Die Giftköchin
dann beschloß er nachzusehen, ob Linnea noch beim Essen saß. Als er bemerkte, daß sie verschwunden war, wagte er sich zu Rahikainen und der jungen Frau an den Tisch und referierte über Limnologie. Rahikainen gefiel das nicht, und er befahl Jari, sich wegzuscheren. Die Männer gerieten in Streit, Sirkka Issakainen e r schrak und flüchtete in ihre Kabine. Darüber wurde Rahikainen noch wütender, und er packte Jari am Kragen. Jari gab dem Ölbohrer einen Tritt in die Le i stengegend, dieser stürzte, riß das Tischtuch, die Gläser und den ganzen Tisch mit sich, dann sprang er wieder auf und warf sich erneut auf seinen Gegner. Die Schl ä gerei erreichte ihren Höhepunkt. Zwei Wachmänner stürzten herein, sie schleiften die Streitenden aus dem Restaurant und geradewegs in den Arrestraum des Schiffes, sicherheitshalber in verschiedene Zellen.
Jari Fagerström trat wütend gegen die Stahltür, er rief, man habe ihn falsch behandelt, er sei schuldlos an der Schlägerei, doch niemand ließ ihn heraus. Aus dem Maschinenraum klang das Dröhnen der Schiffsdiesel herüber, irgendwo in der Ferne hörte er Rahikainens wilde Schreie. Verstimmt legte Jari Fagerström sich nieder. Von dieser stählernen Zelle aus konnte er u n möglich operieren. Linnea war wegen eines delirierenden Ölbohrers mit dem Leben davongekommen.
Die Psychologin Sirkka Issakainen erzählte Linnea Ravaska erschüttert von ihren Restauranterfahrungen mit raufenden Männern. Sie beklagte die schlimmen Manieren der jungen Finnen. Linnea ließ sich hinreißen, ihrer Reisegefährtin die eigenen Erfahrungen zu schi l dern. Sie habe genug Ärger gehabt mit ihrem alkohol i sierten, kriminellen Pflegesohn und dessen zwei rohen Kumpanen. Einer von ihnen sei jetzt tot.
Sirkka Issakainen konstatierte, daß es sich auf der Welt gut leben ließe, wenn die Männer nicht Säufer und Verrückte wären. Andererseits würde es dann Leuten wie ihr, den Psychologen also, an Arbeit mangeln.
19
Morgens in Stockholm war es trübe, aber warm. Nach den Zollformalitäten nahm sich Linnea Ravaska ein Taxi und bot Sirkka Issakainen an, mitzufahren; diese wollte noch am selben Tag mit dem Zug w eiterreisen. Linnea ließ sie am Zentralbahnhof absetzen und fuhr weiter zum Hotel »Reisen« am Ufer des Strömmen.
Leider war im guten alten »Reisen« das Serviceniveau seit 1957, als Linnea zuletzt dort logiert hatte, erheblich gesunken. Die alte Dame mußte ihren Koffer selbst ins Haus und an die Rezeption schleppen, kein Gedanke, daß der Taxifahrer oder ein Hotelpage geholfen hätte. Nun, sie kam mit ihrem Koffer gut zurecht, sie hatte in ihrem Häuschen volle Wassereimer schleppen müssen, aber eine solche Gleichgültigkeit des Personals hob natürlich nicht gerade die Urlaubsstimmung.
Die Angestellte am Empfangstresen war zwar höflich, aber furchtbar unbeholfen und begriffsstutzig. Als Li n nea sich nach dem Hotelvoucher erkundigte, der auf ihren Namen ausgestellt sei, war dieser partout nicht zu finden. Linnea wunderte sich über die Nachlässigkeit des Hauses und verkündete in etwas ungeduldigem Ton, sie wolle auf der Stelle ihr Zimmer haben. Es sei Sache des Hotels und des Finnischen Hortonomenverbandes, den verschwundenen Voucher aufzuspüren, nicht die ihre als alte, pensionierte Offizierswitwe. Die Hotelang e stellte bedauerte das Mißgeschick, sie suchte weiter nach dem Vorgang, konnte jedoch keine Klarheit scha f fen. Niemand habe für die Dame ein Zimmer reserviert, und somit sei auch kein Voucher und keine Schiffskarte für ihre Rückfahrt ans Hotel geschickt worden. Auße r dem sei das Haus voll belegt, man bedaure. Linnea zog den Brief aus der Handtasche, in dem ihr von der g e wonnenen Reise Mitteilung gemacht worden war. Sie übersetzte den Inhalt für die Hotelangestellte ins Schwedische, worauf deren Dickfelligkeit ein wenig schmolz. Für Linnea wurde ein Zimmer organisiert, und da kein gewöhnliches frei war, gab man ihr eine gerä u mige Suite, in der ihr außer dem Schlafzimmer noch ein Wohnzimmer und eine Sauna zur Verfügung stand.
Aus dem »Reisen« rief man umgehend beim Finn i schen Hortonomenverband an und berichtete von der Offizierswitwe, die hartnäckig Wohnrecht im Hause verlange; sie führe einen Brief mit sich, der von einem gewissen Toivo T. Phjala unterschrieben sei. Im Verband folgerte man, der Landwirtschaftsminister persönlich müsse seine Finger im Spiel haben, und versprach, Hotelrechnung und Schiffskarte der Frau per telefon i scher
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