Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
Dexter, um sie zu zwingen, den Tatsachen ins Auge zu blicken.
Gillian wand sich, die Frage war ihr unangenehm. Sie wollte nicht darüber nachdenken, wie Caleb sie ansah. Sie wollte die liebevolle Wärme in seinem Blick nicht anders deuten als als Freundlichkeit.
Aber auf ihrem Gesicht musste sich genügend abgespielt haben, woraus Dexter seine Schlüsse ziehen konnte. Jedenfalls sah er seine Frage als beantwortet an.
„Wie siehst du ihn an?“, fragte er mit ganz sanfter Stimme weiter.
Diese Frage ließ Gillian sich fast ein bisschen schuldig fühlen, und auch das konnte Dexter in ihrem Gesicht erkennen.
„Oh, so schlimm?“ Der Stallbursche war hoch zufrieden und grinste.
Aber diese Zufriedenheit wurde von einem fuchsteufelswilden Caleb jäh gestört, denn er kam in den Stall gepoltert wie eine Horde Barbaren.
„Raus!“, donnerte Caleb und hatte seinen Zorn kaum noch unter Kontrolle.
Mit raus hatte er allerdings Gillian gemeint, weil er trotz seines Zorns nicht wollte, dass sie sah, wie er Dexter auseinandernahm. Aber anstelle des Mädchens, verließ Dexter das Stallgebäude, ehe Caleb das Missverständnis aufklären konnte. Und somit stand er unversehens einer vollkommen eingeschüchterten Gillian gegenüber. Die sah ihn an, als hätte er sich in ein Monster verwandelt.
Und irgendwie hatte er sich ja auch in ein Monster verwandelt. Er hatte vor lauter Eifersucht die Beherrschung verloren. Nur Gillian mit Dexter zusammen zu sehen, hatte ausgereicht, um keinen vernünftigen Gedanken mehr fassen zu können. Denn es riss ihm das Herz in Fetzen, wie das Mädchen den jungen Mann angesehen hatte. Nämlich so, wie er wollte, dass sie ihn ansah.
Aber ganz egal wie sehr sie sein Herz marterte, er würde Gillian nie auch nur ein Haar krümmen. Wusste sie denn nicht, dass sie ihm ein Schwert in die Brust rammen könnte, ohne dass er sich dagegen wehren würde? Vielleicht würde er in seinem Schmerz die ganze Welt vernichten, aber niemals Gillian, das Mädchen, das er liebte seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte.
„Geht ins Haus, Gillian!“
Caleb hatte sich abgewandt und ließ seine Schultern hängen. Er konnte es nicht ertragen zu sehen, wie Angst sich in ihrem Blick spiegelte. Das hatte er nicht gewollt. Er hatte nicht gewollt, dass sie die Bestie in ihm sah. Die Bestie, zu der er wurde, wenn man sein Herz in Stücke riss.
Jetzt hatte er seine Chance, sie mit Freundlichkeit und Fürsorge an sich zu binden, verspielt. Seine Schuld, es war ganz alleine seine Schuld, diese Chance vertan zu haben.
„Caleb?“ Ein ängstliches Flüstern wehte wie ein Hauch an sein Ohr.
„Geht ins Haus, Gillian!“
Die Aufforderung klang genauso besiegt wie beim ersten Mal. Und Gillian war zu verwirrt, um Calebs Verhalten verstehen zu können. Ein letzter Blick auf den Mann, der mit hängenden Schultern mitten im Stall stand, und sie floh geradezu in ihre Kammer, wo sie sich einsperrte.
Gillian verbarrikadierte sich fast zwei Tage in ihrem Zimmer, dann hatte sie sich so weit gefasst, dass sie Caleb gegenübertreten konnte. Sie hatte das, was im Stall passiert war, immer und immer wieder durchgespielt, hatte versucht dahinterzukommen, was Calebs Ausbruch zu bedeuten hatte.
Er war rasend vor Wut gewesen, so wie ein verwundetes Tier. Gillian hatte nur einmal eine vergleichbare Reaktion bei jemandem gesehen: bei Luther, vor zwei Jahren, als der seine Braut nur wenige Tage vor der Hochzeit durch einen Überfall verlor.
Und Caleb? Was hatte ihn dazu gebracht, so außer sich zu geraten? Was hatte er sich gedacht, als er sie im Stall vorgefunden hatte? Was war der Grund dafür, dass er nur noch um sich schlagen wollte?
Konnte es sein, dass dafür alleine die Tatsache ausreichte, sie und Dexter in einem Raum zusammen zu sehen? Hatte ihn das so verletzt? War es wirklich möglich, dass er dachte, sie und der Stallbursche wären mehr als nur gute Freunde?
Sie war nicht verliebt in Dexter! Sie war gar nicht verliebt, wenigstens glaubte sie das. Wenn man verliebt war, dann wollte man den ganzen Tag singen und tanzen vor Glück und nicht weinen. Wenn man verliebt war, wollte man mit dem anderen jede freie Minute verbringen und nicht aus seiner Gegenwart fliehen und sich in seinem Zimmer verstecken. Wenn man verliebt war, dann konnte man es nicht ertragen, wenn der andere einen nicht mehr ansehen wollte. Wenn man verliebt war..., dann tat man die widersprüchlichsten Dinge, nur um nicht verletzt zu werden.
Gillian fürchtete sich
Weitere Kostenlose Bücher