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Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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Kathedralengelände erinnerte, fiel ihr auch die Wut in Salinas achatfarbenen Augen wieder ein, der blanke Zorn hinter der wie eine Schlange gearbeiteten Maske. Salina war bei allem dabei gewesen, was geschehen war. Sie hatte bewirkt, dass alles zerfiel. Und trotz alledem hatte es ihr weiterhin frei gestanden, die Stadt zu durchstreifen.
    Rani hatte keine Chance, ihrer neuen Gewissheit gemäß zu handeln, denn die Pilger beendeten schließlich ihre Auflistung der Tausend Götter. Salina zog Rani mit den übrigen Gläubigen durch die Straßen, zerrte sie vom Marktplatz und dem schützenden Arm der Statue des Märtyrers Tuvashanoran fort. Was sollte Rani tun? Sie war wie eine Schwester mit Mair verbunden. Das Unberührbaren-Mädchen hatte ihr eine Warnung überbracht, hatte sich gegen Rabe gestellt, einen ihrer eigenen Leute, um sie ihr zu überbringen. Und dennoch – Larindolian hatte versprochen, einen Boten zu schicken, Salina zu schicken. Larindolian hatte versprochen, Rani wieder mit ihrem wahren Bruder zu vereinen, mit Bardo. Wem sollte Rani glauben? Wem sollte sie vertrauen?
    Die Straßen wurden für die Pilger geräumt, als sie vom Händlerviertel zur Kathedrale zogen. Bürger säumten den schmalen Weg und warfen den Pilgern Geschenke zu. Rani fing ein paar der Zinnmünzen auf – es waren Schaumünzen, auf welche die Insignien verschiedener Götter geprägt waren –, und ihre Finger strichen über gekochte Leckereien, die in der Form religiösen Schmucks gestaltet waren – Vögel für Fairn, kleine Leitern für Roan. Während der vergangenen Jahre war Rani diejenige gewesen, welche die Reichtümer geworfen hatte. Sie war diejenige gewesen, welche die Pilger, die zur Kathedrale zogen, neidvoll betrachtet hatte.
    Nun war Ranis Freude an dem Schauspiel jedoch gedämpft, da sie zu ergründen versuchte, was die Bruderschaft für sie geplant hatte. Salina behielt ihren unbarmherzigen Griff um Ranis Schulter bei, so dass ihr Arm unter der festen Bandage pochte. Sie sehnte sich danach, aus der Parade auszuscheren, in die dunkle Stille unter dem Dachgesims in ihrem Elternhaus zurückzukehren, darauf zu warten, dass Bardo nach einem langen Arbeitstag im Laden die Treppe heraufstiege.
    Bardo. Darum war sie hier. Darum erlaubte sie Salinas knochiger Hand, sie zu lenken. Einst wäre Rani vorangestürzt, hätte eine Lücke in der Menge ausgenutzt, sich eine Position in der vorderen Reihe der Pilger verschafft, wie am Tage von Prinz Tuvashanorans Initiation. Nun hielt Salina sie jedoch zurück, zügelte ihren Enthusiasmus mit den geschürzten Lippen einer vertrockneten, alten Kinderfrau. Welchen Sinn hatte ein Fest, wenn man keine wahre Leidenschaft für die Tausend Götter zeigte?
    Rani hatte keine Gelegenheit, ihren theologischen Standpunkt zu diskutieren. Stattdessen fand sie sich plötzlich vor der Kathedrale wieder, blickte die Steintreppe hinauf zu Jairs Wächtern mit den Kapuzen, die dort eine Gasse bildeten. Am Ende des leicht bedrohlichen Weges stand ein Priester mit einer brennenden Fackel in einer Hand und einem Wasserkrug in der anderen.
    Jeder Pilger, der den Spießrutenlauf durch die Wächtergasse vollendete, beugte am Portal den Kopf, um den Segen zu empfangen. Der Priester wiederum senkte seine brennende Fackel zu jedem Gläubigen hinab, bewegte das knisternde Feuer in dem komplizierten Muster eines fünfspitzigen Sterns. Das fromme Symbol erinnerte an Jairs Reise von den kastenlosen Unberührbaren durch die vier übrigen Kasten. Dann sprenkelte der Priester einige Tropfen Wasser aus seinem Krug auf die Hände jedes Pilgers, wusch ihre weltlichen Kümmernisse fort, damit er die Kathedrale empfänglich für die Forderungen des Ersten Gottes Ait und all der Tausend Götter betreten konnte.
    Der Priester tat jedoch noch etwas, etwas weitaus Wichtigeres. Während ein jeder Pilger die Schwelle der Kathedrale überschritt, begrüßte der Priester ihn feierlich: »Willkommen im Haus der Tausend Götter. Willkommen im Namen Gaids.«
    »Willkommen im Namen Sets.«
    »Willkommen im Namen Larts.«
    Einer nach dem anderen wurde jeder Pilger im Namen eines bestimmten Gottes begrüßt. Rani spürte, wie ihre Aufregung zunahm, während sie die Stufen erklomm. Die Wächter leiteten die Pilger, hielten trotz der zunehmenden Erregung Ordnung unter ihnen.
    Salina hatte Rani in die Menge zurückgezogen, zügelte ihren Enthusiasmus, gerade als ein freundlicher Pilger den Eifer in der Seele des Lehrlings erkannte und einige

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