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Die Gilde der Diebe

Titel: Die Gilde der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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aus ihren Drogenträumen gerissen wurden. Zwar war der Feuerschlucker ein erstklassiger Gegner, aber die Luft verschlechterte seine Reflexe, und er hatte es mit einer aufgebrachten Bestie zu tun, die im Kampf erst richtig aufblühte. Correlli hatte bereits eine tiefe Wunde am rechten Arm.
    »Nein!«, rief Raquella und zog Jonathan am Ärmel. »Da lang!«
    Er sah sich um und blinzelte verwirrt. Eine Tür hatte sich aufgetan, und ein großer Chinese mit hochgekrempelten Ärmeln und einem finsteren Blick steuerte auf sie zu. Eine Drachentätowierung erstreckte sich von seinem Nacken bis zu seinem rasierten Schädel hinauf. Er baute sich vor den beiden auf und ließ laut seine Knöchel knacken.
    »Dies ist mein Club. Ihr seid hier nicht willkommen«, sprach er mit tiefer Stimme. »Ihr werdet jetzt gehen.«
    Bevor Jonathan etwas erwidern konnte, wurde er an seinem Hemd gepackt und hoch in die Luft gehoben. Alles drehte sich und sein Magen verkrampfte sich.
    »Lass ihn runter!«, schrie Raquella.
    Sie verpasste dem Angreifer einen kräftigen Tritt in die Kniekehle, aber der Mann verzog keine Miene. Er warf Jonathan locker auf eines der Sofas und wandte sich dann wieder dem Dienstmädchen zu.
    »Das war eine ganz schlechte Idee«, brummte der Chinese. »Hat beinahe wehgetan.«
    Jonathan hätte am liebsten die Augen geschlossen und geschlafen, bis die Schmerzen, der Schwindel und die Übelkeit sich gelegt hatten, aber eine Stimme in seinem Kopf schrie ihn an aufzustehen. Er rappelte sich auf und warf sich gegen den Rücken des Mannes, aber es war, als liefe er gegen eine Ziegelmauer. Jonathan prallte einfach von ihm ab und zum zweiten Mal innerhalb einer Minute presste es ihm die Luft aus den Lungen. Er versuchte, den Nebel in seinem Kopf zu lichten, und sah, wie sich der Mann über ihn beugte und die Hand zu einer Faust ballte.
    Jonathan schloss die Augen und wartete darauf, dass ihn die Dunkelheit umfangen würde. Stattdessen hörte er ein lautes Krachen und den dumpfen Aufschlag eines schweren Gewichts auf dem Boden. Er öffnete vorsichtig ein Auge. Raquella stand neben dem leblosen Körper des Chinesen und hielt die Reste einer zerbrochenen Vase in ihren Händen. Als sie Jonathans entsetzten Gesichtsausdruck sah, zuckte sie mit den Schultern.
    »Du sahst so aus, als könntest du Hilfe gebrauchen. Ich hatte gerade nichts anderes zur Hand.«
    »Danke«, flüsterte Jonathan und rieb sich müde die Augen. »Obwohl ich alles unter Kontrolle hatte.«
    Ein lautes Knurren ließ die beiden herumwirbeln. Die Bestie hatte ihren Kampf mit Correlli gewonnen, und der Söldner lag bewusstlos am Boden. An der Schläfe hatte er eine hässliche Beule. Die Bestieholte mit einer Klaue aus und wollte abermals zuschlagen.
    »Carnegie, nein!«, schrie Jonathan.
    Die Bestie hielt inne. Ein Paar schwarze, erbarmungslose Augen starrte den Jungen abschätzend an.
    »Wir brauchen ihn, schon vergessen? Wenn du ihn umbringst, kommen wir nie an den Stein!«
    Er wusste, dass im Kopf der Bestie der verbliebene Funke von Elias Carnegies Bewusstsein einsah, dass er recht hatte. Aber die zwei Seelen in der Brust des Wermenschen rangen stetig miteinander um die Kontrolle, und man konnte sich nie sicher sein, welche die Oberhand behielt. Die Bestie stieß Correlli zur Seite und hob die Pranke. Entsetzt beobachtete Jonathan, wie sie anfing, mit sich selber zu kämpfen, sich selber ins Gesicht zu schlagen, an ihrem eigenen Fell zu reißen und nach Luft zu schnappen. Raquella machte Anstalten, auf Carnegie zuzugehen, doch Jonathan versperrte ihr den Weg.
    »Wir müssen was unternehmen!«, flehte sie. »Er wird sich selber umbringen.«
    »Wir können nichts für ihn tun«, erwiderte Jonathan finster.
    Schließlich fing die Bestie an zu zittern und ließ die Arme sinken. Die mächtigen Schultern schrumpften, das Fell zog sich zurück, bis es schließlich wieder Carnegie war, der sich schwer schnaufend auf dem Boden krümmte. Sein Gesicht blutete aus den Wunden, die er sich selbst zugefügt hatte.
    »Das«, grollte er, »war knapp.«
    »Alles in Ordnung?«
    »Mir geht’s prima, Junge. Und jetzt schnapp ihn dir und lass uns aus diesem Höllenloch verschwinden.«
    Sie zerrten Correlli an den Füßen aus dem »Tintenfisch-Club«, die Treppe hinunter und hinaus in das helle Sonnenlicht. Die frische Luft traf Jonathan wie ein Vorschlaghammer. Er ließ den Feuerschlucker los, beugte sich über eine Mauer und übergab sich. Als er sich den Mund mit dem Ärmel abwischte,

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