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Die Glasblaeserin von Murano

Die Glasblaeserin von Murano

Titel: Die Glasblaeserin von Murano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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dass sie verloren hatte, dass sie würde gehen müssen - aber nicht so. Nicht in dem Bewusstsein, dass dieser Mann sie für eine komplette Idiotin und eine Nervensäge hielt. So durfte es nicht enden. «Ich möchte diesen Spiegel kaufen.» Nora beabsichtigte, den Blumenspiegel mit nach London zu nehmen. Sie hatte hineingeschaut, als ihr Traum starb, das war eine Erfahrung, die sie nicht vergessen durfte. Die Blumen würden sie dagegen immer daran erinnern, was für ein schöner Traum es gewesen war.
    Übergangslos änderte sich das Benehmen des Mannes. Mit geschäftsmäßiger Freundlichkeit geleitete er Nora zum Packtisch, nachdem er Anweisungen gegeben hatte, den Spiegel einzupacken. Als er sie nach ihrer Adresse in England fragte, nannte sie ihm aus einem Impuls heraus die ihrer Mutter. Der Spiegel konnte bei Elinor bleiben, bis Nora ihre Rückreise in die Wege geleitet hatte. Niedergeschlagen setzte sie ihre Unterschrift unter die Rechnung und steckte ihre American-Express-Karte wieder ein. Der Mann warf einen flüchtigen Blick auf ihre Unterschrift. Nora war bereits auf dem Weg die Treppe hinunter, als er sie zurückrief.
    «Signora?»
    Widerwillig kehrte Nora um. Mittlerweile hatte sie diesen Ausflug wirklich satt. Sie wollte nur noch fort, zurück auf das Boot mit den anderen Touristen, denn zu denen gehörte sie in Wahrheit doch ...
    «Gibt es ein Problem?», fragte sie stirnrunzelnd.
    Der Mann schaute auf die Adresse ihrer Mutter und dann wieder auf ihre American-Express-Daten.
    «Manin?», fragte er. «Ihr Name ist Manin?»
    «Si.»
    Benommen nahm er seine Halbbrille ab. Und dann, als sei ihm plötzlich sein Englisch abhanden gekommen, sagte er auf Italienisch: «Sind Sie - Kennen Sie ... Haben Sie schon einmal von Corrado Manin - Corradino - gehört?»
    «Ja, er ist mein Vorfahr. Seinetwegen bin ich nach Venedig gekommen, um das Glasbläserhandwerk zu lernen.» Plötzlich stiegen ihr die Tränen in die Augen. Das alles war zu viel für sie. Ihr Traum war geplatzt, und es schmerzte sie, darüber zu reden. Sie war eine jämmerliche Versagerin - sie hatte als Ehefrau versagt, war nicht schwanger geworden, obwohl dem aus medizinischer Sicht nichts im Wege stand, und bei diesem Wahnsinnsabenteuer hatte sie ebenfalls gründlich versagt. Sie wollte nur noch eins: weg von hier. Doch zu ihrer Überraschung streckte der Mann ihr die Hand entgegen. «Ich bin Adelino della Vigna. Kommen Sie kurz mit, ich möchte etwas überprüfen.»
    Er führte Nora, die nicht wusste, wie ihr geschah, am Ellbogen, nicht über die Haupttreppe, sondern durch eine Nebentür mit der Aufschrift «Privato». Die Touristen beobachteten den Vorgang interessiert, überzeugt davon, dass die junge Frau beim Ladendiebstahl erwischt worden war.
    Nora stieg hinter Adelino eine Eisentreppe hinab, bis ihr der Geruch und die Hitze verrieten, dass sie sich der Werkstatt näherten. Er führte sie durch eine schwere   Tür, die von den dahinter herrschenden Temperaturen ganz warm war. Zum ersten Mal traf sie der volle Gluthauch der Öfen.
    Wie am Guy Fawkes Day, wenn deine Vorderseite am Feuer fast geröstet wird und dein Rücken kalt bleibt.
    Adelino ging mit ihr auf die Flammen zu und parierte dabei mit ein paar Worten die Pfiffe und Bemerkungen der Vetraie, die sich angesichts des deutlich älteren Adelino in Begleitung einer jungen Blondine die Neckereien nicht verkneifen konnten. Er legte sein Jackett ab und griff nach einer Glasmacherpfeife. Nora hielt ihm ihre Mappe hin, doch Adelino winkte ab. «Die können Sie ebenso gut ins Feuer werfen. Hier fangen wir mit allem ganz von vorn an.» Er schob die Pfeife ins Feuer und rüttelte die Kohlen durch, bis sie Funken sprühten. «Diese Glashütte gehört mir. Mittlerweile kümmere ich mich nur noch um die Abrechnungen und den Verkauf, aber früher habe ich auch als Glasbläser gearbeitet - so lange, bis meine Lungen nicht mehr mitmachen wollten. So, und jetzt zeigen Sie mir mal, was Sie damit anstellen.»
    Er reichte ihr die Glaspfeife. Nora zog eilig ihre Jacke aus und warf sie hinter ein paar Eimer, die ineinander gestapelt waren. Behutsam nahm sie die Stange, wohl wissend, dass sie nur diese eine Chance hatte.
    Hilf mir, Corradino!
    Mit der langen Pfeife holte sie einen Klumpen Glasmasse aus dem Feuer und fing vorsichtig an, das Glas zu blasen. Sie rollte es hin und her, erhitzte es erneut, formte und blies mit einem langen Atemzug, bis sich der Külbel gebildet hatte. Erst dann holte sie wieder

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