Die Gilde von Shandar: Die Spionin
seinen Befürchtungen Ausdruck verlieh.
»Nein, das wäre unklug«, stimmte Surabar zu. »Allerdings sollte ich auch nicht an der Spitze einer kleinen Armee einreisen. Ich will niemanden beunruhigen. Was meint Ihr, würde eine Truppe von zwanzig oder dreißig Gardisten Probleme bereiten?«
»Ich denke, zwanzig bis dreißig wären in Ordnung, Euer Majestät. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein so kleines Kontingent größere Besorgnis auslösen könnte. Ich werde die Nachricht von Eurem Besuch so schnell wie möglich dem König überbringen.«
»Vielen Dank, ich weiß das zu schätzen. Nehmt Euch Zeit, Euch auszuruhen, und esst etwas, bevor Ihr Euch wieder auf den Weg macht. Ich werde erst morgen abreisen können. Es wird etwas dauern, meine Angelegenheiten hier in Ordnung zu bringen, und meine Truppe wird langsamer reisen als ein Botenreiter. Geht und schlaft Euch aus. Ihr habt es Euch verdient.«
Der Bote verneigte sich tief und wandte sich zum Gehen. Der Diener, der während der kurzen Unterhaltung an der Tür stehen geblieben war, öffnete sie für ihn und ließ ihn hinaus, dann verneigte auch er sich und wollte schon gehen, als ihn Surabar zurückrief: »Wenn du König Malos Boten sein Quartier gezeigt hast, könntest du dann bitte nach Lord Kempten schicken? Ich muss dringend mit ihm sprechen.«
Wieder verneigte sich der Diener und schloss dann die Tür hinter sich. Surabar starrte abwesend auf die Tür und fragte sich, ob er das Richtige tat. Er hatte kaum Zeit gehabt, als Kaiser richtig Fuß zu fassen. Der Angriff auf ihn am Tag seiner Krönung hatte gezeigt, dass es Widerstand gegen seine Herrschaft gab. Immer noch hatten sich keine eindeutigen Beweise gefunden, welcher der Adligen dafür verantwortlich war, aber er hatte ziemlich klare Vorstellungen davon, wer die Schlüsselfiguren waren. Sollte er da überstürzt nach Mantor reisen? Er könnte auch einfach jemand anderen schicken. Femke war angeblich eine Botschafterin und Botschafter waren ebenso entbehrlich wie Soldaten oder Spione. Zugegeben, es war nicht gut, Botschafter zu verlieren – besonders nicht unter den augenblicklichen Gegebenheiten -, aber der Kaiser konnte es sich nicht erlauben, diese Dinge zu persönlich zu sehen.
»Nur gut, dass es für mich eine zeitlich begrenzte Unannehmlichkeit ist, Kaiser zu sein«, sagte sich Surabar laut. »Nun lasst uns mal sehen, aus welchem Holz der alte Kempten geschnitzt ist. Wer weiß – vielleicht erweist er sich ja als ein guter Nachfolger für den Mantel. Zumindest muss ich mir keine Sorgen machen, dass einer der Lords der alten Schule versucht, während meiner Abwesenheit die Macht an sich zu reißen, wenn ich ihn zum Stellvertreter mache.«
In der hohen Politik und deren Machtgerangel konnte man nie sicher sein, was geschah. Das wusste Surabar so gut wie jeder andere, doch der General fand, dass er eine schlechtere Wahl treffen konnte, als Kempten während seiner Abwesenheit als Regenten einzusetzen. Die Zeit würde es zeigen.
»Der königliche Thronschatz? Bist du denn völlig verrückt?«, explodierte Danar.
»Pssst! Willst du, dass es jeder erfährt? Mach dir nicht in die Hosen, ich weiß schon, was ich tue«, erwiderte Femke ruhig und besonnen.
Danar senkte seine Stimme zu einem heiseren Flüstern, doch immer wieder wurde er lauter: »Sind zwei Mordanklagen denn nicht genug? Jetzt willst du auch noch schweren Diebstahl und Verschwörung auf die Liste deiner Verfehlungen setzen! Warum in Shands Namen willst du eigentlich einen Auftragsmörder anheuern? Hier hat es doch wahrhaftig schon genug Tote gegeben, und wenn du vorhast, Shalidar zu töten, ist es reine Zeit- und Geldverschwendung. Killer nehmen keine Aufträge an, sich gegenseitig umzubringen. Das weißt du doch, oder?«
Femke hob warnend die Augenbraue und warf ihm einen Blick zu, der Bände sprach. »Behalt deine Weisheiten einen Moment für dich, Lord Danar, dann komme ich vielleicht dazu, es näher zu erklären, und dir wird alles klar. Wir werden die königlichen Schatzkammern nicht leeren, sondern uns nur etwas borgen. Ein paar tausend thrandorianische Goldkronen sollten ausreichen, um Shalidar in Versuchung zu bringen, einen Auftrag anzunehmen. Professionelle Auftragsmörder wie er haben ihren eigenen Ehrenkodex – man nennt ihn das Credo der Gilde -, und wenn sie Mitglieder ihrer geheimen Gilde werden, müssen sie schwören, ihn in Ehren zu halten. Sobald er die Anzahlung angenommen hat, ist er durch das Credo
Weitere Kostenlose Bücher