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Die Glasglocke (German Edition)

Die Glasglocke (German Edition)

Titel: Die Glasglocke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Plath
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Dreirädern, Puppenwagen, Spielzeugfeuerwehrautos, Baseballschlägern, Federballnetzen, Krocket-Toren, Hamsterkäfigen und kleinen Cockerspaniels – ebendem ganzen ausufernden Drum und Dran einer Kindheit am Stadtrand.
    Ich wußte nicht, warum – aber Dodo interessierte mich.
    Ihr Haus war anders als alle anderen in unserem Viertel, sowohl der Form nach (es war viel größer) als auch der Farbe nach (der erste Stock war mit dunkelbraunem Holz verkleidet, während das Erdgeschoß grau verputzt und mit grauen und dunkelroten golfballähnlichen Steinen verkleidet war), und die Kiefern schirmten es gegen jeden Blick ab, was in unserer Gegend der ineinander übergehenden Rasenflächen und freundlichen, hüfthohen Hecken als ungesellig galt.
    Dodo zog ihre sechs Kinder mit Reiscrispies, Erdnußbutter-und Marshmallow-Sandwiches, Vanilleeis und literweise Milch von Hoods groß – und würde es mit ihrem siebten demnächst sicherlich genauso machen. Sie bekam einen speziellen Rabatt vom Milchhändler.
    Dodo war allgemein beliebt, obwohl über ihre immer größer werdende Familie in der Nachbarschaft viel geredet wurde. Die älteren Leute, wie meine Mutter, hatten zwei Kinder, die jüngeren, wohlhabenderen hatten vier, aber niemand außer Dodo stand kurz vor dem siebten. Schon sechs galten als übertrieben, aber Dodo, so hieß es, sei schließlich katholisch.
    Ich beobachtete, wie Dodo den jüngsten Conway auf und ab schob. Sie schien es meinetwegen zu tun.
    Kinder machten mich krank.
    Eine Diele knarrte, und ich duckte mich wieder, genau in dem Augenblick, in dem sich Dodo Conways Gesicht instinktiv oder dank eines übernatürlichen Gehörs auf dem kleinen Angelpunkt ihres Halses drehte.
    Ich spürte, wie ihr Blick durch die weißen Bretter der Außenverkleidung und die rosa Tapetenrosen drang und mich hinter den Silberrippen des Heizkörpers kauernd entdeckte.
    Ich kroch zurück ins Bett und zog mir das Laken über den Kopf. Aber damit konnte ich das Licht nicht fernhalten, deshalb bohrte ich meinen Kopf in die Dunkelheit unter dem Kopfkissen und tat, als sei es Nacht. Ich sah keinen Grund aufzustehen.
    Es gab nichts, worauf ich mich freuen konnte.
    Nach einiger Zeit hörte ich das Telefon unten im Flur klingeln. Ich stopfte mir das Kissen in die Ohren und gab mir fünf Minuten. Dann hob ich den Kopf aus seinem Bohrloch. Das Klingeln hatte aufgehört.
    Im nächsten Augenblick fing es wieder an.
    Ich verwünschte denjenigen, ob Freundin, Verwandter oder Fremder, der herausgefunden hatte, daß ich wieder zu Hause war, und tappte barfuß nach unten. Wieder und wieder trällerte der schwarze Apparat auf dem Tisch im Flur seinen hysterischen Ton, wie ein nervöser Vogel.
    Ich griff nach dem Hörer.
    »Hallo«, sagte ich mit dunkler, verstellter Stimme.
    »Hallo, Esther, was ist denn los, bist du erkältet?«
    Es war meine alte Freundin Jody, sie rief aus Cambridge an.
    Jody arbeitete in diesem Sommer bei der Genossenschaft und nahm an einem Mittagskurs in Soziologie teil. Sie und zwei andere Mädchen aus meinem College hatten von vier Jurastudenten aus Harvard eine große Wohnung gemietet, und ich hatte zu ihnen ziehen wollen, wenn mein Schreibkurs anfing.
    Jody wollte wissen, wann sie mit mir rechnen könnten.
    »Ich komme nicht«, sagte ich. »Ich bin nicht angenommen worden.«
    Es entstand eine kleine Pause.
    »Dieser Blödmann!« sagte Jody. »Er weiß nicht, was gut ist.«
    »Ganz meine Meinung.« Meine Stimme klang fremd und hohl in meinen Ohren.
    »Komm trotzdem. Nimm einen anderen Kurs.«
    Mir fiel ein, ich könnte Deutsch studieren oder Psychiatrie. Ich hatte fast alles gespart, was ich in New York verdient hatte, und hätte es mir leisten können.
    Aber die hohle Stimme sagte: »Rechnet besser nicht mit mir.«
    »Na ja«, begann Jody, »es gibt da noch ein Mädchen, sie wollte zu uns kommen, falls jemand abspringt …«
    »Wunderbar. Fragt sie.«
    In dem Augenblick, als ich auflegte, wußte ich, daß es besser gewesen wäre, zuzusagen. Noch ein Morgen mit Dodo Conways Kinderwagen, und ich würde verrückt werden. Außerdem hatte ich es mir zum Prinzip gemacht, mit meiner Mutter nie länger als eine Woche unter einem Dach zu wohnen.
    Ich griff nach dem Hörer.
    Meine Hand tastete sich ein paar Zentimeter vor, doch dann zog sie sich wieder zurück und sackte nach unten. Ich zwang sie noch einmal in die Richtung des Hörers, und wieder stockte sie, als würde sie gegen eine Glasscheibe stoßen.
    Ich schlenderte ins

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