Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
tragisch.“
Auch wenn Gillian sich sicher war, dass an diesem Bericht über Calebs Vorfahren nicht alles stimmte, gelang es ihr nicht, das beklemmende Gefühl abzuschütteln. In dieser Nacht träumte sie von einem Mädchen, das sich wehrte, weil sie ihrem Heim entrissen wurde. Und als Gillian mitten in der Nacht erwachte, war das wegen ihrer eigenen Tränen. Ihr Schluchzen veranlasste Brutus laut zu jaulen, was sich zusammen mit ihrem Weinen zu einem richtigen Heulkonzert auswuchs.
Dass Caleb schon fast panisch in Gillians Zimmer stürzte, machte das Trauerszenario komplett. Brutus zur Seite schiebend setzte sich Caleb an Gillians Bettrand. Er wischte ihr vorsichtig die Tränen aus dem Gesicht und versuchte sie zu beruhigen.
„Nicht weinen, kleine Gillian, alles ist gut! Niemand tut Euch hier etwas!“
„Er hat ihr doch nicht wehgetan?“, schluchzte das Mädchen. „Euer Vorfahre hat Gabi doch nicht wehgetan?“, suchte sie nach etwas, was positiv an Calebs Geschichte sein könnte.
Caleb zog Gillian an seine Brust und streichelte ihr beruhigend übers Haar. „Nein, er hat ihr nicht wehgetan. Er hat sie geliebt und sie hat ihn geliebt. Und sie haben den falschen Bräutigam, der diese Liebe zerstören wollte, zur Hölle geschickt!“, veränderte er seine Geschichte zu einem guten Ende.
„Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage?“, schniefte Gillian an Calebs Schulter.
„Das taten sie, kleine Gillian, das taten sie!“
* * *
Obwohl es in diesem Winter viel Schnee gab und Gillians und Brutus‘ Ausflüge sie nur in den Burghof führten, fühlte sich das Mädchen vollkommen glücklich. Denn die Abende mit Caleb waren immer sehr unterhaltsam.
Nachdem die tragische Liebesgeschichte seines Vorfahren Gillian so verstört hatte, erfand Caleb für die beiden ein Leben in Liebe und Harmonie. Mit so vielen Nachkommen, dass Gillian ihm schließlich kein Wort mehr glaubte.
Zur Vorweihnachtszeit wurde Gillian ein wenig melancholisch. Sie vermisste ihre Familie, die wetterbedingt jetzt viel Zeit zu Hause verbringen würde. Und auch wenn Caleb versuchte das auszugleichen, war ihr doch manches Mal nach anderer Gesellschaft. Und Dexter war dafür der richtige Ausgleich, da er sie mit seiner Art stark an ihre Cousins Gerald und Reginald erinnerte. Also nahm Gillian die Gelegenheit wahr, Dexter im Stall zu besuchen, als Caleb auf der Jagd war.
„Ach du liebes bisschen“, stöhnte Dexter, als ihm Brutus unvermittelt vor die Füße lief. „Bist du immer noch nicht gewachsen, du kleine Flohfalle?“
Gillian, die hinter ihrem kleinen Liebling den Stall betrat, lachte angesichts Dexters ungläubiger Worte.
„Ich glaube, Brutus will nicht erwachsen werden“, teilte sie Dexter ihre Vermutung mit. „Er ist fast noch genauso groß wie damals, als Caleb ihn gefunden hat.“
Der Stallbursche sah sie an und zog eine Augenbraue nach oben. „Gefunden, Gilly?“
Gillian beobachtete Brutus, der an den Fesseln eines Pferdes schnupperte und schüttelte dabei den Kopf. „Ich vergaß, dass das eine Lüge war.“
„Ganz genau! Man findet keine Hundebabys im Wald! So schlau hättest du auch alleine sein können, Gilly!“
Gillian nickte nachdenklich. Das hätte ihr wirklich von alleine auffallen können. Ein im Wald gefundenes Hundebaby war kompletter Blödsinn. Sie sollte wirklich damit aufhören, immer alles für bare Münze zu nehmen, was man ihr erzählte.
„Wie kommst du gerade jetzt wieder darauf?“, wunderte sich Gillian.
„Nun, dein kleiner Liebling ist nur hier, damit du dich glücklich fühlst. Das dürfte dir eigentlich etwas sagen.“
Dexter überraschte sie immer mit den seltsamsten Dingen, wenn sie eigentlich nur mal kurz Hallo sagen wollte. Und da sie schon einmal hier war, verblüffte er sie mit weiteren Dingen, die ihr noch nicht in den Sinn gekommen waren.
„Was ist jetzt eigentlich mit dir und dem Baron? Gibt es für euch ein bis ans Ende aller Tage ?“
Gillian wurde rot. Sie wusste zwar was Dexter meinte, konnte aber keinen Grund sehen, warum er aus heiterem Himmel so eine Frage stellte.
„Ich weiß nicht, was du meinst“, versuchte sie die Frage von sich zu schieben.
„Ach du liebe Güte“, stöhnte ihr Freund und schüttelte den Kopf. „Ihr seid immer noch nicht weiter?“
Was für eine seltsame Frage. Und das war noch nicht einmal seltsam genug, denn Dexter kam direkt auf Gillian zu und stellte sich breitbeinig vor sie hin.
„Sag mir, wie dich der Baron ansieht!“, befahl
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