Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin
Weg zu schaffen, tat dieser Blick seine Wirkung. Luis fühlte sich unbehaglich.
»Ich habe weder Morde begangen, Eure Heiligkeit, noch welche in Auftrag gegeben. Das ist die Wahrheit.«
Julius ließ sich Zeit. Er griff sich drei Trauben, die er verschluckte wie ein Karpfen. »Nun gut. Aber sagt mir: Was steckt dahinter? Glaubt Ihr tatsächlich, dass der Teufel sich in Trient niedergelassen hat?«
»Das erscheint mir die einzig logische Erklärung zu sein, und außerdem eine äußerst nützliche. Bedenkt, Eure Heiligkeit, dass das Auftauchen des Bösen in Trient eine Fortsetzung des Konzils unmöglich macht. Selbst der Kaiser wird einsehen, dass wir nicht zusehen können, wie unsere höchsten Prälaten einer nach dem anderen einer teuflischen Bestie zum Opfer fallen. Bis ein neues Konzil einberufen werden kann, vergeht ein Jahr, vielleicht ein weiteres. Der Kaiser ist alt, er kränkelt, manche sprechen von zunehmender Melancholie bei ihm. Die Zeit ist ein äußerst wichtiger Faktor, Eure Heiligkeit, sie ist unsere Verbündete. Machen wir von ihr Gebrauch. Allerdings …«
Der Papst beugte sich nach vorne. »Allerdings? Sprecht weiter, de Soto.«
Luis erkannte, dass er – nachdem es kurzzeitig ungemütlich für ihn geworden war – nun die Oberhand in diesem Gespräch bekam. Julius hing an seinen Lippen. Er hatte ihm, wie er es vorausgesehen hatte, eine plausible Erklärung für die Morde geliefert, noch dazu eine, die Julius zu seinem Vorteil würde benutzen können. Die Mächtigen liebten es, im Vorteil zu sein. Und Luis würde jetzt den Preis dafür nennen.
»Allerdings, Eure Heiligkeit, müssen wir unserer Überzeugung, das Böse treibe sich um, Ausdruck verleihen, indem wir dem Kaiser vor Augen führen, wie entschlossen wir dagegen kämpfen. Konkret: Wir müssen zahlreiche Personen befragen und verhaften lassen: die Huren, die Juden, kräuterkundige Weiber, Irre, Mondsüchtige, Kinder mit Alpträumen, Personen mit auffälligem Verhalten … Wir fordern die Bevölkerung zur Denunziation auf, und wir lassen Exorzisten kommen.«
Julius machte ein Gesicht, als werde er an einen unliebsamen Verwandten erinnert, aber er nickte. »Genehmigt. Vergesst nicht, dass Ihr dafür die Einwilligung des Fürstbischofs benötigt, denn er ist der Stadtregent. In Trient bin ich nur Gast.«
Luis verbeugte sich tief. »Der Fürstbischof wird sich kaum Eurem Wunsch widersetzen. Ich danke Eurer Heiligkeit.« Er räusperte sich. »Da wäre noch die Sache Carissimi zu klären.«
Luis hatte den Zeitpunkt genau gewählt, an dem er Julius darauf ansprach. Das weitere Vorgehen war besprochen, ein vielversprechender Plan beschlossen. Jeder, der die Verwirklichung dieses für Julius beruhigenden Planes stören konnte, würde von ihm als Feind angesehen werden.
»Eure Heiligkeit, Carissimi ist zur Gefahr geworden. Er stöbert viel herum, und dabei könnte er einige meiner kunstvoll verborgenen Geschäfte enthüllen. Er ist nicht gerade der Geschickteste, müsst Ihr wissen.«
Julius und Innocento tauschten einen Blick.
»Ich habe mich, bevor Ihr gekommen seid, mit meinem Sohn darüber beraten, und wir sind zur Ansicht gekommen, dass zwei Visitatoren den gewaltigen Aufgaben, vor denen wir in Trient stehen, nach wie vor besser gewachsen sind als nur einer allein.«
»Eurer und meiner Überzeugung, der Teufel gehe in Trient um, wird Sandro Carissimi niemals zustimmen, Eure Heiligkeit, im Gegenteil, er wird es leugnen und damit unser Vorhaben gefährden.«
»Ich werde ein deutliches Wort mit ihm sprechen.«
»Er ist untergetaucht. Gestern hat er mich niedergeschlagen und eine geständige Besessene aus dem Kerker entlassen. Eine weitere Verdächtige, eine Irre, ist – vermutlich auf sein Betreiben hin – meinem Zugriff entzogen worden. Der Mann ist unberechenbar und aggressiv, seine neue Stellung ist ihm wohl zu Kopf gestiegen, oder – was nicht auszuschließen ist – er ist selbst Teil des Problems.«
»Ihr meint, Teil des Bösen?«
»Wie gesagt, er ist unauffindbar und entzieht Verdächtige meinen Befragungen. Ich bitte Eure Heiligkeit inständig, meinem Ersuchen nachzukommen, nach Carissimi zu fahnden und ihn zu verhaften. Eine peinliche Befragung könnte Aufschluss darüber geben, ob …«
»Ihr übertreibt, de Soto«, mischte sich zu Luis’ Überraschung Innocento ein. »Carissimi hat mir das Leben gerettet, und er hat die Unschuld einer Frau erkannt, die Ihr für schuldig erklärt hattet.«
»Nicht einer Frau, sondern
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