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Die Gilde von Shandar: Die Spionin

Die Gilde von Shandar: Die Spionin

Titel: Die Gilde von Shandar: Die Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Robson
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spürte, wie ihr Schweißperlen über die Stirn liefen, während sie versuchte, den Schließmechanismus zu knacken. Sie wusste, dass sie an der richtigen Stelle Druck ausübte, doch das Schloss weigerte sich nachzugeben. Die junge Spionin durchlitt einen grausamen Augenblick des Zweifels, während sich die Pferde rasch näherten, doch dann löste sich der steife Mechanismus des Schlosses plötzlich mit leisem Knirschen. Schnell zog sie die Tür auf und verschwand im Inneren. Glücklicherweise waren die Angeln besser geölt als das Schloss und die Tür schwang sanft in beide Richtungen. Einen Moment später hatte Femke sie von innen wieder verschlossen und stieß einen schmerzlichen Seufzer der Erleichterung aus. Die Verfolger würden bei ihrer ersten Suche wahrscheinlich nicht hinter verschlossene Türen sehen.
    »Es gibt nichts Schlimmeres als ein eingerostetes Schloss, um dir den Tag zu versauen, wenn du unter Zeitdruck stehst«, zitierte sie und dachte zärtlich an die Stunden mit ihrem Mentor. Wie recht er gehabt hatte! Was würde Ferrand sagen, wenn er sie jetzt sehen könnte? Diese Mission war von Anfang an ungewöhnlich gewesen, aber sie fragte sich unwillkürlich, wie sich eine relativ einfach Aufgabe so schnell in ein völliges Desaster hatte verwandeln können. Es hatte kein Anzeichen dafür gegeben, dass etwas nicht in Ordnung war. Die Thrandorianer hatten sie nicht gerade mit offenen Armen empfangen, aber sie waren höflich gewesen. Was Femke im Palast hatte beobachten können, deutete nicht darauf hin, dass Mord zu den alltäglichen Mitteln der Politik in Thrandor zählte. Ferrand hätte gewusste, was zu tun war. Er schien unter allen Umständen immer die Kontrolle zu behalten. Was hatte ihn zu Fall gebracht? Femke wusste immer noch nicht, was mit ihrem Mentor geschehen war. Um das Geheimnis rankten sich die wildesten Vermutungen in Shandar. Selbst der Kaiser hatte nichts über das Schicksal seines Meisterspions in Erfahrung bringen können, doch Femke war sich sicher, dass ihr alter Freund nicht mehr unter den Lebenden weilte.
    Ferrand war stets ein Kuriosum in der Welt des Geheimdienstes gewesen. Die meisten Spione lebten davon, dass sie farblos und anonym blieben und geräuschlos im Hintergrund Informationen sammelten. Ferrand trat selten aus dem Rampenlicht heraus. Als mächtiger Lord war er eine der führenden Persönlichkeiten in der höchsten Gesellschaft von Shandar, auch wenn nur wenige wussten, dass er auch ein Meister der Verkleidung war. Viele Jahre lang war er der beste Spion des Kaisers gewesen, und Femke hatte Glück gehabt, seine Schülerin sein zu dürfen.
    Die melancholische Erinnerung ließ sie aufseufzen. Wenn die augenblickliche Gefahr vorüber war, konnte sie sich weiter Gedanken um ihn machen. Ihr Versteck war ein großes Wagnis. Wenn die königlichen Wachen Spürhunde hatten, gab es kein Entrinnen. Der Schuppen hatte keine Hintertür, aus der sie flüchten konnte, was jedem Grundsatz widersprach, den sie je gelernt hatte. Die Hunde, die sie im Palastgarten gejagt hatten, waren nicht für ihre Spürhundqualitäten bekannt, daher fühlte sie sich vor ihnen sicher. Doch sie wusste nicht, was für Mittel den Wachen sonst noch zur Verfügung standen.
    Im Schuppen war es dunkel, aber nicht stockfinster. Durch die Spalten an den mit Läden verschlossenen Fenstern drang etwas Licht ein. Nach ein paar Minuten hatten sich Femkes Augen an die Dunkelheit gewöhnt, und sie traute sich zu, sich zu bewegen, ohne über etwas zu stolpern. Es wäre fatal gewesen, Lärm zu machen.
    Soweit sie sehen konnte, wurde der Schuppen sowohl als Werkstatt als auch als Lager für Gartengeräte genutzt. Rechts der Tür lagen Gartenwerkzeuge mit langen Griffen ordentlich in einem Regal, und eine Werkbank wies eine beeindruckende Sammlung von Holzbearbeitungswerkzeugen auf, die alle fein säuberlich an verschiedenen Haken und auf Regalen unter dem Fenster auf der linken Seite angeordnet waren. Am hinteren Ende des kleinen Schuppens lauerte eine merkwürdige massige Schattengestalt wie ein großes Monster, das sich zum Sprung bereit machte. Femke erstarrte kurz, bevor sich ihre Vernunft einschaltete und ihr sagte, dass sie sich hier vor nichts anderem fürchten musste als vor der Entdeckung durch die königliche Garde.
    Vorsichtig, um kein Geräusch zu verursachen, ging Femke auf die schwarze Gestalt zu. Mit den Händen ertastete sie, dass es ein dunkles, weiches Tuch war, das etwas Hartes verhüllte. Plötzlich

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