres kleinen Häuschens ein Schwein au s zunehmen.
    Linnea Ravaska fand, man könne das Schminken aus gutem Grund mit militärischer Aufrüstung vergleichen. In den Winterkrieg zum Beispiel war Finnland in fast ungeschminktem Zustand gegangen, die Nation war wie eine gutgläubige Bauernmagd gewesen, die es in die Großstadt verschlägt, wo sie von den Männern ausg e nutzt wird und ihre Keuschheit verliert. Auf den Fortse t zungskrieg hingegen hatte sich die Maid Finnland schon fast allzusehr vorbereitet, hatte aber sich mit einer dicken Kriegsbemalung in grellen und aggressiven Fa r ben versehen. Das Fräulein hatte vergessen, sich zu waschen, und den Schweißgeruch mit dem stark parf ü mierten Puder deutscher Straßendirnen überdeckt. Bei der Rüstung ist es wie beim Schminken, die Nation muß genau wie eine Frau ein Gefühl für Stil haben, damit sie dann im Ernstfall nicht ihre Keuschheit oder ihre Una b hängigkeit verliert und nicht unnötig ihr Blut oder die bitteren Tränen der Enttäuschung vergießt.
    Als alles fertig war, packte Linnea Ravaska ihre T a sche und rief nach ihrer Katze. Dann ging sie zunächst auf demselben Weg zurück, bog aber bald in eine andere Richtung ab und ging tiefer in den Wald hinein. Nach einigen Minuten erreichte sie die Bahnstrecke. Die Katze lief auf einer der Schienen weiter, Linnea ging von Schwelle zu Schwelle, sie mußte lange Schritte machen, damit sie sich nicht mit dem Schotter die Schuhe ze r schrammte.
    Linnea fühlte sich nach langer Zeit wieder unb e schwert. Sie nahm an, es komme von dem Bad in der Quelle und ihrem gepflegten Äußeren. Sie hatte sich auf ihre eigene, weibliche Art für den Kampf gerüstet. Die alte Frau war dabei, ihr dringend benötigtes Selbstve r trauen, das ihr im Laufe der Jahre rücksichtslos zertr e ten worden war, wieder aufzubauen.
    Bald kam der verlassene Bahnhof von Harmisto in Sicht. Linnea passierte die hübschen Stationsgebäude und ging weiter zum Dorfladen, wo sie mit ihrem verä n derten Äußeren bei den anwesenden Kunden und beim Kaufmann einiges Aufsehen erregte. Sie bat, das Telefon im Hinterzimmer benutzen zu dürfen.
    Linnea Ravaska rief die Polizei an. Sie erzählte, sie l e be bereits seit Jahren unter einem unmenschlichen Terror, und heute habe sie sogar aus ihrem eigenen Heim in den Wald flüchten müssen. Auf dem Hof ihres kleinen Häuschens tobe eine Horde betrunkener Mä n ner, die sich bereits den zweiten Tag unverschämt und gewalttätig aufführten. Sie wünsche, daß die Polizei komme und die dreiköpfige Gruppe verhafte, anschli e ßend die notwendigen Untersuchungen einleite und die Gauner für ihre Übeltaten vor Gericht stelle.
    Der diensthabende Beamte beklagte den Mangel an Mitarbeitern. Wie dringlich sei denn der Fall? Sei j e mand mißhandelt worden? Gehöre die Geschichte nicht eigentlich in den Bereich des Zivilrechts, da es sich vielleicht nur um den allzu ausgelassenen, sommerl i chen Besuch des entfernten Verwandten und seiner Freunde handele? Hoffentlich bausche die Anruferin da auch nichts auf?
    Linnea erklärte, sie sei sicher, die Männer hätten sich auf jeden Fall der Trunkenheit am Steuer und mehrerer Diebstähle schuldig gemacht, sie hätten unter anderem ein Auto sowie ein Schwein widerrechtlich in ihren Besitz gebracht. Das Auto hätten sie ihren eigenen Worten zufolge demoliert und stehengelassen, das Schwein getötet. Außerdem hätten sie in ihrem, Linneas, Haus Schaden angerichtet und sie sogar gezwungen, ein gefälschtes Testament zu unterschreiben. Alle fraglichen Personen hätten mehrere Gefängnisstrafen hinter sich. Reiche das noch nicht?
    Der Diensthabende meinte darauf, heutzutage trieben sich zahlreiche solcher Jugendbanden herum, es gebe gar nicht genug Polizisten, um sie alle zu verfolgen. Aber er werde sein möglichstes tun.
    Nach Beendigung des Gesprächs berichtete er seinem Kollegen, wieder habe so ein hysterisches altes Weib angerufen. Ein junger Verwandter habe in Muttchens Sauna ein bißchen herumgesoffen, und schon habe

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