Die Gilde der Schwarzen Magier - Die Novizin - The Magician's Guild 2: The Novice
Elyner sagen oder über die Besessenheit, mit der die Vindo dem Handel nachgehen. Es gibt mehr im Leben als Mode und Geld.« Akkarin hielt geistesabwesend inne, dann richtete er sich ein wenig höher auf. »Und man entdeckt, dass nicht jeder Elyner frivol ist, nicht jeder Vindo habgierig und nicht jeder Lonmar unbeugsam. Die meisten von ihnen sind gütig und nachgiebig und ziehen es vor, Streitigkeiten privat beizulegen. So viel habe ich immerhin über diese Menschen gelernt, und obwohl sich die ganze Reise im Hinblick auf meine Forschungen als Zeitverschwendung erwiesen hat, kommt mir die Erfahrung bei meiner Arbeit hier sehr zugute.«
Lorlen schloss die Augen und massierte sich die Lider. Zeitverschwendung? Verschwendete Dannyl ebenfalls nur seine Zeit?
»Du bist müde, mein Freund«, sagte Akkarin in weicherem Tonfall. »Ich halte dich mit meinen Geschichten von deinem Bett fern.«
Lorlen blinzelte und sah zu dem Hohen Lord auf. »Nein - achte nicht auf mich. Bitte, sprich weiter.«
»Nein.« Akkarin erhob sich, und seine schwarzen Roben raschelten. »Ich habe dich mit meinem Gerede müde gemacht. Wir unterhalten uns ein andermal.«
Mit einer Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung folgte Lorlen Akkarin zur Tür. Auf dem Flur drehte Akkarin sich noch einmal nach Lorlen um und lächelte schief.
»Gute Nacht, Lorlen. Gönn dir ein wenig Ruhe, ja? Du wirkst sehr erschöpft.«
»Ja. Gute Nacht, Akkarin.«
Nachdem er die Tür geschlossen hatte, stieß Lorlen einen Seufzer aus. Er hatte gerade etwas Nützliches erfahren - oder vielleicht doch nicht? Akkarin mochte behaupten, dass sein Aufenthalt in Lonmar vergebens gewesen sei, aber womöglich wollte er damit nur den Umstand verbergen, dass er tatsächlich etwas entdeckt hatte. Es war seltsam, dass er plötzlich von der Reise erzählte, nachdem er das Thema in der Vergangenheit stets gemieden hatte.
Lorlen zuckte zusammen, als ein kalter Luftzug über seinen Hals strich. Solchermaßen abgelenkt von seinen Gedanken, gähnte er und kehrte an seinen Schreibtisch zurück, um die Schachtel mit seiner Privatkorrespondenz an ihren Platz im Schrank zurückzustellen. Als er das Büro verließ und sich auf den Weg zu seinen Räumen machte, fühlte er sich bereits ein wenig besser.
Er musste Geduld haben. Dannyl würde bald genug herausfinden, ob seine Reise nach Lonmar Zeitverschwendung gewesen war oder nicht.
12. Anders als gedacht
W ie hatte er das gemacht?
Sonea ging langsam den Flur hinunter. Auf den Armen trug sie den Karton, in dem sie ihre Feder, das Tintenfass und ihre Mappe mit Notizen und frischem Papier aufbewahrte. Die Mappe war leer.
Einmal mehr durchforstete sie ihr Gedächtnis. Wann hatte sie Regin eine Gelegenheit gegeben, an ihre Sachen heranzukommen? Sie war immer vorsichtig gewesen und hatte ihre Notizen niemals aus den Augen gelassen.
Aber im Klassenzimmer wurden die Novizen während Lady Kinlas Unterrichtsstunden häufig nach vorn gerufen, um sich irgendetwas genau demonstrieren zu lassen. Es war möglich, dass Regin bei einer solchen Gelegenheit auf dem Weg an ihrem Tisch vorbei ihre Notizen aus der Mappe genommen hatte. Sie hatte geglaubt, dass die verwöhnten Kinder aus den Häusern nicht zu solcher Fingerfertigkeit fähig wären. Offensichtlich hatte sie sich geirrt.
Sie hatte ihr Zimmer gründlich durchsucht und war spätabends sogar noch einmal in die Universität geschlüpft, um sich im Klassenzimmer umzusehen. Doch noch während sie mit ihrer Suche beschäftigt gewesen war, hatte sie gewusst, dass sie die Notizen nicht finden würde - zumindest nicht unversehrt oder rechtzeitig vor den morgigen Prüfungen.
Als sie in das Klassenzimmer kam, wurde ihr Verdacht von Regins selbstgefälliger Miene sofort bestätigt. Da sie nicht die Absicht hatte, sich etwas anmerken zu lassen, verbeugte sie sich vor Lady Kinla und nahm wie gewöhnlich auf ihrem Stuhl neben Poril Platz.
Lady Kinla war eine hoch gewachsene Heilerin in mittleren Jahren. Heilerinnen trugen das Haar zu einem Knoten im Nacken gebunden, und diese Mode verlieh Lady Kinlas schmalem Gesicht einen Ausdruck von dauerhafter Ernsthaftigkeit. Als Sonea sich hinsetzte, räusperte sich die Heilerin und sah alle Novizen der Reihe nach aufmerksam an.
»Heute werde ich euch in den Lektionen prüfen, die wir während der letzten drei Monate durchgenommen haben. Ihr dürft eure Notizen zu Rate ziehen.« Sie nahm einen Stoß Papiere zur Hand und ließ den Blick über die Seiten wandern.
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