Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin
Berylina hörte ihn kaum, als er seine Formel wiederholte. Ihr Mund wurde von der Essenz des Pfirsichs erfüllt, vom perfekten Geschmack der Sommerfrucht, während sie ihre Dankbarkeit bezeigte. Sie verpasste fast die Frage des Priesters: »Und dein vierter Gott?«
Berylina zögerte. Sie hatte lange Stunden hin- und herüberlegt, bevor sie ihre vierte Wahl getroffen hatte. Sie wusste, dass Pater Siritalanu sie missbilligte. Er hielt ihre Wahl für ein Kind für unangemessen. Nun, sie war kaum mehr ein Kind. Und ihre Wahl machte im Zusammenhang mit ihren Zielen Sinn. Sie wollte Götter des Übergangs, und es gab wohl kaum einen Gott, der mehr Übergänge beherrschte als dieser. Sie zwang sich, die Stimme anzuheben, laut genug zu sprechen, um gehört zu werden. »Zil. Der Gott der Spieler.«
Der Priester schlug mit der Faust auf den Tisch. »Zil! Du verspottest mich, Mädchen!« Die Menge wurde unruhig, und einer von Berylinas vier bewaffneten Unterstützern errötete und erweckte den Eindruck, als wünschte er, niemals vorgetreten zu sein.
Sie erklärte hastig: »Nein! Ich fühle mich zum Gott der Spieler hingezogen, Pater. Er spricht auf Arten zu mir, die ich noch nicht verstehe. Ich unternehme diese Reise, um ihn besser verstehen zu lernen, um die Wahrhaftigkeit seiner Art zu erkennen.«
»Du machst diese Reise, um uns hier in Brianta zu verspotten.«
»Pater, das dürft Ihr nicht glauben! Ich habe während all der langen Tage und Nächte meiner Reise in dieses heilige Land über meine Wahlen nachgesonnen.«
»Du bist ein kleines Mädchen. Warum deine Zeit damit verschwenden, über das Spielen nachzusinnen? Welche üblen Gedanken hegst du in deinem Geist?«
Berylinas Erwiderung zog kalt durch ihren Leib. Wie konnte der Priester – ein all den Tausend Göttern geweihter Mann – es wagen, einen von ihnen so offensichtlich zu beleidigen? Zil war gewiss nicht verlässlich. Er spielte gewiss Spiele mit jenen, die um Führung zu ihm kamen. Er brachte gewiss große Männer zu Fall und erhob andere, die der Ehre kaum wert schienen.
Aber dass ein Priester gegen einen der Tausend sprach? Dass ein Mensch einen Gott ablehnte?
Berylina umklammerte den grünen Stoff ihres Gewandes und erinnerte sich mühsam, dass Priester, wie alle Menschen, fehlbar waren. Priester unterlagen Irrtümern, genauso wie Caloyas, genauso wie Prinzessinnen, genauso wie gewöhnliche sechzehnjährige Mädchen. Berylina wäre nicht perfekt, selbst wenn sie ihre Pilgerreise beendet, die Götter studiert und den Grund ihres Herzens offenbart hätte.
»Bitte, Pater«, versuchte sie erneut. »Zuerst wollte ich meine Pilgerreise Wain, dem Gott des Schicksals, weihen. Er würde Euch gewiss gefallen. Ich erkannte jedoch, dass ein anderer Gott neben mir schritt, ein anderer Gott hat die seltsame Zeit meines Lebens gestaltet. Ich wählte Zil, weil ich gespürt habe, dass seine Macht mich formte, mich gestaltete. Mein Vater hat mit dem Glauben und anderen Dingen gespielt. Ich habe versucht, die Torheit seiner Art zu erlernen, damit ich sie vermeiden und den Tausend mein restliches Leben lang treu bleiben könnte.«
Sie sah, wie sich die Furchen im Gesicht des Priesters entspannten, sah, dass er ihr nachgeben würde. Nun, sie hatte nicht gelogen. Ihr Vater hatte tatsächlich gespielt – auf die rettende Gnade einer Waldgöttin gesetzt. Dass Berylina ihre Pilgerreise Zil weihte, mochte sie ein wenig mehr dessen lehren, was ihr Vater zu erringen gehofft hatte, dessen, wie er geplant hatte, ein Königreich auf einer Hoffnung, einem Gebet und einem wackeligen, falschen Fundament aufzubauen.
»Gut«, grollte der Priester, während er seinen Federkiel wieder in das Tintenfass senkte. »Zil.« Der alte Mann kratzte auf Berylinas Pilgerrolle herum. Sofort wurde ihre Haut von Hermelin umhüllt – weiches, weiches Fell, das über ihre Arme, ihre Beine, ihr Gesicht strich.
Sie war nur einen Augenblick durch Zils Gegenwart abgelenkt, in der Verwunderung verloren, warum er den Hefmelin als seine weltliche Präsenz erwählte. Warum hatten die Götter jedoch überhaupt ihre jeweilige Erscheinungsformen erwählt? Was machte sie glauben, dass ein spezieller Anblick oder Klang oder eine Berührung für ihr grundlegendes Selbst charakteristisch war?
Bevor sie eine Antwort erahnen konnte, rezitierte der Priester die den Gott anrufende Formel. Er beeilte sich damit, und dann verdeutlichte Berylina ihre Annahme. Sie wurde aus der Hermelinberührung entlassen. »Und
Weitere Kostenlose Bücher