Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin
Brunnen und andere Details ziviler Bauten.
Hal tat Farsos Unaufmerksamkeit achselzuckend ab und nickte dem Schreiber zu, der das Ratstreffen hastig im Namen der Tagesgottheit, Nome, einschwor, indem er um den Segen des Gottes der Kinder bat. Als die Formalitäten erledigt waren, gewährte Hal Puladarati die Ehre, den ersten Bericht zu erstatten.
Der frühere Prinzregent schaute über die Schulter zu seinem mit einem Umhang mit Kapuze bekleideten Schreiber, als brauche er Beistand von dem Mann. Dennoch erhob er sich, verneigte sich vor Hal und richtete seine ersten Worte an seinen Lehnsherrn, bevor er mit einer weitschweifigen Geste seiner dreifingrigen Hand den restlichen Rat mit einbezog. »Amanthia erholt sich gut, Euer Majestät. Welche Makel Sin Hazar auch gehabt haben mag, so hat er sein Land doch gut organisiert. Seine Verwaltungsbeamten unterhalten weiterhin Steuerverzeichnisse, und die Priester zeichnen immer noch Geburten und Tode auf, ordnen die Menschen nach den nördlichen Kasten der Sonnen, Löwen, Eulen und Schwäne.«
Hal nickte. Er verstand das System des Nordens noch immer nicht, konnte nicht begreifen, wie das ganze Leben eines Menschen von den Sternen bestimmt sein konnte, die bei seiner Geburt am Himmel leuchteten. Dennoch lebten die Amanthianer seit Generationen unter diesem System. Hal wusste, dass Puladarati erwogen hatte, sich einen Schwan auf seine Wange tätowieren zu lassen, aber als siegreicher Kommandant hatte er die Idee wieder aufgegeben.
Und Amanthia war tatsächlich völlig besiegt. Sin Hazar war vielleicht ein scharfsinniger Verwalter gewesen, aber er hatte das Endresultat seines Plans, Kinder seines Landes zu verkaufen, nicht vollständig bedacht. Er hatte sich nicht vorgestellt, wie es sein würde, ein einer ganzen Generation von Jungen, von Männern, beraubtes Land zu regieren. Selbst ohne Sin Hazar peinigte das Kleine Heer Amanthia weiterhin. Die fehlenden Kinder erinnerten die Nordländer ständig daran, wie viel sie verloren hatten. Mütter, Schwestern, uralte Großväter – alle wurden von Visionen der einstigen Größe Amanthias heimgesucht. Ohne die Kinder hatte Amanthia Hungersnöte, Aufruhr und politische Zerrüttung erdulden müssen.
Puladarati schloss seinen Bericht mit den Worten: »Wir haben zum ersten Mal, seit Euer Majestät die Kontrolle über Amanthia übernahm, Saatmais in den Scheunen. Er sollte innerhalb des nächsten Monats gesetzt werden, und wir haben allen Grund zu erwarten, dass er zu reichlichen Rationen für Tier und Mensch heranreifen wird. Zusätzlich setzen wir große Hoffnungen auf die Weizenernte. Die Handelsmessen, die nach Sin Hazars Hinrichtung vollkommen eingestellt wurden, können nun wieder beginnen, zumindest diejenige in Amanth selbst. Euer Staatsgebiet im Norden, Euer Majestät, wird sich bald erholt haben.«
»Wir danken Euch, Puladarati«, sagte Hal. Die Erwähnung der Handelsmessen brachte ihm natürlich Rani wieder in Erinnerung. Hals Puls beschleunigte sich, und er ballte die Hände unwillkürlich zur Faust. Selbst wenn es falsch von ihm war, sich mit ihr über das Darlehen des Heiligen Vaters zu streiten, selbst wenn ihr Streit sein Fehler war, hätte sie seine Entschuldigung annehmen sollen. Es war nicht leicht gewesen, so früh im Jahr Anemonen zu finden, besonders diejenigen von der Farbe ihres kostbaren, blauen, zarithianischen Glases.
Hal erkannte, dass seine Gedanken abschweiften, und zwang seine Aufmerksamkeit zum Rat zurück. Bevor er jedoch das nächste Thema anschneiden konnte – den Bau von Mairs Hospital für die Unberührbaren –, räusperte Puladarati sich. »Euer Majestät, wenn ich um Eure Nachsicht bitten dürfte?«
»Mylord?«, antwortete Hal leichthin und versuchte, den jähen Krampf in seinem Magen zu ignorieren. Es war ungewöhnlich für Puladarati, vom erwarteten Pfad eines Treffens abzuweichen.
»Es gibt noch eine Angelegenheit, die ich ansprechen muss, eine, die wir in der Vergangenheit häufig diskutiert haben. Ich weiß, dass jetzt ein schlechter Zeitpunkt dafür ist, bei Morens gegenwärtiger Notlage, aber ich kann nicht in den Norden zurückkehren, ohne das Thema angeschnitten zu haben.«
»Fahrt fort, Mylord.« Hal versuchte, eine gewisse Kälte aus seiner Stimme herauszuhalten. Er mochte keine Überraschungen, besonders keine Überraschungen, die ihren Ursprung in den Gebieten des Nordens hatten. Amanthia hatte ihn für ein ganzes Leben genug über Überraschungen gelehrt.
»Euer Majestät,
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