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Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 02 - Die Gesellenjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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sich um ihre Beine, als sie sich auf einen niedrigen Sessel warf, und sie zerrte wütend an dem Stoff. Diese verfluchten Kleider mit ihren fest geschnürten Unterkleidern – die Nareeth, wie die Amanthianer sie nannten – und das gefältelte äußere Gewand, das Balkareen… Kein Wunder, dass die Frauen des Nordens kaum mehr taten, als Handarbeiten auszuführen und gelegentlich an einem Instrument zu zupfen! Sie konnten wohl kaum genug Atem holen, um etwas anderes zu tun. Keine Glasmalerin, die etwas auf sich hielt, würde sich in ein solches Tuchgefängnis einsperren lassen.
    Rani schmollte, während der größte Teil eines Holzscheites im Kamin verbrannte. All die Tausend Götter sollten sie verfluchen, wenn sie Mair zuerst ansprach. Rani kümmerte es kaum, dass Mair Bashi beleidigt hatte – das war häufig genug geschehen, als sie noch im Süden weilten. Nein, das wahre Problem war, dass Mair eine der wenigen interessanten Aktivitäten der Mädchen beschnitten hatte, als sie Bashi anging. Man konnte in Sin Hazars Palast nichts tun.
    Rani hatte seit ihrer Ankunft jeden Morgen um Pergament gebeten, und ihr wurde wiederholt gesagt, dass ihr keine Schreibwerkzeuge überlassen würden, dass diese nur Eulen vorbehalten seien. Eulen? Es hatte fast zwei Wochen gedauert, bevor Rani begriff, dass Eulen eine weitere der seltsamen Kasten des Nordens waren. Jetzt machte sie sich kaum noch die Mühe, sich zu fragen, wie Bashi für seinen Brief an Hal an Schreibwerkzeuge gelangt war. Er hatte wahrscheinlich eine Eule seine Schreibarbeit erledigen, seine Worte aufzeichnen lassen. Sin Hazar würde eine solche Regelung begrüßen – es würde jegliche geheimen Nachrichten verhindern.
    Nachdem Rani keinen Brief schicken konnte, hatte sie sich um die Erlaubnis bemüht, außerhalb der Stadtmauern auszureiten. Ihr wurde höflich, aber bestimmt beschieden, dass Sin Hazar nicht zulassen würde, dass seine Gäste ein solches Risiko eingingen. In ländlichen Gegenden lauerten Gefahren, und König Sin Hazar würde wohl kaum wollen, dass Rani und Mair Schaden erlitten, während sie seiner Verantwortung unterstanden.
    Die Mädchen durften nicht allein in die Gärten gehen. Sie durften nicht die Palastbibliothek aufsuchen. Rani war es auch nicht erlaubt worden, Sin Hazars Glasmaler zu besuchen, um von ihren früheren Gildemitgliedern zu lernen.
    Die Mädchen durften nicht einmal unbeaufsichtigt durch die Palastgänge wandeln. Einmal, in der vorangegangenen Woche, war ein Abgesandter auf den Hof geritten – ein flüsternd geäußertes Palastgerücht besagte, er käme aus den Ländern im fernen Westen. Rani und Mair hatten den Mann nicht sehen dürfen. Ihre Wächter waren schon grob geworden, als die Mädchen nur versucht hatten, sich das prächtige Streitross anzusehen, mit dem der Adlige gekommen war.
    Selbst Ranis Versuche, etwas über den Hof zu erfahren, waren wenig erfolgreich. Amanthia war für seine südlichen Nachbarn ein großes Geheimnis. Königin Felicianda war am morenianischen Hof eine fremdländische Besucherin gewesen. Indem Rani Sin Hazars Palaststab beobachtete und auf den Klatsch lauschte, erkannte sie, dass einige der »Wahrheiten«, die sie über Sin Hazar zu wissen glaubte, nur Geschichten waren.
    Ihr Bruder hatte ihr einmal erzählt, dass Krieger im Norden um den Titel des Königs kämpften, dass es keine direkte Thronfolge gäbe. Ranis Bruder hatte jedoch gelogen. Oder er hatte selbst nicht die Wahrheit erfahren. Sin Hazar entstammte einer langen Reihe von Königen. Er trug seine Königswürde ebenso deutlich im Blut wie seinen Stolz. Und diese Königswürde ließ ihn Erlasse herausgeben und Befehle erteilen, die unantastbar waren.
    Ein solcher Erlass machte Rani und Mair zu Gefangenen, und sie hatten kaum eine oder gar keine Chance, Hal irgendeine Nachricht zukommen zu lassen. Und nun hatte Mair Bashi verärgert, die einzige zuverlässige Kommunikationsmöglichkeit mit dem König unterbrochen, der sie gefangen hielt. Im Namen Plads, das Mädchen war unerträglich, wenn sie im Recht zu sein glaubte! Rani sprach leise ein Gebet an den Gott der Geduld und stolzierte schließlich zu dem Flechtkorb neben dem einzigen, schmalen Fenster des Raums. Während sie sich herabbeugte, um die feine Handarbeit hochzunehmen, die Sin Hazar ihr gewährt hatte, hörte sie, wie sich die schwere Tür weiter unten im Turm öffnete.
    Rani konnte das klirrende Geräusch auf der Treppe zunächst nicht einordnen. Dann erkannte sie den Klang

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