Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin
Haut abzustreifen, sich bewusstlos zu schlagen, absolut alles, um sich von Yor und all den anderen Göttern, die in ihren Gedanken flüsterten, zu befreien.
»Da!«, rief Tovin aus. »Du hast es wieder getan! Wohin gehst du, wenn du mich verlässt? Wo sind deine Gedanken?«
»Meine Gedanken sind genau hier«, sagte sie müde, wohl wissend, dass sie den Zugriff, den die Tausend auf sie hatten, niemals erklären könnte. »Meine Gedanken sind bei dir, Tovin.«
»Leicht gesagt. Ich sehe jedoch keinen Beweis in deinem Handeln.«
Seine Gereiztheit erinnerte sie an all die Gründe, warum sie sich getrennt hatten, an all die Gründe, warum er ursprünglich nach Sarmonia gereist war. »Was willst du von mir?« Ihr Zorn brannte so heiß, dass es sie erschreckte. »Du warst derjenige, der mich verlassen hat! Hast du das vergessen? Hast du vergessen, dass du mich ganz allein in Moren zurückgelassen hast?«
»Ich habe nichts vergessen, geehrte Förderin.« Sein Sarkasmus troff schwer. »Ich bin nur ein bescheidener Gaukler, der auf die Frau aufpasst, die seine Truppe unterstützt.«
»Du warst keinen einzigen Tag in deinem Leben bescheiden. Und das ist nicht fair, Tovin. Du warst derjenige, der auf der Förderung durch mich bestand. Was auch immer zwischen uns gewesen ist, ich habe deinen Gauklern niemals geschadet. Ich habe niemals zwischen ihnen und einem Auftrag gestanden.«
Sie sah, wie er seine Antwort abwog, und sie fragte sich, welche Wege seine Gedanken beschriften. Er hatte Tausende zu seiner Verfügung, kurze Reimpaare, welche die perfekte Schmähung einfingen, feierliche Vierzeiler, die sie mit einem Gefühl der Unwissenheit und der Scham zurückließen. So war es nicht gewesen, als sie in Moren zusammenlebten. Damals war er häufig Tovin der Mann gewesen, nicht immer Tovin der Gaukler. Er hatte direkt mit ihr gesprochen, ohne die ständige Bürde der Verletzung und des Zorns. Wann hatten sie diesen endlosen, zornigen Weg beschritten? Und wo war der Pfad, der sie zu einem neuen und friedlicheren Ort führte?
Aber nein, dieses Mal zitierte er kein Gauklerstück für sie. Stattdessen schüttelte er den Kopf, und sie konnte sich das Schimmern von Tränen in seinen kupferfarbenen Augen vorstellen. »Warum tun wir das, Ranita Glasmalerin? Warum streiten wir so?«
»Ich streite nicht«, sagte sie sofort, aber sie hörte die Lüge in ihrem Tonfall. Sie seufzte. »Es tut mir leid, Tovin. Ich werde deine Truppe fördern, jetzt und für immer, so sehr ich kann. Aber das wird mich noch immer nicht zu der Frau machen, die du haben willst.« Sie wandte sich um, um das Zelt zu verlassen.
»Dann gehst du zu Kella.«
»Ja. Wir haben die Schwestern falsch eingeschätzt. Sie sind nicht zu Kella gekommen, haben sie nicht wegen der Gefolgschaft unter Druck gesetzt. Es war noch kein Zeichen von ihnen zu sehen, seit wir Riadelle verlassen haben. Ich habe keine andere Wahl, als mit Kella zusammenzuarbeiten, sie zu überzeugen, mich direkt zu Crestman und den anderen zu führen.«
»Ranita…«
Sie wandte sich bei der Dringlichkeit in seiner Stimme wieder um, so schnell, dass sie noch den sich auf seinen Zügen ausbreitenden Konflikt bemerkte. »Ja?«
Er hielt einen langen Moment inne und sagte dann: »Nichts.« Sie wartete darauf, dass er seine Meinung ändern würde, aber er schüttelte nur den Kopf und wiederholte: »Nichts.«
Als sie den Waldweg entlangging, fragte sie sich, was er hatte sagen wollen. Was wollte er ihr über die Kräuterhexe erzählen? Was hatte er in den langen Monaten beobachtet, bevor sie und Hal im Wald eingetroffen waren? Tovin besaß einen unfehlbaren Sinn für Macht. Es hätte ihn zu Kella hingezogen, wenn er geglaubt hätte, dass sie ihm nützlich sein könnte. Das war immerhin das, was der Gaukler ihr, Rani, angetan hatte. Er war zu ihr gekommen, weil er ihre Macht spürte, ihre Kraft, die Reichtümer, die sie als einer von Hals bevorzugten Gefolgsleuten besaß.
Ein Flüstern in ihrem Unterbewusstsein sagte ihr, dass sie unfair war, dass Tovin aus mehr Gründen als nur wegen ihres Einflusses in Morenia bei ihr geblieben war. Sie verdrängte die nörgelnde Stimme, wandte ihre Energie der Beobachtung des Waldes zu.
Hal würde sie auspeitschen lassen, wenn er erführe, dass sie die Wege allein beschritt. Er befürchtete, dass Crestman hinter jedem Baum wartete, dass Dartulamino an jeder Abzweigung des Weges lauerte.
Rani hatte jedoch andere Muster gesehen. Die Gefolgschaft würde keine Zeit damit
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