Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin
dieser weltlichen Darstellung der Tore zu den Himmlischen Gefilden, vor diesem Gestell aus Eisen und Holz, das für uns, wenn auch nur einen Moment, ein Durchgang in die nächste Welt zu sein scheint, in das jenseitige Leben, wo wir Frieden und Freude und ewiges Leben finden werden.«
Der Priester kniete sich vor das Eisengestell und beugte den Kopf eine lange Minute in schweigendem Gebet. Berylina beobachtete, wie König Halaravilli ebenfalls auf die Knie sank, seine Lippen sich bei einem von Herzen kommenden Gruß bewegten. Sie fragte sich einen Moment, welche Götter der König wohl anrief, damit sie seine Kinder geleiteten. Königin Mareka zog die Prinzessin neben sich herab, und Berylina konnte nur ein einziges, geflüstertes Wort hören: »Nim…«
Der Heilige Vater streckte die Hand nach einer goldenen Platte aus, die am Rande des verbrannten Bereichs in die Erde eingelassen war. Seine Finger schlossen sich um einen Laib Brot, ein vollkommener Kreis, der heute Morgen im heiligsten Ofen der Priester gebacken worden war. »Prinz Marekivilli ben-Jair, wir beschenken dich mit diesem Brot, um deine Reise zu den Gefilden zu erleichtern. Prinz Halarameko ben-Jair, wir beschenken dich mit diesem Brot, um deine Reise zu den Gefilden zu erleichtern.«
Der Heilige Vater erhob sich und verbeugte sich tief. Dann hob er den vollkommen runden Laib über seinen Kopf, spannte die Finger an und teilte den Laib in zwei gleiche Teile. Er wandte sich zu seinem König und der Königin um und bot ihnen das Begräbnisbrot dar. Königin Mareka konnte sich nicht regen, aber der König trat vor und nahm eines der Stücke entgegen. Er riss einen Bissen von dem Laib ab und bot ihn seiner Frau dar, legte ihn in ihren geöffneten Mund, als sie es anscheinend nicht selbst tun konnte. König Halaravilli nahm auch ein Stück für sich selbst, kaute langsam, als hätte er niemals zuvor Brot geschmeckt. Erst als er den Hals reckte und hörbar schluckte, reichte er Dartulamino den Laib zurück. Der Priester betrat das eiserne Rahmenwerk und lehnte die Brotstücke an die beiden verhüllten Bündel.
Dann trat der Heilige Vater zurück, verbeugte sich erneut und richtete sich mit einem goldenen Becher in der Hand wieder auf. Das blendende Sonnenlicht schimmerte vom Rand des Bechers ab, sandte eine Botschaft gen Himmel. »Prinz Marekivilli, wir beschenken dich mit diesem Wein, um deine Reise durch die Tore zu erleichtern. Prinz Halamareko, wir beschenken dich mit diesem Wein, um deine Reise durch die Tore zu erleichtern.«
Aber zuerst bot der Priester den Becher natürlich seinem König und der Königin dar. König Halaravilli half seiner Frau erneut, hielt den Becher so, dass sie schlucken konnte. Berylina dachte einen kurzen Augenblick, Mareka würde nicht handeln können, aber dann schloss sie die Augen und trank aus dem Becher. Wein glänzte auf ihren Lippen, während ihr Mann es ihr gleichtat, und dann beobachtete das königliche Ehepaar, wie sich der Priester wieder dem Scheiterhaufen zuwandte.
Er goss den Wein langsam aus, verschüttete die Hälfte davon auf ein Leichentuch, bevor er sich umwandte, um dann auch das andere zu benetzen. Als er zurücktrat, drängte die Menge näher heran. Sie wussten, dass nur noch ein Gebet zu sprechen blieb, eine Handlung zu vollziehen blieb.
»Möge Nome über diese Kinder wachen, nachdem sie in die Himmlischen Gefilde eingegangen sind. Möge Gir sie in seine Flammengewänder hüllen, damit sie die Tore so schnell wie möglich erreichen. Möge Tarn sie unter seinen Umhang nehmen und sie sicher vor weiterem Schaden bewahren.«
Eine Flötenmelodie zeigte, dass Nome seine Aufgabe annahm. Gir trat in seinen golden-weißen Gewändern vor, so kühl für den Gott des Feuers. Tarn zeigte sich erneut als Blitz, in Berylinas Geist grün-schwarz.
Und dann hob der Heilige Vater eine Hand. Die beiden Priester senkten ihre Fackeln, hielten das brennende Pech in die Stapel ölgetränkten Holzes. Flammen sprangen augenblicklich auf, orangefarbene und rote und gelbe Zungen, die an den leinenen Tüchern, dem Brot, dem vergossenen Wein leckten.
König Halaravilli schrie auf, ein wortloses Klagen, das so über den Hof getragen wurde, wie sich das Feuer gen Himmel ausstreckte. Königin Mareka sank auf die Knie, atmete keuchend und schluchzte: »Nim, Nim!«
Berylina spürte die Gegenwart des Gottes des Windes und eines Dutzend seiner Brüder, alle versammelt, um die königlichen Prinzen willkommen zu heißen. Der
Weitere Kostenlose Bücher