Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
nickte. „Ich sehe auch keine Wachen am Tor. Vielleicht sind sie ja dabei, sich unsere Ale und Rumvorräte einzuverleiben.“
Luther kniff die Augen zusammen und lauschte. Ganz eindeutig drangen Geräusche aus der Burg, die auf diese Annahme schließen ließen. Betrunkene waren auf jeden Fall leichter zu überlisten, aber auch gefährlicher im Kampf, da sie Schmerzen nicht gleich wahrnahmen. Darum war sich Luther nicht sicher, ob das für sie im Moment ein Vorteil war.
„Dort ist der alte Ben“, bemerkte Pim einen alten Mann, der sich mühsam am Burgtor vorbeischleppte. „Ich hoffe, er weiß was er da tut. Wenn diese Halunken in der Burg wirklich betrunken sind, könnten sie sich ein Vergnügen daraus machen, ihn zu quälen.“
Der junge Mann war beunruhigt und verfolgte atemlos die schlurfenden Schritte, die den alten Mann nur langsam von der Burg wegführten. Dass keiner der Marodeure ihn bemerkte oder es für nötig hielt, die eben eroberte Burg zu bewachen, bestätigte Luther in seiner Annahme.
„Sie erwarten wirklich keinen Gegenangriff. Sie denken ganz offensichtlich nicht daran, dass irgendein Burgbewohner auch nur versuchen wird, hier noch einmal herzukommen.“
„Was erwartet Ihr, Sir Luther. Sie wissen, dass wir keine Armee haben, nicht einmal eine Handvoll Soldaten. Was sollen sie also fürchten?“, wandte Pim ein.
„Ein Krieger muss immer vorbereitet sein, ob die Gefahr unmittelbar vor ihm steht oder nicht. Wenn sie nicht nach diesem Prinzip handeln, macht es sie angreifbar“, erklärte Luther ruhig.
Für Pim hörte sich das gut an. „Dann können wir gegen sie gewinnen?“
„Wenn Ihr mit wir Euch und Eure Burgbewohner meint, dann nein“, dämpfte Luther Pims Hoffnung. „Hier braucht man eine kleine Armee, auch wenn es im Moment nicht danach aussieht. Aber keiner Eurer Leute ist für einen Kampf ausgebildet. Selbst wenn ihr es zusammen schafft, die Kerle aus der Burg zu werfen, seid ihr das Problem nicht los.“
„Wir haben aber keine Armee, wir haben nicht einmal eine Handvoll Soldaten, die uns unterstützen könnten“, bekannte Pim deprimiert.
Luther lächelte. „Ihr habt vielleicht keine ausgebildeten Leute, Pim, ich aber schon. Mir stehen die nötigen Männer zur Verfügung, mit denen ich hier aufräumen kann. Und ich habe auch die Leute, die dafür sorgen können, dass so etwas wie jetzt, nicht noch einmal vorkommt.“
Pim freute sich nicht wirklich über diese Mitteilung.
„Ihr wollt also mit Eurem Söldnertrupp unsere Burg befreien und sie dann übernehmen“, schlussfolgerte der junge Mann falsch. „Und Fiona? Beabsichtigt Ihr, ebenso wie diese Hunde, sie als Garantie zu behalten, dass man Euch die Burg nicht mehr abnehmen kann?“
Pim hatte das Gefühl, mit offenen Augen in eine Falle gelaufen zu sein. Sir Luther kannte ihr Versteck und wusste, wie wenig gewappnet sie gegen kampferprobte Männer waren, und das wollte er jetzt ganz offensichtlich ausnützen.
Er konnte Fiona keinen Vorwurf daraus machen, dass sie diesen Mann zu ihnen geführt hatte. Denn irgendjemanden musste sie ja vertrauen, um zumindest eine kleine Chance zu haben, ihr Heim wiederzubekommen. Dass ihnen niemand in absoluter Selbstlosigkeit helfen würde, hätten sie sich denken können.
„Ritter“, durchbrach Luther die Gedanken des jungen Mannes. „Ich bin ein Ritter und kein Söldner. Würdet Ihr Euch das bitte endlich merken. Und nein, ich will mir Eure Burg nicht aneignen oder, um das gleich klarzustellen, Eure Schwester.“
Luther war frustriert. Er hatte sich breitschlagen lassen zu helfen und wurde jetzt beschuldigt, er wolle einen Vorteil aus dieser Situation ziehen.
„Das hat sich vorhin aber noch ganz anders angehört“, erinnerte ihn Pim.
„Darf ich Euch erinnern, dass Ihr mit dieser Sache angefangen habt“, war Luther nun wirklich sauer. „Ich habe nur mitgespielt, um das Mädchen zu ärgern. Und nur zu Eurer Information, ich habe immer noch ihr Messer.“
Noch verwirrender hätte sich Luther nicht ausdrücken können.
„Ihr habt Fionas Messer? Wollt Ihr mich damit bedrohen?“
Luther strich sich ungehalten durch sein schulterlanges Haar. Diese Leute würden in noch vollkommen verrückt machen.
„Nein, ich will Euch nicht damit bedrohen“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Ich habe dem Mädchen nur versprochen, dass sie das Ding zurückbekommt, wenn ich jemals um sie werben sollte.“
Pims Gesichtsausdruck war ein großes dickes Fragezeichen.
Weitere Kostenlose Bücher