Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin
weiß es.« Sie schluckte schwer und begegnete seinem Blick. »Ich weiß genau, was ich tue. Du hast es mich gelehrt, Tovin Gaukler. Du hast mich gelehrt, wie man Glas schneidet, wie man es gestaltet. Ich bin eine Glasmalerin, und ich habe die Macht ganz Morenias hinter mir. Ich kann deinen Gauklern helfen, wenn du mich lässt.«
Seine kupferfarbenen Augen wirkten in der Düsterkeit des Brunnens fast schwarz. Dennoch verstand sie die Fragen, die er ihr gestellt hatte, die Antworten, die er forderte. »Das werde ich, Tovin Gaukler«, sagte sie, und dann zog sie ihn nahe an sich heran, nahe genug, dass er alle ihre Versprechen erkannte, alle ihre Pläne, all ihr Verlangen, das neben dem Strom des Hypnotisierens floss, unmittelbar unter der Oberfläche ihrer Gedanken.
15
Hal beobachtete Mareka und maß die Sorge in ihrem Gesicht, während sie sich in seinen Räumen umsah. »Wir haben noch immer nichts von der Spinnengilde gehört, Mylord?«
»Dies ist der erste Tag, an dem meine Leute zurückkehren könnten. Der erste Tag, wenn sie nicht von Euren Meistern aufgehalten wurden.«
»Es sind nicht mehr meine«, sagte sie. Er bemerkte ihren Tonfall, der sowohl Resignation als auch Verärgerung enthielt. »Sie sind nicht mehr meine Meister, seit dem Tag, an dem Ihr mir die Spinnen nahmt.«
»Ich habe sie Euch nicht genommen, Mylady. Ihr gabt sie mir freiwillig. Ihr hättet sie zu Eurem Gildehaus zurückbringen können. Ihr hättet sie dem sicheren Tod überantworten können.«
»Das ist nicht fair, Mylord! Gebt zu, dass Ihr mich benutzt habt! Ihr habt mich zu Eurem eigenen Vorteil benutzt, nach allem, was zwischen uns gewesen ist.«
Hal errötete, von einer jähen Erinnerung an ihre sich unter seinen Händen heiß anfühlende Haut verraten. »Ihr kamt zu mir, Mareka. Ihr kamt mit Eurem verfluchten Octolarisnektar zu mir. Dafür dürft Ihr die Verantwortung nicht abschieben.«
Sie umklammerte ihre Röcke, nahm die Spinnenseide zwischen ihren Fingern hoch und ließ sie in krausen Flächen wieder sinken. Ihr Zorn ließ ihre Augen Funken sprühen, und Hal sah erneut die Frau, die ihn in der Großen Halle von Liantine manipuliert hatte, die Ränkeschmiedin, die ihn zu dem Glauben geführt hatte, sie sei eine Prinzessin, die Frau, um die er werben sollte. Ihre Stimme klang leise, als sie antwortete, so leise, dass er einen Schritt näher herantreten musste, um ihre Worte zu verstehen. »Würde König Teheboth es auch so sehen? Wird das Haus Donnerspeer genauso denken, wenn sie hören, dass Ihr unter ihrem eigenen Dach eine Frau genommen habt, während Ihr die einzige Tochter des Königs umwarbt?«
»Das würdest du nicht wagen, Mareka. Du würdest es nicht wagen, deine Geschichten von Lüge und Verführung zu erzählen.«
»Warum nicht, Mylord? Was habe ich zu verlieren? Keine Krone. Keine Mitgift.«
»Aber einen Ruf. Mareka Octolaris, für die ganze Welt außerhalb dieser Türen bist du ein tapferer Lehrling, der es wagte, seine Spinnenbrut zu retten. Du hast so gehandelt, um einen wertvollen Schatz zu bewahren, den deine kurzsichtigen Gildemeister vernichtet hätten. Du hast dich mit mir verbündet – mit dem Feind –, weil du in diese Pflicht seit deiner Geburt hineingewachsen bist.«
»Ihr vergesst, Mylord. Ich bin auf keinerlei formelle Art an Euch gebunden. Ich könnte meine Spinnen noch immer retten, indem ich sie Teheboth anböte.«
An diese Möglichkeit hatte Hal nicht gedacht. Er hatte geglaubt, Mareka unter Kontrolle zu haben. Dennoch antwortete er mit scharfen, plötzlich distanzierten Worten: »Und Ihr vergesst, Mylady, dass Teheboth Jerusha Octolaris als seine Tochter angenommen hat. Er ist jetzt an die Spinnengilde gebunden. Er ist ihr Verbündeter. Gebt ihm die Spinnen, und sie sterben, so sicher, als würdet Ihr sie direkt dem Gildehaus zurückgeben.«
»Seid Ihr wirklich so naiv, Euch nicht vorstellen zu können, dass König Teheboth mit der Spinnengilde brechen würde? Er hat immerhin nur Jerusha angenommen – ein Mädchen, das so rebellisch war, ihre Meister zu ignorieren und ein Sklavenmädchen sterben zu lassen! Was würde das Haus Donnerspeer tun, um das Monopol der Spinnengilde zu brechen? Um diese Macht zu brechen? Stellt Euch den Reichtum vor, den König Teheboth gewinnen könnte – und das Einzige, was ihn hindert, ist Jerusha.« Mareka legte die Hände auf ihren Bauch, als umfinge sie das angeschwollene Versprechen eines Kindes. »Was würde Prinz Olric sagen müssen, Mylord? Dass
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