Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
Versuch, mein Freund“, hielt sich Ravenwood bedeckt. „Es muss Euch genügen, dass ich Euch ihre Kleidung beschreiben kann. Sie trug ein waldgrünes Kleid ohne Umhang, als ich sie zuletzt gesehen habe.“
Diese Ausdrucksweise machte Luther nervös, auch wenn die Farbe ihres Kleides passte, oder vielleicht gerade deshalb. „Warum sagt Ihr, als ich sie zuletzt gesehen habe ? Ich dachte, Ihr wisst, wo sie ist.“
Wie es aussah kam Ravenwood nicht weiter, wenn er versuchte die Sache auf diese Weise zu regeln. Aber er brauchte Luthers Unterschrift, um handeln zu können. Also überdachte er seine Position und bot Luther eine kleine Information an.
„Wenn ich Euch sage, dass mir Eure Schwester für den Abschluss dieses Vertrages Glück gewünscht hat, werdet Ihr mir das glauben?“
„Nicht einmal in Euren wildesten Träumen könnte so etwas passieren“, war sich Luther sicher.
„Nun, dann ist das wohl meiner Phantasie entsprungen.“ Ravenwood zuckte nur mit den Schultern. „Aber ich mache Euch einen Vorschlag, Gildal. Ihr könnt den Vertrag abändern. Wenn sich Eure Schwester innerhalb eines Jahres nicht freiwillig dazu bereit erklärt, mit mir vermählt zu werden, verzichte ich auf meinen Anspruch.“
Luther und seine Cousins blickten Ravenwood erstaunt an. Was schlug der Ritter da vor?
„Lasst mich das kurz überdenken, Ravenwood!“ Luther versuchte zu verstehen, was dieser Vorschlag bedeutete. „Gillian ist fortgelaufen, Ihr behauptet, dass Ihr sie gesehen habt und wisst, wo sie sich aufhält. Und damit - denkt Ihr - wäre Euer Anspruch auf meine Schwester schon erfüllt. Und jetzt schlagt Ihr mir ernsthaft vor, eine endgültige Entscheidung soll von Gillian getroffen werden?“
Ravenwood nickte. „Ihre Entscheidung, ohne Druck von ihrer Familie oder von meiner Seite!“
„Und das ist alles?“, wunderte sich Gerald.
„Nicht ganz“, schränkte der Ritter ein. „Sie bleibt da, wo sie gerade ist, und sie muss mir Ihre Entscheidung von Angesicht zu Angesicht mitteilen!“
Reginald fand das lächerlich. Er kannte seine Cousine, die nicht leicht von etwas zu überzeugen war, wenn sie bereits eine Entscheidung getroffen hatte.
„Dann macht Euch auf ein Nein gefasst!“
„Das glaube ich nicht, schließlich habe ich ein ganzes Jahr Zeit, sie zu überzeugen!“
„Was?“ Luthers fand das gar nicht witzig.
„Da Gillian bei mir ist, habe ich ein ganzes Jahr Zeit, um sie für mich zu gewinnen!“
Auf diese Aussage reagierte Luther so, wie es nicht anders zu erwarten war. Seine Faust landete mitten in Ravenwoods Gesicht und würde dort ein hübsches blaues Auge hinterlassen.
* * *
Caleb hatte die Burg fast erreicht, auch wenn er den Weg im Dunklen nur im Schritttempo bewältigen konnte. Aber zumindest war es noch vor Mitternacht, und so würde er in dieser Nacht mehr Schlaf bekommen als in der letzten, ehe er sich erneut gegen fliegendes Geschirr zur Wehr setzen müsste.
Obwohl ihm nicht so klar war, wo er sich heute Nacht schlafen legen sollte, war es für ihn selbstverständlich, Gillian weiterhin seine Kammer zu überlassen. Vielleicht sollte er ja einfach in einer der leeren Pferdeboxen übernachten. Sicher waren die wesentlich bequemer als die seit Jahren vernachlässigten Zimmer in der Burg.
Aber als Caleb schließlich Luzifer abgesattelt und versorgt hatte, konnte er einer Nacht im Stall nichts mehr abgewinnen. Also betrat er die Burg durch eine Seitentür und holte sich auf seinem Weg in die Wohnhalle einen Krug Met aus der Küche. Damit wollte er sich vor den Kamin setzen und seinen Tag noch einmal überdenken.
Die Wohnhalle war fast ganz dunkel und das Feuer im Kamin bis auf ein kleines Häufchen Glut heruntergebrannt. Caleb hoffte, dass wenigstens noch Holz neben dem Kamin gestapelt war, wenn schon keine der Kerzen mehr brannte, die ihm in der Dunkelheit den Weg weisen sollten. Denn er hatte keine Lust, für mehr Licht und Wärme noch einmal in den Hof zu gehen. In der Nähe der Feuerstelle fand sich jedoch nicht nur Brennmaterial zum Nachfeuern, sondern auch ein schlafendes Mädchen.
Was mochte Gillian dazu bewogen haben, nicht nach oben ins Bett zu gehen? Hatte sie den Aufstieg nicht geschafft? Caleb macht sich Vorwürfe. Er hätte das Mädchen nicht alleine lassen sollen. Nicht nachdem sie in der vergangenen Nacht mit Fieber zu kämpfen gehabt hatte. Was, wenn dieses Fieber noch nicht ganz überstanden war und wiedergekommen war?
Vorsichtig beugte sich Caleb zu Gillian
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