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Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 01 - Die Lehrjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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Soldaten.«
    Sie wiederholte die Beschwörung bei der Anrufung ihres persönlichen Schutzherrn Lan. Es schien Jahre her, seit sie den Küchengott angenommen hatte, Jahre, seit Cook ihr zur Flucht aus dem Garten verholfen hatte. Was würde Cook jetzt über sie denken? Hätte die alte Frau ihr Opfer als der Mühe wert eingeschätzt? Vor ihren eigenen Fragen zurückschreckend, rief Rani den Gott der Tugenden an. Als sich eine weitere Pilgerin neben sie kniete, dachte Rani, dass sie sich auf ihre Gebete für den Frieden von Dalaratis Seele konzentrieren sollte, aber sie konnte ihren Blick nicht am Umherwandern hindern. »Mair!«
    »Ja. Du hast nach mir geschickt, oder?«
    »Ja, aber ich dachte nicht, dass du kämst – nicht nach…« Rani brach ab, ihre Worte in einer Lache Soldatenblut ertränkt. Sie konnte noch immer ihren karmesinrot befleckten Dolch im schwachen Licht von Dalaratis Quartier sehen. Sie hatte die zarithianische Klinge zurückgelassen, sie in ihrem panischen Bemühen vergessen, von dem Leichnam des Soldaten befreit zu werden.
    »Ich sollte hier nich’ mit dir gesehen werden, so viel is’ sicher.«
    »Aber woher hast du das Pilgergewand?«
    »Das is’ jetzt wohl kaum wichtig, oder? Die bessere Frage is, warum du eins trägst und was du jetzt vorhast, wo du den Soldaten getötet hast.«
    Rani blickte unwillkürlich über die Menge hinweg, aus Angst, dass jemand Mairs raues Flüstern hörte, dass Larindolians Bote diesen schrecklichen Moment erwählte, hier einzutreffen. Glücklicherweise war der Marktplatz bevölkert, und niemand achtete auf zwei kleine Pilger, die zu Füßen einer starren Statue huldigten. »Wenn du weißt, was geschehen ist, dann weißt du auch, dass ich keine andere Wahl hatte.«
    »Ich weiß, dass du Shar mit ner Nachricht zu mir geschickt hast, und ich weiß, dass sie den Leichnam des Soldaten entdeckt hat, als sie in ihr einziges Heim auf der Welt zurückkehrte.«
    »Wie geht es ihr?« Rani ermahnte sich, nicht zu weinen. Sie durfte sich dem Selbstmitleid nicht ergeben. Shar war bei den Unberührbaren weitaus besser dran, mit ihrer eigenen Kaste weitaus besser dran. Bestimmt hatte Dalarati Shar nur bei seinem Kampf gegen die Bruderschaft benutzen wollen. Gegen Bardo.
    »Das geht dich nix an, Rai. Die bessere Frage is’, was mit dir passieren wird. Die Soldaten wären froh zu hören, wer du bist, unter deinem Pilgerumhang.«
    Rani schaute entsetzt auf. Es waren mehr Soldaten auf dem Marktplatz als gewöhnlich. Die ganze Stadt war nervös, während Misstrauen von einem Viertel zum anderen wogte. Selbst diejenigen Kasten, die sich nicht dazu herabließen, einen ermordeten Soldaten in seiner Baracke zur Kenntnis zu nehmen, konnten das zusätzliche Unbehagen in einer Stadt spüren, deren Geduld bereits überbeansprucht war. Die vielen Pilger in der Stadt verstärkten Ranis Besorgnis nur noch. »Das würdest du nicht wagen! Die Soldaten sind keine Freunde der Unberührbaren.«
    »Dalarati war ein Freund einer der Unberührbaren. Ein Freund und mehr.« Mair vollführte ein heiliges Zeichen. »Arme Shar. Sie hätte sich an ihre Kaste halten sollen.«
    Halt dich an deine Kaste. Das hatte das Unberührbaren-Wesen außerhalb des kleinen Hauses gesagt, in dem Larindolian Morada getroffen hatte. Wenn Rani damals nur auf diese Warnung gehört hätte… Wenn sie nur wüsste, an welche Kaste sie sich halten sollte… Solche Grübeleien waren jedoch Unsinn. Larindolians Bote musste gewiss jeden Moment eintreffen, und Rani wollte ihre Handlungen nicht weiter rechtfertigen müssen. »Mair, ich kann es nicht erklären. Es ist keine Zeit dafür.«
    »Ach, keine Zeit, um mit der Familie zu reden, die du als deine eigene erwählt hast.« Mair spie vor Ranis Füßen aus.
    »Ich habe noch eine Familie, Mair!«
    »Das sagst du, Rai, das sagst du. Aber du hast ‘ne seltsame Art, deinen Familien Treue zu zeigen. Wenn ich bedenk, dass ich Shar geglaubt hab, als sie sagte, du tätst deine Schulden bei mir auf diesem Marktplatz bezahlen.«
    Rani erinnerte sich der Lüge, die sie ersonnen hatte, um Shar fortzuschicken. Sie hatte versprochen, Mair den Rabe geschuldeten Tribut zu bezahlen… Zumindest das konnte Rani in Ordnung bringen. Ohne der Anführerin der Unberührbaren ins Gesicht zu sehen, griff Rani unter ihrem schwarzen Pilgergewand nach ihrem Beutel. Ihre Finger schlossen sich augenblicklich um den Streifen Goldpapier, den Beleg, den sie von dem Tribut der Händler auf dem Kathedralengelände

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