Die Gilde der Schwarzen Magier - Die Novizin - The Magician's Guild 2: The Novice
stellte fest, dass sie einen Teil des Textes kannte. Sie fand nichts Ungewöhnliches, was das Lesezeichen erklärt hätte. Achselzuckend legte sie es wieder in das Buch.
Dann stockte ihr plötzlich der Atem. Auf dem Papierstreifen waren drei winzige, von Hand gezeichnete Karten der Universität zu sehen - eine für jedes Stockwerk. Auf anderen Karten waren die Mauern dicke Linien, auf dieser jedoch waren sie hohl, und es waren Türen eingezeichnet, wo sich ihres Wissens keine befanden. Innerhalb der Mauern fanden sich außerdem rätselhafte kleine Kreuze. Die dritte Karte, die das Erdgeschoss darstellte, zeigte ein Spinnennetz von Tunneln außerhalb der Universitätsmauern.
Sie hatte sie gefunden! Eine Karte von den Tunneln unter der Universität. Oder genauer gesagt, eine Karte von Tunneln und echten Geheimgängen, die sich durch die ganze Universität zogen.
Die Karte in der Hand trat sie von dem Schrank zurück. Sollte sie sie mitnehmen, oder würde irgendjemand ihr Verschwinden bemerken? Vielleicht konnte sie sie kopieren. Wie viel Zeit blieb ihr noch? Konnte sie sich die Zeichnungen einprägen?
Bei genauerem Hinsehen bemerkte sie nun ein kleines Symbol auf einer der inneren Mauern neben der Magierbibliothek. Dann wurde ihr klar, dass dies die Wand war, vor der sie gerade stand, und das Symbol war genau an der Stelle, an der …
Sonea drehte sich um und starrte das Gemälde an, das hinter dem Schrank hing. Warum hängte man ein Gemälde hinter einen Schrank? Sonea griff nach dem Rahmen, hob ihn an und schnappte nach Luft.
In der Wand hinter dem Bild befand sich ein rechteckiges Loch. Als sie hindurchspähte, konnte sie im Licht, das durch die Öffnung fiel, die gegenüberliegende steinerne Mauer erkennen.
Hastig ließ sie das Gemälde wieder sinken. Ihr Herz hämmerte. Dies war kein Zufall. Wer immer diese Öffnung angebracht hatte, hatte es getan, um den Schrank erreichen zu können.
Es könnte bereits vor Jahrhunderten geschehen sein. Oder es war erst vor kurzer Zeit geschehen. Als sie sich die Karte noch einmal ansah, wurde ihr klar, dass sie sich unmöglich alle Einzelheiten einprägen konnte, und jetzt, da sie wusste, dass irgendjemand möglicherweise Zutritt zu dem Schrank hatte und das Verschwinden des Plans bemerken könnte, wagte sie es nicht, ihn mitzunehmen. Aber sie konnte auch nicht mit leeren Händen gehen. Eine solche Chance würde sich ihr vielleicht nicht noch einmal bieten.
Sie lief zu Lord Jullens Schreibtisch und nahm sich einen dünnen Bogen Papier, eine Schreibfeder und sein Tintenfass. Dann legte sie das Papier über die Karte und begann zu zeichnen, so schnell sie konnte. Sie hatte das Gefühl, dass es viel zu lange dauerte, aber schließlich war sie fertig. Sie faltete die Kopie der Karte zusammen und schob sie in eine Tasche in ihrer Robe.
Erst dann hörte sie das leise Geräusch von Schritten, die sich der Bibliothek näherten. Mit einem gemurmelten Fluch säuberte sie hastig Jullens Schreibfeder und legte sie an ihren Platz zurück. Sie lief in den Lagerraum hinüber, schob die Karte wieder in das Buch und stellte den Band zurück. Sie hatte gerade das Stück Holz wieder an seine Stelle gedrückt, als sie hörte, dass die Schritte vor der Bibliothekstür innehielten. Mit einem Satz sprang sie von der Mauer weg und konzentrierte ihren Willen auf den Schrank.
Ganz ruhig. Sie holte tief Luft, hob den Schrank an und schob ihn zurück an die Wand.
Die Tür der Bibliothek fiel mit einem leisen Klicken ins Schloss.
»Sonea?«
Sonea zitterte so heftig, dass sie ihrer Stimme nicht trauen konnte.
»Hm?«, antwortete sie.
Tya erschien in der Tür zum Lagerraum. »Bist du fertig?«
Sonea nickte und griff nach den leeren Kartons.
»Es tut mir Leid, dass ich so lange gebraucht habe.« Tya runzelte die Stirn. »Du wirkst ein wenig... beunruhigt.«
»Es ist ziemlich unheimlich hier drin«, gab Sonea zu.
Tya lächelte. »Ja, das stimmt. Aber dank deiner Hilfe ist alles erledigt, und wir können endlich schlafen gehen.«
Als Sonea Tya aus der Bibliothek folgte, legte sie eine Hand auf die Tasche, in der die Karte versteckt war, und lächelte.
29. Eine Enthüllung
S onea holte tief Luft, bevor sie Yikmos Übungsraum betrat. Direkt hinter der Tür blieb sie stehen, den Blick zu Boden gerichtet.
»Mylord«, begann sie. »Ich entschuldige mich dafür, dass ich Euch gestern Abend nicht gehorcht habe. Ihr habt mir geholfen, und ich war unhöflich.«
Yikmo schwieg einen Moment, dann
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