Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
hinunter und legte seine große Hand an ihre Wange. Sie war zwar warm, aber Caleb hoffte, dass diese Wärme nicht vom Fieber sondern nur vom Feuer herrührte, da sie dem genau gegenüber auf einem Fell auf dem Boden lag.
Gut, diese Sorge schien nicht berechtigt zu sein. Aber wie er leider schnell erkannte, war da doch noch ein anderes Problem, das ihm die Anwesenheit des Mädchens hier in der Halle bereitete. Sollte er sie nach oben tragen?
Eine Frage, über die er nicht lange nachdenken musste. Er würde Gillian nicht noch einmal in einem Zustand herumtragen, in dem sie nicht reagieren konnte. Schließlich war er kein Packesel und sie ganz offensichtlich nicht mehr schwer krank.
Also konnte sie genauso gut auch hier vor dem Feuer schlafen. Er musste nur dafür sorgen, dass sie es warm genug hatte. Und mit dem Holz neben dem Kamin und einigen weiteren Fellen von der Bank, mit denen er sie zudecken konnte, war das keine große Sache.
Der Plan hätte auch ganz gut funktioniert, wenn Caleb nicht von der letzten Nacht, dem langen Ritt heute und der bereits fortgeschrittenen Stunde beeinträchtigt gewesen wäre. Denn die Wärme, die das Feuer des Kamins ausstrahlte, wirkte schnell einschläfernd.
* * *
Etwas schlug auf Caleb ei -, oder besser gesagt - jemand. Das war nicht unbedingt die Methode, die Caleb bevorzugte, um geweckt zu werden. Aber sie hatte zumindest Erfolg. Durchschlagenden Erfolg, wenn man Wortspiele mochte.
„Seid Ihr von allen guten Geistern verlassen?“, protestierte Caleb und versuchte sich außer Reichweite zu bringen. „Hört auf damit!“
„Wie könnt Ihr es wagen, auch nur einen Finger auf mich zu legen?“, keifte Gillian zurück und versuchte erneut, Caleb ein Fell um die Ohren zu schlagen.
Der wehrte mit seinem Unterarm die Schläge ab und versuchte, sich verbal gegen diese Attacke zu wehren. „Wie käme ich dazu, einen Finger auf Euch zu legen?“
„Weil Ihr ein Wüstling seid?“, schlug Gillian vor.
„Bis Ihr auf mich eingeprügelt habt, habe ich tief und fest geschlafen!“, protestierte Caleb gegen diese Vorwürfe.
„Mit dem Arm um meine Taille“, wurde er zwischen zwei weiteren Schlägen mit dem Fell informiert.
Diesen Vorwurf wollte Caleb weit von sich weisen, doch er war sich selbst nicht sicher, wie genau er die letzte Nacht verbracht hatte. Immerhin war es ziemlich spät gewesen, als er zurück zur Burg gekommen war. Da hatten alle anderen außer dem Torwärter schon längst geschlafen, einschließlich seines ungebetenen Gastes.
Nur dass dieser Gast zu diesem Zweck kein Bett benutzt hatte, sondern auf den Fellen vor dem Kamin lag. Seine Entscheidung, das Mädchen dort schlafen zu lassen und nicht hinauf in seine Kammer zu tragen, war ganz offensichtlich ein wenig schief gelaufen.
Natürlich war das nur bedingt seine Schuld. Denn er konnte sie ja schlecht wie einen Hund vor dem verglimmenden Feuer weiterschlafen lassen. Deshalb hatte er sich in ihrer Nähe auf den Boden gesetzt, das Feuer mit Holzscheiten gefüttert, damit es nicht ausging, und ein wenig Met getrunken, den er sich vorher schon aus der Küche geholt hatte.
Dass die Wärme des Feuers ihn dann irgendwann eingeschläfert hatte, das war nur allzu verständlich. Dass er sich im Schlaf dem Mädchen genähert hatte, nicht. Ein Ritter sollte seine Taten immer kontrollieren können, auch im Schlaf! Deshalb ließ Caleb seinen Arm sinken und nahm die nächsten Schläge, die ihn trafen, einfach hin. Wenn er sich so danebenbenommen hatte, musste er auch die Strafe dafür ertragen können.
Das Fehlen weiterer Abwehr brachte Gillians Angriffe schneller zu einem Ende als jeglicher Protest dagegen. Und jetzt sah sie Caleb auch zum ersten Mal, seit sie aufgewacht war, richtig an.
Die linke Seite seines Gesichts war angeschwollen und schillerte in den schönsten Regenbogenfarben. Außer seinem Auge, das nur dunkelblau umrandet war. Er wirkte, als wäre er in eine handfeste Prügelei geraten. Und so wie Gillian ihn angegriffen hatte, war auch klar, wo sein verunstaltetes Äußeres herrührte.
Gillian hatte nicht gewusst, was sie mit ihrer Tat anrichten würde. Jetzt das Ergebnis ihrer handfesten Empörung zu sehen, das war erschreckend. Sie hatte gar nicht so viel Kraft in diesen Angriff investieren wollen, dass sie jemanden dabei ernsthaft verletzen würde. Aber diese Überlegung kam bereits zu spät.
Gillian ließ ihre weiche Schlagwaffe ungeachtet auf den Boden fallen, wo sie sie auch her hatte, und blickte
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