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Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Titel: Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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befördert er mich aus Dankbarkeit morgen zum Kardinal. Oder er weiß davon, dann …«
    Er sprach den Satz nicht zu Ende. »Was werdet Ihr tun?«, fragte sie.
    Sie sahen sich lange an.
     
    Luis küsste den anulus piscatoris mit einer Innigkeit, als hätte er es mit einer schönen Frau zu tun. Ergeben blieb er knien, bis der Papst seine Hand zurückzog und mit einer winzigen Geste zu verstehen gab, dass er sich erheben dürfe. Julius III. saß auf einem mit blauem Samt überzogenen Sessel im Quartier seines Sohnes Innocento, eingehüllt in seine Gewänder, da der Kamin noch keine Wärme spendete. In diesem engen, dicht möblierten Raum kam seine Stellung nicht zur Geltung, er sah aus wie ein Dekorationsobjekt, ein Teil des Plunders. Ihm ging – mit seiner massigen Gestalt und den großen, ausladenden Gesten, die er liebte, da er gerne und laut lachte – jede Grandezza ab. Er war kein Papst mit einer Ausstrahlung wie Gregor VII., der einen Kaiser in Canossa gedemütigt hatte, wie Urban II., der zu den Kreuzzügen aufgerufen hatte, oder wie Julius’ Vorgänger Paul III., dessen umfassende Bildung ihn zu einem Gelehrten auf dem Heiligen Stuhl machte. Julius war ein Machtmensch wie fast alle Päpste, und er konnte scharfsinnig sein, wenn es um seine Interessen ging, doch die umfassende Intelligenz fehlte ihm. Er war vergleichbar mit einem bauernschlauen Gutsbesitzer: gehaltlos, geistlos, ein Geldmensch. Diese Banalität stand ihm ins Gesicht geschrieben und glänzte matt in den wässrigen Augen. Im Grunde waren sie sich ähnlich, Vater und Sohn. Innocento hatte sich für dieses mit Möbeln und Zierrat vollgestellte Quartier entschieden, und Julius passte gut hierher.
    Innocento stand hinter seinem Vater und stützte sich lässig auf die Rückenlehne des Stuhles. Nur er durfte sich das erlauben. Jeder andere – auch jeder andere Vertraute – wäre dafür kurzerhand in den Kerker geworfen worden.
    Der Papst, auf den die Anwesenheit seines Sohnes sichtlich entspannend wirkte, sagte: »Nun, de Soto, ich höre.«
    »Wie Eure Heiligkeit meinen Berichten entnehmen konnte, habe ich eine Annäherung an extreme protestantische Positionen verhindert und außerdem erfolgreich darauf geachtet, dass der Kaiser uns keine Blockade vorwerfen kann.«
    »Wir haben uns also gegenüber den Reformkräften stets kompromissbereit gezeigt?«
    »Unbedingt, Eure Heiligkeit!«, antwortete Luis mit einem ironischen, verschwörerischen Unterton. »Trotzdem kamen – bedauerlicherweise – keine Kompromisse zustande. Was kann Eure Heiligkeit dafür, wenn französische und andere Prälaten eine weitgehende Kirchenreform nicht unterstützen?«
    Julius grinste. »Wie viel hat uns die ablehnende Haltung dieser Prälaten gegen eine Kirchenreform gekostet?«
    »Die Kosten halten sich in Grenzen.«
    »Für das, was wir gespart haben, geben wir in Rom ein Fest, wenn wir zurück sind«, sagte Julius, an seinen Sohn gewandt. »Ihr seid natürlich auch eingeladen, de Soto. Meisterhaft, wie Ihr es geschafft habt, die Protestanten und die Reformer unserer Kirche zu überlisten.«
    Luis legte die Hand auf die Brust und verbeugte sich. »Zu gütig, Eure Heiligkeit. Ich hatte nur die richtigen Informationen zur richtigen Zeit.«
    »Wart Ihr diskret?«
    »Sehr.«
    »Eine Bestechung, die dem Kaiser zu Ohren käme, wäre eine Katastrophe.«
    »Keine Sorge, ich habe die Mittel gezielt eingesetzt, Eure Heiligkeit.«
    »Die Dolchstöße auch?«, erwiderte Julius und raffte die dichten Augenbrauen zusammen.
    Die plötzliche Änderung des Themas und des Tonfalls beunruhigten Luis. »Eure Heiligkeit glauben doch nicht etwa, dass ich etwas mit diesen abscheulichen Verbrechen zu tun habe? Ich versichere Euch …«
    »Ich brauche keine Versicherungen. Die Versicherungen eines qualifizierten Schwindlers – und das seid Ihr, de Soto, ein Schwindler in meinem Auftrag – taugen so viel wie die Liebesbeteuerungen eines Bigamisten. Habt Ihr zu Methoden gegriffen, die über Bestechung hinausgehen, zu drastischen Methoden? Wenn ja, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, mir die Wahrheit zu sagen. Ich warne Euch, de Soto, wenn Ihr mich anlügt … Geldgeschäfte verzeihe ich stets, Todsünden fast immer, Dummheiten selten, Lügen niemals. Hört Ihr? Lügen niemals!«
    So leicht war Luis ansonsten nicht einzuschüchtern, aber die wässrigen Augen des Papstes wandelten sich plötzlich in Falkenaugen. Verbunden mit dem Wissen, dass ein Wort dieses Mannes genügen würde, um ihn aus dem

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