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Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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an anderen Plätzen im Viertel verkauf’n. Borin wollte nich’ die einen oder die anderen bevorzugen. Er wollte keinen Boten als seinen Günstling wählen.«
    »Aber das hat er getan! Ich komme von…« Rani brach ab, während sie den Satz im Geiste zu beenden versuchte. War sie die Tochter ihres Vaters, welche die Händler im Viertel repräsentierte? Oder war sie Nardas Helferin, die den Marktplatz repräsentierte?
    »Ja, Rai, du kommst von da, von wo du es behauptest.«
    Mairs Worte klangen trotz des spöttischen Untertons ehrlich. Die einzige wahre Erklärung, warum Borin Rani erwählt hatte, war die, dass er dem Rat andere Bürden erleichtern wollte. Der schlaue, alte Ratsherr überlistete seine Händlerkollegen, kam ihnen zuvor, bevor sie erkannten, dass der jährliche Streit überhaupt begonnen hatte. Rani rang darum, ihre stolze Würde wiederherzustellen. »Und wenn ich so unwichtig bin, warum bist du dann hier?«
    »Vielleicht wollten meine Freunde und ich dich bestehlen, damit wir in Winternächten ‘n paar Äpfel mehr kauen können.« Mair lachte, als Rani zurückwich und umsonst nach Rabes schattenhafter Gegenwart Ausschau hielt. »Und vielleicht wollten wir dich vor anderen Gefahren warnen. Halt auf dem Gelände die Augen offen. Das is’ wahrscheinlich deine einzige Chance zu erfahren, was mit deiner Ausbilder-Freundin passiert is’.«
    »Sie war nicht meine…« Rani widersprach schon aus Gewohnheit, milderte ihre Erwiderung dann aber ab. »Was meinst du damit, was ‘mit Morada passiert’ ist? Ich dachte, das wäre nur zu klar« Sie verlagerte das Kästchen erneut, während sie die Erinnerung an Moradas Kopf verdrängte.
    »Dann denk drüber nach, warum es passiert is’, Cor! Wenn ich eine Verräterin gefangen hätt’, tät ich sie bestimmt lange foltern, bevor ich sie sterben ließ’. Jemand hat sie direkt getötet, bevor sie zu viel sagen konnte. Ich tät gern wissen, wer derjenige war.«
    »Vielleicht hatte jemand Mitleid mit Morada und hat sie hingerichtet, um ihr Qualen zu ersparen.«
    Mair gackerte, ein herzloser Laut, der an Ranis Nerven zerrte. »Ja, kann sein! Eine Frau tötet den Verteidiger des Glaubens, eine Stadt sucht zwei Wochen nach ihr, und wenn sie gefunden wird, hat der König Mitleid mit ihr und lässt sie wie eine irregeleitete Adlige hinrichten.«
    »Du musst mich nicht wie eine Närrin klingen lassen!«
    »Wie eine Närrin klingen lassen! Das war nich’ meine Absicht, Rai.«
    Bevor Rani Mairs Wortwahl kritisieren konnte, gelangten die Mädchen auf den Hof der Kathedrale. Die Sonne ging hinter blutroten Wolkenbändern unter, ihre letzten Strahlen spiegelten sich in den fast undurchsichtigen Fenstern. Während Rani stolz die Arbeit ihrer früheren Gilde betrachtete, wurde die gesamte Seite des Gebäudes von einem zähen, karmesinroten Licht überzogen. Moradas Geist blickte von dem auf gespreizten Füßen stehenden Gerüst ungebeten auf Rani herab. Der Lehrling erstarrte und ergriff Mairs Arm, während ihre Sicht von der Erinnerung an Tuvashanorans blutigen Tod überschwemmt wurde.
    Mair ging ein paar Schritte weiter, bevor sie erkannte, dass sie Rani verloren hatte, und ihre Stimme klang drängend, als sie sich zu dem Lehrling umwandte. »Du solltest besser wieder an die Arbeit gehen, Rai. Du tätst nich’ wollen, dass Borin und die anderen dich suchen und dich ‘ne Diebin nennen.«
    »Ja«, stimmte Rani ihr zu, nickte und drückte das Kästchen des Rates fester an ihre schmale Brust. Mit einem nervösen Blick auf die Schatten folgte sie dem Weg an dem Gerüst vorbei und eilte zum Pilgerbereich an der Rückseite des Geländes. Erst als ein Priester vortrat und sie anrief, erkannte sie, dass Mair mit den Schatten verschmolzen war, verschwunden wie der Unberührbaren-Geist, der sie war.
    »Na endlich!«, schnaufte der übergewichtige Ordensmann, der am Tor stand. »Pater Aldaniosin erwartet dich schon seit über einer Stunde – es ist nicht gut, ihn warten zu lassen.« Der Mann drängte Rani durch die Tore, und sein Atem pfiff, während er die Tore verriegelte. Vor ihnen läutete die Pilgerglocke, sandte ihre ersten, stetigen Rufe in den aufsteigenden Nebel.
    »Es tut mir leid«, brachte Rani heraus. »Borin gab mir nur…«
    »Spar dir deine Entschuldigungen, Kind. Ich bin nur der Torwächter. Ich bin nur der Bruder, der im aufsteigenden Nebel stehen muss, während alle Arten von Unheil um mich lauern, in der Dunkelheit drohen…« Rani unterdrückte ein ungeduldiges

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