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Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Titel: Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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ein Fensterbild von meinem Gesicht.«
    »Dass du jetzt an so etwas denken kannst!«
    »Ich werde nicht wieder gesund, Antonia, mein Schatz. Alles, was ich will, ist ein Fenster von dir … für mich.«
    Weitere Proteste beantwortete Adelheid nur mit einem stummen Kopfschütteln, und so gab Antonia nach und machte sich an die Gestaltung eines Fensterbildes, eines Fensters mit dem Gesicht der Mutter. Vielleicht, so hoffte sie, würde ein gelungenes Fenster der Kranken noch einmal Kraft geben.
    Mit zitternden Händen zeichnete sie einen Entwurf. Adelheid fieberte, und Antonia tupfte ihr zwischendurch die heiße Stirn ab, aber ihre Mutter erinnerte sie immer wieder mit einem mahnenden Blick daran weiterzuarbeiten. Etliche Entscheidungen mussten getroffen werden, ganz allein, denn Adelheid half ihr nicht. Welche Farben? Welcher Ausdruck im Gesicht? Antonia besorgte hochwertiges Glas, schnitt es zu, fasste es mit Bleiruten ein und steckte es in einem Rahmen zusammen. Zwei Tage und zwei Nächte arbeitete sie in der kleinen Werkstatt daran, immer mit dem Gedanken bei der Mutter, die auf der anderen Seite der Wand lag und mit dem Tode rang.
    Als das Mosaik fertig war, zeigte sie es Adelheid. Ihre Mutter, kaum noch in der Lage, sich in ihrem Bett ein wenig aufzurichten, betrachtete es lange, so als höre sie dem Fenster zu. Durch die winzige Glasscheibe hinter ihr fiel gelbes Sonnenlicht auf sie.
    Und dann sagte sie: »Das ist gut.«
    Sie starb kurz darauf in Antonias Armen.
    Als Antonia den seligen, ruhigen, fast zuversichtlichen Gesichtsausdruck der toten Mutter mit dem auf dem Fensterbild verglich, stellte sie fest, dass es derselbe war, und das gleiche gelbe Licht in Antonias Bild überzog das Antlitz der Toten wie leuchtender Staub. Antonia hatte, ohne es beabsichtigt zu haben, eine gläserne Totenmaske geschaffen.
    Eine Nacht lang hielt Antonia die Totenwache, prägte sich das Gesicht der Mutter ein, kämmte ihr das Haar, sprach mit ihr. Sie schaffte es, nicht zu weinen. Sie schrieb einen Brief an ihren Vater, der Arbeit im französischen Sens gefunden hatte und regelmäßig Geld schickte. Zum Leben hatte es immer gereicht, für den Tod war es zu wenig: mehr als ein Armengrab hätte Antonia nicht bezahlen können, denn bis Hieronymus den Brief erhalten und in Ulm angekommen wäre, würden Wochen vergehen. Matthias bot ihr aus freien Stücken seine Hilfe an. An einem regnerischen Tag stand er vor ihrem Haus, das Gesicht nass, und gab ihr einen Beutel Münzen. Für sich hätte sie niemals Geld von ihm genommen, aber sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass man ihre Mutter in ein schmutziges Tuch wickeln und mit dreißig, vierzig anderen Menschen in ein Massengrab werfen würde. So wurde es eine schöne, eine angemessene Beerdigung für jene Frau, die Antonia mehr als alles andere geliebt hatte.
    Matthias jedoch kam nicht. Er kam weder zur Beerdigung, die ohne ihn nicht möglich geworden wäre, noch besuchte er sie in den folgenden Tagen, und als sie in seinem Haus nachfragte, berichtete ihr die Verwaltersfrau, er sei zum Studium der Rechtswissenschaften nach Tübingen abgereist. Er hatte weder einen Brief noch ein Andenken hinterlassen, und da wurde Antonia klar, dass die Tropfen, die neulich über sein Gesicht geronnen waren, als er vor ihrer Tür stand, nicht vom Regen herrührten, sondern Tränen waren.
    An jenem Tag setzte sie sich ins Licht des von ihr erschaffenen Fensters. Das Gesicht der Mutter vor Augen, schrieb sie alle Gedanken auf, die ihr in den Sinn kamen, und je länger sie schrieb, umso deutlicher meinte sie, Adelheids Stimme zu hören. Es war wie eine Unterhaltung, ein Zwiegespräch auf Papier.
     
    Wieso hat Matthias das getan? Wieso hat er mich verlassen, jetzt, wo wir hätten zusammenleben können.
    Hättet ihr das wirklich können? Du glaubst vielleicht, die Religion habe keine Rolle zwischen euch gespielt, aber sie war immer da, ihr habt sie nur eine Weile übersehen. Berthold Hagen hat sie wieder hervorgeholt. Was hat er auf dem Sterbebett wohl seinem Sohn gesagt? Dass er nur eine Protestantin heiraten dürfe, das hat er gesagt. Noch beim letzten Atemzug wird er Matthias dieses Versprechen abgenommen haben.
    Wieso ist er abgereist, ohne ein Wort zum Abschied?
    In der Entfernung kann der Kopf über das Herz siegen. Nichts ist stärker als Erziehung, Antonia, und Matthias ist im Sinne seines Vaters erzogen worden.
    Ich hätte ihn ändern können. Ich hätte ihn wieder zu dem machen können, was er

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