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Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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wie sie sich durch deinen Körper bewegt. Atme jetzt aus. Lass deine Sorgen entweichen. Gut, Ranita. Sehr gut. Nun atme wieder ein…«
    Ranitas Körper kribbelte, summte unter der Kraft, die sie einatmete. Das Ausatmen verdoppelte ihre Kraft, tröstete sie, heilte sie und machte sie vollständig.
    Flarissa sprach weiter. »Erinnere dich dieser Macht, Ranita. Erinnere dich der Macht des Hypnotisierens. Denk daran als Glas, das du in dich gießen kannst, Glas, das mit jedem Atemzug fester und glatter wird. Du kannst zu dieser Macht zurückkehren. Du kannst allein zurückkehren, ohne mich. Wann immer du Kraft und Macht und Frieden brauchst, kannst du dorthin zurückkehren. Das ist die Macht des Hypnotisierens. Verstehst du?«
    »Ja.«
    »Dann erinnere dich, Ranita. Erinnere dich all der Fragen, die ich dir gestellt habe, und all der Antworten, die du gegeben hast. Und erinnere dich der Empfindungen, die du jetzt hast, des Trosts und der Sicherheit dieses Ortes, erinnere dich ihrer und spüre sie, wenn wir das Hypnotisieren beendet haben. Spüre sie für den Rest des heutigen Tages und morgen und alle zukünftigen Tage. Sehr gut, Ranita. Wenn du bereit bist, möchte ich, dass du mit mir zählst, von zehn bis eins. Ich möchte, dass du das Glas loslässt und zu meinem Zelt und meiner Kohlenpfanne und nach Liantine zurückkommst. Wirst du das tun, Ranita?«
    Sie wollte es nicht. Sie wollte ewig bei dem Glas bleiben. Sie wollte von Handeln und Verantwortung fernbleiben.
    Aber Flarissa sagte, sie könne zum Glas zurückkommen, wann immer sie wolle, dass sie sich erinnern könne, wie sie sich jetzt fühlte. Flarissa sagte, sie habe die Macht.
    »Zehn«, sagte Flarissa. Rani wehrte sich gegen den Einfluss.
    »Neun«, sagte Flarissa. »Acht.«
    Die Zahlen dröhnten in Ranis Schädel, zerrten an ihr, zogen sie. »Sieben. Sechs.«
    »Fünf«, flüsterte Ranita. »Vier.« Ihre Stimme wurde kräftiger, passte sich Flarissas Stimme an. »Drei.« Sie sprach normal. »Zwei.« Sie atmete tief durch. »Eins!«
    Sie öffnete ruckartig die Augen.
    Sie saß noch immer in dem Zelt. Die Kiefernstäbe gaben noch immer ihren gekräuselten, rauchigen Duft in die Luft ab. Die cremeweiße Kerze stand noch immer neben der Kohlenpfanne, wobei ein wenig mehr Wachs um ihren Docht geschmolzen war. Rani zwang sich, Flarissa anzusehen. »Ihr habt mich in die Kathedrale zurückkehren lassen.«
    »Du hast erwählt, dorthin zu gehen. Du hast erwählt, diese Geschichte zu erzählen.«
    »Ich hatte Angst. Ich wollte mich nicht an Tuvashanorans Tod erinnern, nie wieder.«
    »Du warst sehr tapfer.« Flarissa lächelte, schloss die Hände über dem Kobaltkiesel und verbarg ihn in ihren Röcken. »Wie fühlst du dich, Ranita?«
    Rani hielt inne, um nachzudenken, bevor sie die Frage beantwortete. Ihr Zorn auf Hal war geschwunden. Ihre Hoffnungslosigkeit, das Gefühl, dass sie gefangen war – alles fort. Sie fühlte sich, als wäre sie durch die Straßen Morens gelaufen, durch jeden Gang des Händlerviertels ihrer Kindheit gelaufen. Sie fühlte sich, als hätte sie eine perfekte Glasmalertechnik mit den mächtigen Mustern kombiniert, die sie als Händlerkind geschaffen und studiert hatte. Sie lächelte mühelos. »Wundervoll!«, flüsterte sie.
    Flarissa nickte und erhob sich. Rani folgte ihr nach, war aber überrascht, als sie merkte, dass sich das Zelt wild um sie drehte. »Langsam«, sagte Flarissa. »Atme tief durch. Nimm dir einen Moment Zeit, zu dir zu kommen.«
    Rani umklammerte haltsuchend die Hand der Frau. Erst als der Boden aufhörte, sich zu neigen, wagte sie es, der Gauklerin in die Augen zu sehen. »Bitte, Flarissa. Wollt Ihr mir eine Frage beantworten?«
    »Natürlich.«
    Rani wand sich, war plötzlich verlegen. »Ich…« Sie senkte den Blick. »War…« Sie konnte sich nicht dazu bringen, die Worte auszusprechen – sie waren zu persönlich, zu geheim.
    »Was, Ranita?«
    »War meine Geschichte brauchbar?«, platzte Rani heraus. »Werden die Gaukler meine Geschichte erzählen?«
    Flarissa lächelte nicht, antwortete aber sofort. »Ja. Die Gaukler werden deine Geschichte erzählen. Wir werden sie einstudieren, und dann werden wir sie gut spielen, Ranita Glasmalerin.«
    Stolz wärmte Ranis Brust. »Werdet Ihr mir dann das Glas zeigen? Werdet Ihr mir die Gaukler-Paneele zeigen?«
    »Ja, Ranita Glasmalerin.« Flarissa beugte sich herab, um die Bienenwachskerze hochzunehmen. Rani folgte ihr zu den Truhen, versuchte, ans Atmen zu denken und die tiefe

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