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Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Titel: Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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und wenn ihr mit eurer Einstellung glücklich seid, soll es mir recht sein. Aber für mich ist sie nichts. Ich bin Glasmaler, ich bin Künstler, ich lebe für die Farben und das Licht, für alles, was strahlt und pulsiert. Ihr lebt für das Verloschene.«
    Antonia würde nie den zischenden, scharfen Klang von Berthold Hagens Stimme vergessen, als er sagte: »Gnade dir Gott, Hieronymus. Ulm wird sich bald zur protestantischen Stadt erklären. Du wirst keinen Auftrag mehr bekommen. Deine Frau wird man auf dem Markt mit verächtlichen Blicken strafen. Antonia wird von den anderen Kindern verspottet werden …«
    Bertholds Prophezeiung erfüllte sich Punkt um Punkt. Wie Matthias versprochen hatte, verteidigte er sie, wenn sie beleidigt wurde. Er prügelte sich mit den Jungen und verscheuchte die Mädchen mit bösen Blicken. Bald ging er dazu über, »Lasst uns in Ruhe« zu rufen, dann rief er: »Lasst sie in Ruhe«, schließlich half er ihr nur noch dabei wegzulaufen. Er ließ sie nie im Stich, aber sein Feuereifer erlosch. Antonia verstand das. Natürlich war er der anstrengenden Verteidigung müde, und dass die anderen Kinder nun auch ihn mieden, hätte niemandem gefallen. Aber da war noch etwas anderes: Im Grunde glaubte er, dass sein Vater auf der richtigen und Hieronymus auf der falschen Seite stand. Wie konnte es auch anders sein: Er war zehn Jahre alt, und betete seinen Vater an, sonst hatte er ja niemanden, nur ihn und sie, Antonia. Und er suchte verzweifelt nach einem Weg, keinen von beiden zu enttäuschen.
    Der 21. Juni 1531 zerstörte jede Hoffnung auf eine Versöhnung der Ulmer Protestanten mit den Altgläubigen, die dort noch lebten. Die Fenster des Münsters waren fertiggeworden. Am Morgen feierte man die Einweihung mit einer heiligen Messe. Es gab keinen Chor mehr, weil die Zahl der Altgläubigen stark ausgedünnt war, aber von einer kleinen Orgel ertönte leise Musik, und Antonia trat erstmals ein in die Bilderwelt der Glasmalerei. Sie war ihr sofort verfallen. Sie hörte nicht ein einziges Wort der Messe, ihr Blick streifte herum und versenkte sich in das Glas, das Licht, die Magie. Rings um sie herum spürte sie die Ehrfurcht, die die vielfarbigen Darstellungen bei den Menschen auslösten. Dieser Moment war die Krönung von Hieronymus’ vierjähriger Arbeit und das Schönste, Ergreifendste, was ihr Vater bis dahin als Glasmaler geschaffen hatte. Er selbst hielt seine Rührung nur mühsam zurück.
    Nach der Messe erfasste Unruhe die Stadt. Hetzredner wiegelten die Menschen auf. Sie verdammten die Römische Kirche, die römischen Laster, den Überfluss, den Ablasshandel, die Inquisition, die Malerei, das Mönchstum, die Bildhauerei … Sie warfen alles Römische in einen Topf, rührten es um und kippten es in die Gosse. Aus hundert kleinen, über Ulm verteilten Quellen sammelte sich schließlich ein mächtiger Menschenstrom und zog vor das Münster. Die Katholiken verbargen sich aus Angst in ihren Häusern, auch Hieronymus fürchtete um das Leben seiner Familie. Die Eltern saßen mit Antonia um eine Kerze herum und beteten wie einst die Ägypter, dass die Pestilenz, die menschliche Pestilenz, an ihnen vorüberzöge.
    Aber Antonia, die nicht verstand, was vorging, dachte nur an das Erlebnis vom Tag, an die leuchtenden Fenster, die sie noch einmal sehen wollte. Als man sie zu Bett schickte, verschwand sie heimlich – und das hätte sie besser nicht getan. Denn was sie draußen sah, veränderte ihr Leben.
    Als sie vor dem Münster ankam, wurden gerade die Pforten aufgebrochen, und die Menschen drängten sich in das Gotteshaus hinein. Antonia wurde vom Sog erfasst und mitgezogen. Sie fürchtete sich und wollte umkehren, aber es war kein Durchkommen. Sie schrie, sie weinte – niemand achtete auf sie. Die letzten Gesichter, in die sie in jener Nacht blickte, waren verzerrt von Lust und Hass zugleich. Danach sah sie keine Gesichter mehr. Es war, als würden um sie herum gesichtslose Geister ihr Werk tun. Sie sah deren Hände, die mit Steinen und Stöcken bewaffnet auf alles einschlugen, und sie sah deren durcheinanderlaufende Körper – doch keine Augen, keine Münder mehr. Wohin sie sich auch wandte, stürzten Statuen krachend zu Boden, so dass steinerne Köpfe über die Fliesen rollten; Altäre zerbrachen mit dem Lärm von Donnergrollen; Orgelpfeifen heulten ein letztes Mal auf, bevor sie für immer verstummten.
    Und dann, dann splitterte das Glas. Steine flogen. Die Figuren der Wunderwelt lösten sich

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