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Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin

Titel: Die Glasmalerin - Walz, E: Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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war: Ein Mensch voller Liebe und Fürsorge. Ich vermisse ihn. Ich liebe ihn. Und ich liebe und vermisse dich. Was habe ich jetzt noch?
    Da ist schon noch etwas. Du weißt es. Du musst es nur zulassen. Das ist dein Problem, Antonia. Ein Teil von dir will unterdrücken, was in dir entsteht. Aber siehst du den Löwenzahn, der durch jedes Pflaster wächst, und siehst du die Ruinen, die vom Grün überwuchert werden, bis man sie nicht mehr sieht? Lass es geschehen, mein Schatz. Du bist gut genug, es einfach geschehen zu lassen. Du bist frei.
     
    Diese Worte brachen etwas in Antonia auf. Es tat weh, es brachte ihr Herz wieder zum Klopfen, es löste eine leichte Angst aus, aber es war auch eine Erlösung, so als sei etwas, auf das sie schon lange gewartet hatte, endlich eingetroffen.
    Von da an stürzte sie sich in die Wunderwelt der Glasmalerei. Sie wusste, dass ihr Vater, den sie in den letzten sechs Jahren nur dreimal für einen Monat gesehen hatte, bald nach Ulm kommen und sie nach Frankreich mitnehmen würde. Bisher hatte er nicht viel von den Versuchen gehalten, aus Antonia eine Glasmalerin zu machen; zu kindlich, zu verspielt, zu unbegabt schienen ihm ihre Entwürfe zu sein. Nun wollte sie ihn überzeugen. Es gab Tage, da arbeitete sie wie eine Besessene, erhitzt, verstört, neben sich stehend, so als teile sich ihr Körper und der eine Teil schrie um Hilfe. Was auch immer sie versuchte, heraus kamen nur Skizzen verheerender Katastrophen: Schiffsuntergänge, die Vernichtung Sodoms, der vierzigtägige Regen, der die Menschheit außer Noahs Familie auslöschte, der babylonische Krieg, die apokalyptischen Reiter … Sie war entsetzt über ihre eigenen Schöpfungen – und zugleich war sie begeistert, fasziniert und süchtig nach mehr. Sie gab das letzte übrig gebliebene Geld für Glas, Bleiruten und verschiedene Metalloxide aus, die sie brauchte, um Schwarzlot herzustellen. Früher hatte sie sich schwergetan, die richtige Zusammensetzung zu finden und die richtigen Handgriffe zur richtigen Zeit zu machen. Immer war sie zu langsam oder zu schnell oder sonst irgendwas gewesen, jetzt plötzlich waren ihr die Bewegungen und Zusammensetzungen vertraut, als würden sie ihr von irgendwoher eingeflüstert.
    Drei Fenster, so hoch und breit wie ihr großer, stämmiger Vater, waren fertig, als er eintraf. Sie wusste, dass die Fenster gut waren, und sie sah ihm an, dass er genauso darüber dachte.
    »Es war Mutters Wille«, sagte sie. »Es war Mutters Kraft.«
    Hieronymus nickte, Tränen in den Augen, und küsste sie auf die Stirn. Er versprach nichts, außer, sie mitzunehmen nach Sens und dorthin, wohin auch immer das Licht sie tragen würde. Sie sahen in den Kathedralen und Kirchen Europas Fenster von unglaublicher Schönheit, und den größten Meistern voriger Jahrhunderte nacheifernd, gaben sie ihr Bestes. Doch die große Zeit für Hieronymus war vorbei. Seine Ausdruckskraft war seit der Katastrophe von Ulm schwächer, als sei ein Licht in ihm ausgeblasen worden. Er lieferte handwerklich einwandfreie Werke ab, denen aber das Neue, das Magische fehlte. Meist erhielten sie kleinere Aufträge, eine Ausbesserung in Auxerre, ein neues Fenster in Châlons-sur-Marne, ein paar Ergänzungen in einem Kapellenanbau in Barcelona und so weiter. Es war ein Wanderleben, nicht ohne Zwänge, nicht ohne Schwierigkeiten. Aber inmitten solcher Pracht arbeiten zu dürfen, manchmal mit zwei, drei anderen Meistern zusammen, war ein Privileg, für das Antonia dankbar war.
    Einige Aspekte ihrer Persönlichkeit entwickelten sich in jenen Jahren kraftvoll und schöpferisch, nicht nur in der Glasmalerei, sondern auch in ihrer Neigung für Männer. Oft war sie unruhig, wie wenn sie verfolgt würde oder, im Gegenteil, hinter irgendetwas herjagte, ohne zu wissen, was es war. Seit ihre Mutter tot und Matthias fort war, fühlte sie sich oft ohne jeden Halt, und wenn dieses Gefühl sie überkam, wurde sie zu einem haltlosen Menschen. Entweder arbeitete sie dann bis zur völligen Erschöpfung – oder sie suchte sich einen Mann. Anfangs ließ sie sich noch von Skrupeln und Ängsten zurückhalten, die wie uralte Geister mit dunklen Stimmen vor der Hölle oder vor einem unehelichen Kind warnten. Irgendwann aber war die Stimme, mit der sie sich abends vor ihrem Tagebuch unterhielt, machtvoller.
    Lass es zu , sagte sie. Alles ist möglich, wenn du es willst.
    Und tatsächlich: Sie fand für kurze Zeit Ruhe, nachdem sie mit einem Mann zusammengelegen hatte, so wie

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