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Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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gekommen war.
    »Wir haben Grund zu der Annahme, dass die Händler auf diesem Marktplatz einer bösartigen Verbrecherin Unterschlupf gewähren, der Mörderin von Prinz Tuvashanoran.«
    Borin wirkte besorgt und legte eine Hand schützend auf Ranis Schulter. »Das war doch gewiss die Verräterin, deren Kopf Ihr gerade heute Morgen über den Marktplatz gekarrt habt?«
    »Das war nur eine der Verbrecherinnen. Sie hat vor ihrem Tod ausgepackt, und jetzt suchen wir den Lehrling der hingerichteten Frau.«
    Borin verzog das Gesicht, ohne offenbar zu merken, dass Rani unter seiner Hand zu zittern begonnen hatte. »Auf dem Marktplatz? Ich kann nicht behaupten, Eurer Logik folgen zu können. Aber solche Worte sind gewiss nicht für die Ohren eines Kindes geeignet. Geh los, Rani Händlerin. Erfülle deine Aufgabe.«
    Der Ratsherr betonte ihren Nachnamen, als wolle er den Soldaten mitteilen, dass sie wohl kaum das mordende Gildemitglied sein könne, das sie suchten. Der Hauptmann der Wache runzelte nur verärgert die Stirn, ließ Rani aber passieren. »Ich warne Euch, Ratsherr, dies ist eine ernste Angelegenheit.«
    »Ja«, stimmte Borin ihm zu. »Natürlich. Kommt in mein Amtszimmer und berichtet mir von Eurem Verdacht.«
    Rani wartete nicht auf die Antwort des Wächters. Es kostete sie schon Mühe, ihre Beine vorwärtszubewegen und ihre Finger um die scharfen Kanten des Kästchens zu schließen, das die Zehnten-Belege enthielt. Sie besaß genügend Geistesgegenwart, es vor ihre Brust zu heben, um mit dem glatten Holz jegliche Risse in ihrer Kleidung zu verdecken, die von feindlichen Augen hätten bemerkt werden können. Sie hatte sich in all den Nächten, in denen sie allein geschlafen hatte, auf dem Marktplatz angekettet, keine Gedanken über ihr fehlendes Gilde-Abzeichen mehr zu machen brauchen, aber nun kehrte sie auf die Straßen zurück…
    Das Kästchen war nicht schwer, lag aber unhandlich in ihren Armen. Sobald sie außer Sichtweite der Soldaten gelangt war, hob sie es auf ihre Schulter. Den Blick auf die gepflasterte Straße gerichtet, bemühte sie sich, nicht über die Soldaten auf dem Marktplatz hinter ihr nachzudenken, oder darüber, wo sie heute Nacht schlafen sollte. Das Kästchen wurde beim Gehen schwerer, und sie seufzte tief, während sie es auf die andere Schulter verlagerte.
    »Wirste müde, Rai?«
    »Mair.« Rani kehrte ruckartig in die Gegenwart zurück, bestürzt, das Unberührbaren-Mädchen vor sich zu sehen, das offenbar gerade vom Kathedralengelände kam. Rani ging weiter, und Mair machte zuvorkommend kehrt, um ihr Gesellschaft zu leisten.
    »Du könntest der einzigen Freundin, die du aufer ganzen Welt hast, ein Lächeln gönnen.«
    »Freundin!«, höhnte Rani.
    »Ja. Wer sonst tät zu Borin gehen und ihn warnen, dass die Soldaten wegen dir kommen?«
    »Warnen?«
    »Ja. Ich wollt’ dich nich’ ohne Kopf sehen, wie diese Ausbilderin von dir. Ich hab auf dich aufgepasst, verstehste? Du brauchst keine Angst vor mir zu haben.«
    »Ich habe keine Angst vor dir.« Rani verrückte das Kästchen auf ihrer Schulter erneut und zuckte zusammen, als Mair eine Hand ausstreckte, um es abzustützen. Rani griff nach ihrer zarithianischen Klinge, sich der Tatsache nur allzu bewusst, dass sie den Reichtum Dutzender Händler bei sich trug.
    »Ganz ruhig!«, rief Mair aus. »Haste Angst, dass wir deine Waren stehlen? Dieser Rattenpfriem tät uns nich’ aufhalten, wenn wir dich wirklich bestehlen wollten.«
    »Ich habe vor nichts Angst.« Rani reckte trotzig das Kinn.
    »Pass auf, dass du ohne Zittern in der Stimme sprichst, wenn du das bei ‘nem Fremden versuchst!« Mair grinste ungeniert, und ihre Zähne schimmerten im verblassenden Sonnenlicht.
    »Borin hätte mir diese Aufgabe nicht übertragen, wenn er nicht glaubte, dass ich mit solchen wie dir umgehen kann.«
    »Solche wie mir! Cor, du glaubst wirklich alles, was man dir erzählt, oder? Tut mir leid, wenn ich schlechte Nachrichten für dich hab, Mädchen, aber Borin hat dich ausgesucht, damit er nich’ einen der richtigen Händler aussuchen musste, die auf die Ehre aus waren!«
    »Ich bin eine richtige Händlerin!«, erwiderte Rani hitzig, und eine volle Minute verging, bevor ihre Neugier die Oberhand gewann. »Warum würde er wählen müssen?«
    »Du behauptest, die Tochter von Händlern zu sein – dann sollteste es selbst nur zu gut wissen. Es gibt zwei Gruppen von Händlern inner Stadt – die, die aufm Markt verkaufen, wie deine kostbare Narda, und die, die

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