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Die Glasglocke (German Edition)

Die Glasglocke (German Edition)

Titel: Die Glasglocke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Plath
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das viele Geld, das sechs Geschichten wahrscheinlich brachten, wurde mir ganz schwindelig. Jay Cee sagte, sie müsse bei diesem Essen sehr vorsichtig sein, weil die Schriftstellerin ebenfalls Geschichten schrieb, aber der New Yorker hatte noch nie eine von ihr gedruckt, und Jay Cee hatte in fünf Jahren nur eine genommen. Jay Cee mußte dem berühmteren Mann schmeicheln und gleichzeitig darauf achten, die weniger berühmte Dame nicht zu kränken.
    Als die Engelchen an Jay Cees französischer Wanduhr mit den Flügeln schlugen, die kleinen vergoldeten Trompeten an die Lippen setzten und nacheinander zwölf Töne bliesen, sagte Jay Cee, ich hätte für heute genug getan, solle nun zu der Führung durch die Räume von Ladies' Day gehen, zu dem Bankett und der Filmpremiere, und morgen früh erwarte sie mich frisch und munter zur Arbeit.
    Dann zog sie eine Kostümjacke über ihre lila Bluse, steckte sich einen Hut voll künstlicher Veilchen auf den Kopf, puderte sich flüchtig die Nase und rückte ihre dicke Brille zurecht. Sie sah furchtbar aus, aber sehr klug. Bevor sie das Büro verließ, klopfte sie mir mit einer lila Handschuhhand auf die Schulter.
    »Lassen Sie sich von der verruchten Großstadt nicht unterkriegen.«
    Ich blieb noch ein paar Minuten in meinem Drehstuhl sitzen und dachte über Jay Cee nach. Ich versuchte mir vorzustellen, wie es sein würde, wenn ich Ee Gee wäre, die berühmte Redakteurin, in einem Büro voller Gummibäume und Usambaraveilchen, die meine Sekretärin jeden Morgen gießen mußte. Ich hätte gern eine Mutter wie Jay Cee gehabt. Dann hätte ich gewußt, was ich zu tun hatte.
    Meine eigene Mutter war keine große Hilfe. Seit dem Tod meines Vaters hatte sie Stenographie und Maschineschreiben unterrichtet, um das nötige Geld zu verdienen, aber im stillen haßte sie ihren Beruf, und sie haßte auch meinen Vater dafür, daß er gestorben war und kein Geld hinterlassen hatte, weil er den Lebensversicherungsvertretern nicht traute. Meine Mutter war immer hinter mir her, ich solle Stenographie lernen, damit ich neben dem Collegeabschluß auch etwas Praktisches hätte. »Sogar die Apostel waren Zeltmacher«, sagte sie. »Sie mußten sich genauso durchs Leben schlagen wie wir.«
    Ich tauchte meine Finger in die Schale mit warmem Wasser, die mir eine Kellnerin von Ladies' Day anstelle der beiden leeren Eisschalen vorsetzte. Dann trocknete ich mit meiner Leinenserviette, die noch ganz sauber war, jeden Finger sorgfältig ab. Dann faltete ich die Leinenserviette zusammen, legte sie zwischen die Lippen und drückte meine Lippen darauf. Als ich die Serviette auf den Tisch zurücklegte, blühte auf ihr genau in der Mitte eine wolkige rosa Lippenform wie ein kleines Herz.
    Mir fiel ein, was für einen weiten Weg ich schon hinter mir hatte.
    Eine Fingerschale hatte ich zum erstenmal im Haus meiner Gönnerin gesehen. Es sei am College üblich, so hatte mir die kleine, sommersprossige Dame vom Stipendienbüro erklärt, derjenigen Person, von der man das Stipendium bekommen hatte, sofern sie noch lebte, in einem Brief zu danken.
    Ich hatte das Stipendium von Philomena Guinea, einer wohlhabenden Romanautorin, die zu Beginn des Jahrhunderts mein College besucht hatte und deren erster Roman zu einem Stummfilm mit Bette Davis und einer Radioserie verarbeitet worden war, die immer noch lief, und wie sich herausstellte, lebte Philomena Guinea noch – in einer großen Villa nicht weit vom Country Club meines Großvaters entfernt.
    Also schrieb ich ihr einen langen Brief in kohlschwarzer Tinte auf grauem Papier mit dem Namen des Colleges in roter Prägeschrift darauf. Ich schrieb, wie die Blätter im Herbst aussahen, wenn ich in die Berge hinausradelte, und wie herrlich es sei, auf einem Campus zu leben, statt zu Hause zu wohnen und regelmäßig mit dem Bus in ein Stadtcollege fahren zu müssen, und wie sich mir alles Wissen erschlösse und daß auch ich vielleicht eines Tages bedeutende Bücher würde schreiben können, wie sie es tat.
    Ich las eines von Mrs. Guineas Büchern in der Stadtbücherei – die College-Bibliothek führte sie aus irgendeinem Grund nicht –, und es war von vorn bis hinten vollgestopft mit langen, spannungsgeladenen Fragen: »Würde Evelyn bemerken, daß Gladys in ihrer Vergangenheit Roger gekannt hatte? fragte sich Hector fiebernd« und »Wie konnte Donald sie heiraten, wenn er von dem Kind Elsie erfuhr, das bei Mrs. Rollmop auf der entlegenen Farm versteckt war? fragte Griselda ihr im

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