Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
auch schon mit voller Wucht seine Faust ins Gesicht schlug.
„Sprecht nie wieder so von unserer Schwester oder wir bereiten Euch einen langsamen und qualvollen Tod!“
Thad und Theo mussten ihren ältesten Bruder zurückhalten, sonst hätte der sich nicht mehr beherrschen können. Und Thad lieferte auch gleich eine Erklärung für Luthers Ausbruch.
„Wir fanden schnell heraus, wo Ihr Gilly hingebracht hattet, Ravenwood. Und zwei von uns hielten sich immer in der Nähe auf, um Gillians Flucht zu unterstützen, falls sie das vorgehabt hätte. Glaubt Ihr denn, Ihr hättet sonst überlebt mit diesem Pfeil im Rücken?“
Erleichterung breitete sich in Caleb aus. Erleichterung darüber, dass Gillian nicht unter den Angreifern hatte leiden müssen.
„Wenn sie nicht verletzt wurde, warum - denkt Ihr - ist sie in diesem Zustand völliger Hoffnungslosigkeit?“
„Das dürfte sogar für Euch nicht schwer zu erraten sein, Ravenwood“, spie ihm Luther entgegen. „Schließlich war sie monatelang Eure Gefangene!“
„Wenn Ihr das denkt, solltet Ihr vielleicht einmal Eure Schwester fragen, wie sie zu mir steht, Gildal!“
„Ihr seid ihr bestenfalls gleichgültig, Ravenwood!“
„Ravenwood vielleicht“, gab Caleb zu. „Aber nicht ich, nicht Caleb!“
Thad machte diese Aussage nachdenklich. Auch wenn er wenig von Gillians Zustand mitbekommen hatte, da er ja versucht hatte, Ravenwood wieder auf die Beine zu bringen, war ihm doch dessen seltsame Reaktion noch gut in Erinnerung.
„Ich würde zu gerne sehen, was passiert, wenn Gilly diesen Schweinehund trifft“, erklärte Thomas. „Vielleicht sollten wir ihn ja zu ihr bringen, ihn festhalten und ihr ein schönes scharfes Messer geben. Schlitzt sie ihn auf, dann haben wir unsere Antwort.“
„Kommt ja gar nicht in Frage“, weigerte sich Luther. „Wir sollten ihn lieber mit ein bisschen Gewalt davon überzeugen, endlich zu gehen und Gillian in Ruhe zu lassen!“
„Was ist, wenn das, was Ravenwood gesagt hat, stimmt?“ Thad wollte auch diese Möglichkeit nicht außer Acht lassen. „Und was wäre, wenn er uns noch ein paar Details darüber erzählt, was er diese ganzen Monate über mit Gillian gemacht hat?“
„Was glaubt Ihr denn?“, zischte Ravenwood die Brüder an, die ihn feindselig anstarrten. „Dass ich sie in mein Bett gezwungen habe?“
Die Möglichkeit alleine ließ Mordlust in den Augen der Männer aufblitzen. Aber das störte Ravenwood nicht weiter. Hätte er es wirklich getan, dann hätte er mit keiner anderen Reaktion gerechnet.
„Ich habe ihr Zeit gegeben, mich zu mögen, sich in meiner Gesellschaft wohl zu fühlen und erwachsen zu werden. Ich habe ihr Zeit gegeben, sich in mich zu verlieben!“
Die sanften ruhigen Worte überzeugten nicht alle Brüder.
„Und das sollen wir glauben?“ Luther blieb skeptisch.
„Ihr könnt es jederzeit überprüfen, fragt Gillian!“
Theo, der losgeschickt wurde, um genau das zu tun, kam aber mit leeren Händen zurück. Das Mädchen war - wie schon einmal - einfach aus der Festung verschwunden. Nur dass dieses Mal ihr kleiner Gefährte bei ihr war.
9
Der Wald war klar an diesem Nachmittag, und die silbernen Blätter funkelten im leichten Wind mit der Sonne um die Wette. Brutus hüpfte Gillian vor den Füßen herum und war mehr eine Last als eine Hilfe. Aber seine Gesellschaft tat Gillian gut, und seit Wochen fühlte sie nun wieder so etwas wie Zuversicht.
Caleb war nicht gestorben, er lebte! Sie musste zu ihm gehen, sich selbst davon überzeugen, nur dann konnte sie es wirklich glauben. Vielleicht war sie ein wenig überstürzt aufgebrochen, aber das war ihr egal. Wenn Caleb seinen Weg zur Burg hatte finden können, dann konnte sie das auch! Selbst wenn sie Tage dafür brauchen würde.
Gillian glaubte nicht, dass man zu Hause ihr Verschwinden schon bemerkt hatte. Und wenn, dann würde sie sicher keiner im Wald vermuten. Warum auch sollten ihre Brüder annehmen, sie wäre erneut hierher gelaufen? Sie wussten schließlich nichts von Caleb, und sie wussten nichts von Calebs Burg.
Nein, hier würde sie keiner suchen und wenn doch, dann würde sie sich einfach nicht finden lassen!
Brutus schnüffelte ganz aufgeregt an einem Baum und bellte zwei Mal, um Gillians Aufmerksamkeit zu erlangen. Dann folgte er einer Spur, der er scheinbar nicht widerstehen konnte.
„Brutus!“, rief Gillian nach ihm. „Du sollst keine Hasen jagen, du Schlingel!“, mahnte sie ihn. Musste ihm aber folgen, da
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