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Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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währenddessen in die Hände und wechselten im Flug die Richtung. Einmal wanden sich zwei behände Frauen um einen Stab auf dem Würfel und kreisten wie Fische, die aus dem Ozean steigen.
    Die ganze Zeit über, während die Darsteller ihre Sprünge und Sätze ausführten, stand die einzelne Frau am Boden, zählte den Rhythmus ab, kontrollierte die Vorführung, hielt die Handlungen stetig und glatt. Rani hielt den Atem an, als alle vier Akrobaten mitten in der Luft eine unwahrscheinliche Reihe von Pirouetten drehten, und trat unwillkürlich einen Schritt vor, als einer der Gaukler ausrutschte. Der Mann fing sich jedoch mühelos wieder und probte weiter, passierte seine Gefährten, als hätte er die prekäre Balance der Gruppe nicht in Gefahr gebracht.
    Nur allzu bald fanden sich die Gaukler in ihren ursprünglichen Ecken wieder, klammerten sich mit Händen an Eisen, die vor Anstrengung zitterten. Sie warteten, bis ihre gesamte Truppe bereit war, riefen dann einstimmig etwas, stießen sich von dem Eisengebilde ab und landeten auf den Steinplatten. Alle Gaukler neigten den Kopf, streckten sich zu einem vermeintlichen Publikum aus.
    Rani warf den Kopf zurück, lachte und klatschte aus reiner Freude in die Hände. »Das war wundervoll!«, rief sie aus und sah die Darsteller einzeln an. »Ich habe euch diese Nummer noch nie einüben sehen!«
    Die Gaukler erhoben sich und nahmen ihr Lob lächelnd entgegen. Noch während Rani vortrat, um ihnen weiterhin zu gratulieren, kam der fünfte Gaukler, die Frau, die den Takt ausgezählt hatte, heran. Wie hieß sie noch? Rani wusste es… Ah, ja. Takela.
    »Das war alles falsch!«, fauchte die Frau. »Modu, wenn du dir so viel Zeit nimmst, die Runde auf den oberen Stangen zu vollenden, wird Shareni unten verloren sein. Sie braucht den Schwung deiner Arme, um wieder nach oben zu gelangen.« Modu nickte, sein hübsches Gesicht düster, während er das Eisengebilde ansah. »Und Shareni, du kannst bei der letzten Runde nicht nach der dritten Stange greifen. Dann lässt du keinen Raum für Robits Fuß.«
    »Aber…«
    »Kein Aber. Hier geht es um Sicherheit.« Shareni schluckte weiteren Protest hinunter und nickte.
    Rani tat das Mädchen leid. Selbst sie, die nicht so gut trainiert war wie die Gaukler, konnte sehen, dass Shareni ihre Hand nirgendwo anders hätte hinlegen können. Sie brauchte die dritte Stange. Vielleicht sollte man Robit bitten, seine Position zu wechseln. Oder vielleicht sollten sie der Drehung einen weiteren Takt hinzufügen, Shareni mehr Zeit geben, ihren Platz zu finden. Rani räusperte sich und trat vor. »Ich fand die Balance verblüffend. Ich fand, das war eine sehr gut ausgeführte Übung.«
    Takela schaute auf, als hätte sie Rani gerade zum ersten Mal bemerkt. Die Gauklerin verbeugte sich tief und verschränkte dabei theatralisch beide Arme über ihrer Brust. Das blau-schwarze Haar der Frau kräuselte sich im Sommersonnenschein. »Ranita Glasmalerin. Wir fühlen uns geehrt, dass Ihr gekommen seid, um unserer bescheidenen Übung zuzusehen.«
    Takelas Gebrauch des Titels brachte Rani die Bedeutung des Pergaments wieder in Erinnerung, das sie noch immer zusammengerollt in der Hand hielt. Außerdem wurde dadurch ein Keil zwischen Rani und die Gaukler getrieben, wurde sie daran erinnert, dass sie sie förderte. Während Rani seufzend beobachtete, wie sich die freundlichen Gaukler in respektvolle Berufstätige verwandelten, ermahnte sie sich, dass sie kaum die Zeit für Zerstreuungen hatte. Sie musste mit Tovin sprechen.
    »Schade, Takela«, sagte sie bemüht leichthin. »Ich fürchte, ich habe keine Zeit, mir auch noch eure anderen Nummern anzusehen. Ist Tovin hier im Übungshof?«
    »Ja, Glasmalerin. Er ist im Werkschuppen.« Takela deutete mit dem Kopf auf das Gebäude, das am anderen Ende des Hofes stand. Rani dankte ihr und eilte über die Steinplatten. Als sie den Eingang des Schuppens erreichte, schaute sie zu den Gauklern zurück und bemerkte, dass sie erneut ihre Plätze an den Ecken des Würfels eingenommen hatten. Takela war wieder bereit zu zählen, sie durch die gesamte Nummer zu führen.
    Bevor sie beginnen konnte, verschwand die Sonne hinter einer Wolke und ließ die Nachmittagsluft plötzlich frostig werden. Rani blinzelte, und der Eisenwürfel hob sich in dem neuen Licht scharf von den cremefarbenen Steinplatten ab. Rani wurde an den Begräbnisscheiterhaufen erinnert, der auf dem Kathedralengelände gestanden hatte, an die unerbittlichen Eisenstäbe,

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