Die Glasblaeserin von Murano
hinein, damit die verunglückten Stücke zu neuer Glasmasse für den nächsten Tag schmelzen konnten, und schloss die Tür wieder. Dann griff sie nach ihrer Tasche, bedankte sich noch einmal bei Adelino und machte sich eilig auf den Weg zum Boot. Im Laufen band sie sich Corradinos Herz wieder um.
Adelino befühlte die glatte Form in seiner Jackentasche. Ohne zu wissen warum, öffnete er noch einmal die Ofentür und sah zu, wie die Glasherzen zu einer formlosen Masse schmolzen. Er hatte die Wahrheit gesagt. Das Mädchen war wirklich gut genug, um die erste Maestra auf Murano zu werden, und er konnte nur hoffen, dass die Männer seine Entscheidung akzeptieren würden. Voller böser Vorahnungen starrte er in die Flammen. Ein Schauer überlief ihn. Rasch schloss er die Ofentür.
Seine Vorahnungen sollten sich bewahrheiten, doch anders, als er es erwartet hatte.
«Was?», schrie Roberto del Piero mit unnatürlich hoher Stimme. Der Glasbläser ergriff seine neueste Arbeit -eine schöne pasta-vitrea-Vase aus klarem Glas mit eingeschlossenen farbigen Glasperlen - und schmetterte sie gegen den Ofen, sodass sie in tausend glitzernde Stücke zersprang.
Maestra und nicht nur ein Lehrling sind. Allerdings würde ich Ihnen das Angebot nicht machen, wenn ich Sie nicht für fähig hielte. Wenn Sie in den letzten Wochen etwas über mich gelernt haben, dann doch wohl, dass mir der Ruf meines Geschäfts über alles geht. Ich würde es nie zulassen, dass minderwertige Ware diese Glashütte verlässt.» Adelino holte noch einmal das letzte Herz, das sie gemacht hatte, aus dem Eimer. «In diesem Stück steckt Liebe und Können, das sieht man. Es hat eine klare Form und Farbe - es ist gut. Sträuben Sie sich doch nicht so, schließlich ist es eine große Chance für Sie!»
«Ich weiß, und ich bin Ihnen auch sehr dankbar», lenkte Leonora ein. «Ich werde Sie nicht enttäuschen.» Als sie sich umdrehte, um ihre Jacke zu holen, steckte Adelino das Herz heimlich in seine Jackentasche.
«Und nun räumen Sie bitte dieses furchtbare Durcheinander auf. Und ein bisschen zügig, wenn ich bitten darf, damit ich abschließen kann.» Angesichts seiner aufgesetzten Schroffheit mussten sie beide lächeln.
Er hatte das gläserne Herz gerade noch rechtzeitig gerettet, denn Leonora öffnete jetzt die Tür des Ofens, kippte den Inhalt des Eimers hinein, damit die verunglückten Stücke zu neuer Glasmasse für den nächsten Tag schmelzen konnten, und schloss die Tür wieder. Dann griff sie nach ihrer Tasche, bedankte sich noch einmal bei Adelino und machte sich eilig auf den Weg zum Boot. Im Laufen band sie sich Corradinos Herz wieder um.
Adelino befühlte die glatte Form in seiner Jackentasche. Ohne zu wissen warum, öffnete er noch einmal die Ofentür und sah zu, wie die Glasherzen zu einer formlosen Masse schmolzen. Er hatte die Wahrheit gesagt. Das Mädchen war wirklich gut genug, um die erste Maestra auf Murano zu werden, und er konnte nur hoffen, dass die Männer seine Entscheidung akzeptieren würden. Voller böser Vorahnungen starrte er in die Flammen. Ein Schauer überlief ihn. Rasch schloss er die Ofentür.
Seine Vorahnungen sollten sich bewahrheiten, doch anders, als er es erwartet hatte.
«Was?», schrie Roberto del Piero mit unnatürlich hoher Stimme. Der Glasbläser ergriff seine neueste Arbeit -eine schöne pasta-vitrea-Vase aus klarem Glas mit eingeschlossenen farbigen Glasperlen - und schmetterte sie gegen den Ofen, sodass sie in tausend glitzernde Stücke zersprang.
Als hätten seine wilden Anschuldigungen ihn der Kraft für weitere Diskussionen beraubt, ließ Roberto Leonora los und stürmte aus dem Zimmer.
Benommen sank sie in einen Sessel, während sich Adelino - voller Gewissensbisse, weil er die schreckliche Szene nicht verhindert hatte - um sie bemühte. Er bot ihr ein Glas Wasser an, das sie mit einer matten Handbewegung ablehnte, und ließ sich schließlich erschüttert in einen Sessel neben ihr fallen. «Diese Sache mit Corradino - was wollte er damit sagen?», fragte Leonora schließlich. «Wieso sollte er ein Verräter gewesen sein? Und was hat er Robertos Familie angetan?»
Verwirrt schüttelte Adelino den Kopf. «Ich habe keine Ahnung. Alles, was ich weiß, ist, dass Robertos Vorfahr Giacomo damals, vor mehr als dreihundertfünfzig Jahren, ein bedeutender Maestro und Corradinos Lehrer und Förderer war. Soweit ich weiß, waren die beiden die engsten Freunde.»
«Warum hat Roberto dann so etwas behauptet? Warum
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